
Münster. Wenn sich Eis über die Wasserflächen der Rieselfelder legt, wächst bei vielen die Versuchung, Schlittschuhe anzuziehen und die Natur als Eisbahn zu nutzen. Was wie harmlose Winterfreude wirkt, hat jedoch ernste Konsequenzen. Denn ausgerechnet dann, wenn Ruhe über Leben und Tod entscheidet, geraten seltene und geschützte Vogelarten massiv unter Druck. Die Biologische Station Rieselfelder Münster warnt eindringlich: Schlittschuhlaufen im Schutzgebiet gefährdet Tiere, zerstört Rückzugsräume und ist deshalb strikt untersagt.
Gerade im Winter sind die Rieselfelder ein wichtiger Rast- und Nahrungsraum. Gänse nutzen offene Wasserflächen und schneefreie Wiesen, während seltene Arten wie Bartmeise, Rohrammer und Rohrdommel im Schilf nach Nahrung suchen. Seit den 1980er-Jahren hat sich hier eines der größten zusammenhängenden Schilfgebiete Nordrhein-Westfalens entwickelt, wodurch sich auch empfindliche Vogelarten dauerhaft angesiedelt haben.
Was für Einzelne harmlos erscheint, hat in der Summe gravierende Auswirkungen. In den vergangenen Jahren ist der Andrang von Schlittschuhläuferinnen und Schlittschuhläufern deutlich gestiegen. Dadurch werden zunehmend auch ruhige Innenbereiche des Reservats gestört. Ein dokumentierter Fall aus dem Jahr 2021 zeigt die Folgen: Eine Rohrdommel wurde nach massiven Störungen entkräftet aufgefunden und musste aufgepäppelt werden. Zudem entstehen durch das Betreten von Schilfrändern Trampelpfade, die noch Monate später sichtbar sind und weitere Regelverstöße begünstigen.
Die aktuell zugefrorenen Blänken und angrenzenden Wiesen dienen Grau- und Blässgänsen als wichtige Äsungsflächen. Werden diese Bereiche betreten, meiden die Tiere das Gebiet und weichen auf umliegende landwirtschaftliche Flächen aus. Das erhöht den Nutzungsdruck außerhalb des Schutzgebiets und verschärft Nutzungskonflikte.
Ein Grund für den Zulauf ist der Wegfall der früheren Eissporthalle in Münster, die 2020 abgerissen wurde. Ersatzangebote sind begrenzt. Zwar gibt es saisonale Eisflächen wie am Germania Campus, doch viele weichen mangels Alternativen auf natürliche Gewässer aus. Naturschutzgebiete dürfen dafür jedoch keine Lösung sein.
Auch die Anreise ist geregelt. Parken am Straßenrand im Außenbereich ist nicht erlaubt. Stattdessen stehen der Parkplatz am Rieselfeldhof hinter der Gaststätte Heidekrug sowie kleinere Parkplätze an der Biologischen Station und an der Kanalbrücke Hessenweg zur Verfügung. Sind diese belegt, ist das ein Zeichen für hohe Besucherzahlen. Die Buslinie 4 der Stadtwerke Münster hält an der Haltestelle „Rieselfelder“. Teile der Coermühle sind für den Kfz-Verkehr gesperrt.
Wer nicht auf das Eislaufen verzichten möchte, kann auf reguläre Angebote ausweichen. Die saisonale Eisfläche „Winterzeit“ am Germania Campus läuft noch bis Mitte Februar. Außerdem bietet die Eissporthalle Rheine eine feste Infrastruktur mit veröffentlichten Öffnungszeiten.
Unabhängig vom Naturschutz raten Fachstellen dringend zur Vorsicht. Die DLRG empfiehlt, Eisflächen nur nach behördlicher Freigabe zu betreten. Als Faustregel gelten etwa 15 Zentimeter Eisdicke bei stehenden Gewässern und 20 Zentimeter bei fließenden. Ähnlich warnt auch das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe vor ungesicherten Eisflächen.