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Abtreibungsverbot am Klinikum Lippstadt: Chefarzt geht in Berufung

Abtreibungsverbot am Klinikum Lippstadt: Prof. Joachim Volz wehrt sich juristisch und geht nach verlorener Klage in Berufung. Hintergründe und Reaktionen.
Foto: Parentingupstream

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Lippstadt. Das Abtreibungsverbot am Klinikum Lippstadt sorgt weiterhin für Diskussionen. Nachdem das Arbeitsgericht Hamm die Klage des Chefarztes Prof. Joachim Volz am 8. August 2025 abgewiesen hat, geht der Mediziner nun in Berufung. Die juristische Auseinandersetzung könnte weitreichende Folgen haben.

Abtreibungsverbot am Klinikum Lippstadt: Hintergrund des Streits

Das Klinikum Lippstadt, ein Zusammenschluss aus dem Evangelischen Krankenhaus Lippstadt, dem Dreifaltigkeits-Hospital Lippstadt und dem Marien-Hospital Erwitte, untersagt seit einer Dienstanweisung Schwangerschaftsabbrüche in allen Einrichtungen. Ausnahmen gelten lediglich bei akuter Lebensgefahr für die Mutter. Gegen diese Regelung ist Prof. Joachim Volz vorgegangen, da er sie für unvereinbar mit seiner ärztlichen Verantwortung hält und auch seine Tätigkeit in der Privatpraxis eingeschränkt sieht.

Der Gesellschaftsvertrag des konfessionellen Trägers schließt neben Abtreibungen auch assistierten Suizid grundsätzlich aus. Rund 2.500 Beschäftigte arbeiten in dem Verbund, der über etwa 700 Betten verfügt.

Gerichtliche Entscheidung und Begründung

Das Arbeitsgericht Hamm (Az. 2 Ca 182/24) stellte sich im Urteil auf die Seite des Arbeitgebers. Entscheidend sei das arbeitsvertragliche Weisungsrecht gemäß § 106 Gewerbeordnung, das dem Klinikum erlaubt, verbindliche Vorgaben für seine Beschäftigten zu machen. Das kirchliche Selbstverständnis spielte in der Begründung nach Berichten zwar eine Rolle, stand jedoch nicht im Vordergrund. Maßgeblich war die Einschätzung, dass die Weisung innerhalb des Direktionsrechts liegt.

Berufung beim Landesarbeitsgericht Hamm

Die Berufung ist inzwischen beim Landesarbeitsgericht Hamm eingegangen. Prof. Volz hat Zeit bis zum 14. Oktober 2025, um die Begründung einzureichen. Ein Termin für die mündliche Verhandlung steht noch nicht fest, wird aber nach Einschätzung eines Gerichtssprechers in der Regel drei bis vier Monate nach Fristende erwartet.

Im Zentrum der Berufung stehen juristische Kernfragen: Wie weit reicht das Direktionsrecht eines Arbeitgebers in medizinischen Fragen? Wo liegen die Grenzen kirchlicher Sonderrechte in einem Krankenhausverbund? Und darf eine Weisung überhaupt in die Arbeit einer Privatpraxis ausstrahlen?

Öffentliche Reaktionen und gesellschaftliche Debatte

Der Fall hat bundesweit Resonanz erzeugt. Bereits zur Verhandlung am 8. August demonstrierten rund 2.000 Menschen in Lippstadt gegen das Abtreibungsverbot. Eine von Volz gestartete Petition sammelte mehr als 280.000 Unterschriften. Damit ist der Streit längst über eine arbeitsrechtliche Auseinandersetzung hinausgewachsen und zu einer grundsätzlichen gesellschaftlichen Debatte über den Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen und das Selbstbestimmungsrecht von Ärztinnen und Ärzten geworden.

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