
Mainz/Münster – Der Griff zum Smartphone während der Fahrt ist schnell gemacht – und ebenso gefährlich. In Rheinland-Pfalz und den Niederlanden werden deshalb seit einiger Zeit sogenannte Monocam-Systeme zur automatisierten Erkennung von Handyverstößen im Straßenverkehr eingesetzt. Auch das Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste (LZPD) in Duisburg kennt das System und verfolgt die Entwicklung mit Interesse – für Münster und NRW ist ein konkreter Einsatz derzeit jedoch nicht geplant.
Die sogenannte Monocam (kurz für Monokamera) ist ein KI-gestütztes Kamerasystem, das speziell darauf trainiert ist, Handy-Nutzung am Steuer zu erkennen. Die Technologie stammt ursprünglich aus den Niederlanden und wurde dort erfolgreich eingeführt. Sie funktioniert wie ein Blitzer, aber mit einem anderen Fokus:
Hochauflösende Kameras, meist auf Brücken installiert, erfassen den Fahrzeuginnenraum.
Eine künstliche Intelligenz analysiert, ob Fahrerinnen oder Fahrer ein elektronisches Gerät wie ein Smartphone halten oder bedienen.
Bei einem Verdacht wird ein Beweisfoto erstellt – dieses wird anschließend manuell von der Polizei überprüft, um Fehlalarme auszuschließen.
Nur bei einem tatsächlichen Verstoß wird ein Bußgeldbescheid verschickt. Andernfalls werden die Bilder unverzüglich gelöscht.
In Rheinland-Pfalz wurde die Technologie bereits 2022 in einem Pilotprojekt getestet – mit deutlichem Erfolg: Binnen kurzer Zeit wurden über 1.200 Handyverstöße dokumentiert, und die Zahl der Auffälligkeiten halbierte sich.
Das Innenministerium von Rheinland-Pfalz setzte die Monocam zunächst testweise in Mainz und Trier ein. Nach Abschluss der Pilotphase wurde die Technologie im Februar 2025 per Gesetz dauerhaft zugelassen. Auf der A60 bei Mainz ist seitdem ein erster Handy-Blitzer dauerhaft in Betrieb.
Die Rechtsgrundlage basiert auf einer Novelle des Landespolizeigesetzes, das explizit die automatisierte Verarbeitung von Verkehrsdaten erlaubt – allerdings unter strengen Datenschutzbedingungen.
Die Monocam-Systeme in den Niederlanden gelten als Vorbild in Europa. Bereits seit mehreren Jahren werden dort automatisierte Kameras eingesetzt, um Handyverstöße im Straßenverkehr zu ahnden. Die Strafen sind mit bis zu 430 Euro Bußgeld deutlich höher als in Deutschland.
Laut offiziellen Angaben ist dort jeder dritte Unfall durch Ablenkung – insbesondere durch Smartphones – mitverursacht. Die Monocam soll diesem Trend entgegenwirken und gleichzeitig Ressourcen bei der Verkehrskontrolle einsparen.
Auch in Nordrhein-Westfalen ist das Thema angekommen. Das LZPD Duisburg, das zentrale IT- und Ausrüstungsamt der Polizei NRW, bestätigte gegenüber ms-aktuell.de: Man kenne die Technologie, verfolge die Entwicklungen in anderen Bundesländern und steht im Austausch, insbesondere mit den Behörden in Mainz und in den Niederlanden.
Allerdings machte ein Sprecher klar:
„Ein konkreter Einsatz von Monocam-Systemen ist für die Polizei in Nordrhein-Westfalen derzeit nicht in Planung.“
Das bedeutet auch: Für Münster sind aktuell keine Monocams vorgesehen – weder stationär noch mobil. Die Polizei setzt weiterhin auf klassische Verkehrskontrollen und Aufklärungskampagnen, um die Sicherheit im Straßenverkehr zu erhöhen.
Laut einer Studie des DVR (Deutscher Verkehrssicherheitsrat) steigt das Unfallrisiko beim Schreiben oder Lesen von Nachrichten am Steuer um das bis zu 12-fache. Allein 2023 wurden in NRW über 90.000 Handyverstöße registriert – die Dunkelziffer dürfte weitaus höher liegen.
In Münster, wo täglich tausende Pendler und Schülerinnen sowie Schüler unterwegs sind, spielt Ablenkung durch Smartphones ebenfalls eine Rolle. Zwar gibt es derzeit keine konkreten Unfallzahlen zu Monocam-relevanten Verstößen, doch Polizeimeldungen zeigen immer wieder, wie gefährlich die Nutzung des Handys hinter dem Steuer sein kann.
Kritiker sehen in der Monocam ein potenzielles Einfallstor für Überwachung im Straßenverkehr. Besonders Datenschutzbeauftragte fordern klare Grenzen:
Bilder dürfen nur bei konkretem Anfangsverdacht gespeichert werden.
Es muss sichergestellt sein, dass kein Kennzeichen-Tracking oder Bewegungsprofil erstellt wird.
Bei Unschuldigen muss das Bildmaterial sofort gelöscht werden.
In Rheinland-Pfalz wurde die Technologie rechtlich abgesichert – in NRW müsste erst das Polizeigesetz geändert werden, bevor ein landesweiter Rollout möglich wäre.