
Münster/Osnabrück. Kurz vor der Bundestagsanhörung zum geplanten Sparpaket im Gesundheitswesen wächst die Sorge vor steigenden Krankenkassenbeiträgen. Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) möchte mit einem Maßnahmenpaket im Umfang von zwei Milliarden Euro erreichen, dass die gesetzliche Krankenversicherung im kommenden Jahr bezahlbar bleibt. Doch mehrere Kassenverbände, darunter der GKV-Spitzenverband und die Techniker Krankenkasse, bezweifeln, dass das Vorhaben ausreicht.
Wie die Neue Osnabrücker Zeitung (NOZ) berichtet, warnt GKV-Chef Oliver Blatt vor einem durchschnittlichen Zusatzbeitrag von über drei Prozent im Jahr 2026. Das sogenannte kleine Sparpaket sei zu schwach, um den Ausgabenanstieg zu stoppen. Die Bundesregierung will vor allem bei den Kliniken sparen, um die Orientierungsmarke für den durchschnittlichen Zusatzbeitrag auf 2,9 Prozent zu stabilisieren. Der Bundestag soll das Gesetz voraussichtlich am Donnerstag verabschieden, die Anhörung im Gesundheitsausschuss findet am Montag statt.
In Münster und im gesamten Münsterland beobachten die Krankenkassen die Entwicklung mit Sorge. Schon Anfang 2025 hatten viele Versicherte deutliche Beitragserhöhungen verkraften müssen. Sollte das aktuelle Gesetz keine ausreichende Entlastung bringen, könnten auch regionale Kassen in Münster erneut gezwungen sein, ihre Sätze anzupassen.
Der Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, Oliver Blatt, erklärte laut NOZ, dass die Politik bis Jahresende nachlegen müsse. Er sprach sich für ein umfassenderes Sparpaket aus, das auch Pharmaindustrie und niedergelassene Ärztinnen und Ärzte einbezieht. Nur wenn alle Beteiligten ihren Beitrag leisteten, könne die Beitragsspirale gestoppt werden.
Als kurzfristige Maßnahme fordern die Krankenkassen eine gesetzliche Erhöhung des Herstellerrabatts für Medikamente. Diese Anpassung könnte nach Einschätzung des Verbands mehr als eine Milliarde Euro in das System zurückführen. Zudem sieht Blatt Einsparpotenzial bei ärztlichen Terminvermittlungszuschlägen, die bisher keinen messbaren Effekt auf Wartezeiten gezeigt hätten. Hier seien mindestens 400 Millionen Euro zu sparen.
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Diese Angaben stammen ausschließlich aus der NOZ-Aussendung, in der Blatt die Pharmaindustrie zu einer „Solidarmaßnahme“ aufrief. Auch in Münster, wo zahlreiche Arztpraxen und Kliniken in das bundesweite Kassensystem eingebunden sind, würde eine solche Reform direkte Folgen haben. Niedergelassene Ärzte warnen bereits vor wachsendem Bürokratieaufwand, während Patientinnen und Patienten auf stabile Beiträge hoffen. Die BKK und die AOK fordern ebenfalls weitere Anpassungen, um Rücklagen aufzufüllen und langfristige Planungssicherheit zu schaffen.
Der größte Teil der geplanten Einsparungen soll laut Gesetzentwurf von den Krankenhäusern kommen. Gesundheitsministerin Warken will die sogenannten Vergütungssteigerungen begrenzen und die Meistbegünstigungsklausel für 2026 aussetzen. Diese hatte in der Vergangenheit dazu geführt, dass Kliniken zusätzliche Gelder erhielten, wenn bestimmte Preisentwicklungen auftraten.
Klinikverbände wie die Deutsche Krankenhausgesellschaft halten die Pläne für problematisch. Sie befürchten, dass Einrichtungen in NRW und auch im Münsterland wirtschaftlich unter Druck geraten. Laut Einschätzung des GKV-Spitzenverbandes sollen den Krankenhäusern zwar keine Mittel entzogen werden, ihre Einnahmen würden jedoch langsamer steigen. Nach den Angaben von GKV-Chef Blatt, die auf die NOZ zurückgehen, erhalten die Kliniken im kommenden Jahr monatlich etwa 500 Millionen Euro mehr, allerdings ohne Zusatzboni.
Die Gewerkschaft ver.di warnt davor, dass die Sparpolitik die Gesundheitsversorgung verschlechtern könnte. Wenn Energie- und Sachkosten weiter steigen, drohten Personalabbau und längere Wartezeiten. Auch die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände hält die erwarteten Einsparungen von 1,8 Milliarden Euro für zu hoch angesetzt. Realistisch seien nach aktuellen Berechnungen lediglich 1,3 Milliarden Euro, wie auch die AOK betonte.
Die konkreten Zusatzbeiträge für 2026 legen die Krankenkassen in den kommenden Wochen fest. Der Gesamtbeitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung besteht aus dem einheitlichen Satz von 14,6 Prozent des Bruttolohns sowie einem kassenspezifischen Zusatzbeitrag. Sollte dieser steigen, erhalten Versicherte ein Sonderkündigungsrecht.
In Münster rechnen mehrere Kassen mit einer schwierigen Finanzlage, weil auch dort Rücklagen wieder aufgefüllt werden müssen. Ob die Beiträge tatsächlich steigen, hängt vom endgültigen Gesetzestext ab, über den der Bundestag am Donnerstag entscheidet.
Die Diskussion um das Sparpaket zeigt, wie eng die Spielräume im Gesundheitssystem geworden sind. Während die Politik auf kurzfristige Entlastungen setzt, fordern Kassen und Arbeitgeber eine langfristige Finanzreform. Für Versicherte in Münster und in ganz Nordrhein-Westfalen bleibt damit offen, ob sie Anfang 2026 erneut höhere Beiträge zahlen müssen.