
Münster. Der neue Gebührenvergleich des Bundes der Steuerzahler NRW (BdSt) sorgt für Aufsehen: Demnach zahlt ein Vier-Personen-Haushalt in Münster mit 685 Euro im Jahr so viel für die Müllentsorgung wie in keiner anderen Kommune in Nordrhein-Westfalen. Die Abfallwirtschaftsbetriebe Münster (awm) halten diese Darstellung jedoch für stark verzerrt. Sie verweisen darauf, dass die tatsächlichen Abfallgebühren in Münster unter dem Landesdurchschnitt liegen – und werfen dem BdSt vor, zentrale Unterschiede in der örtlichen Entsorgungsstruktur zu ignorieren.
Im Zentrum der Kritik steht das vereinheitlichte Rechenmodell des BdSt: Für alle Städte wird ein Musterhaushalt angenommen, der zwei 120-Liter-Tonnen für Rest- und Biomüll im 14-tägigen Leerungsrhythmus nutzt. Auf dieser Basis errechnete der BdSt für Münster einen Gebührenwert von 685 Euro pro Jahr. Tatsächlich sind in Münster aber 60-Liter-Restmülltonnen mit 14-tägiger und 35-Liter-Biotonnen mit wöchentlicher Leerung Standard. Für diesen Fall belaufen sich die jährlichen Kosten laut awm auf 277,56 Euro – das sind 5,80 Euro monatlich pro Kopf und damit deutlich unter dem Landesdurchschnitt von 306,80 Euro.
Was der BdSt nicht einbezieht: Die Abfallgebühren in Münster decken zusätzliche Leistungen wie die monatliche Sperrgutabfuhr, die Abholung von Grüngut und ein engmaschiges Netz von sieben Recyclinghöfen ab. Diese werden von den Bürgerinnen und Bürgern regelmäßig genutzt und tragen zur Abfalltrennung und zum Klimaschutz bei. In anderen Städten werden solche Leistungen häufig separat abgerechnet – was im BdSt-Vergleich jedoch nicht sichtbar wird.
Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Frequenz der Biotonnenleerung. In Münster erfolgt sie aus hygienischen Gründen wöchentlich. Der BdSt fordert eine 14-tägige Leerung als Regelfall. Doch laut der städtischen Wirtschaftlichkeitsprüfung läge die Einsparung bei lediglich zwei Euro pro Person und Jahr – ein kaum relevanter Betrag angesichts der möglichen Probleme mit Gerüchen und Ungeziefer.
Mehrere Faktoren verzerren das Bild: Zum einen rechnet der BdSt mit doppelt so großen Tonnen wie in Münster üblich. Allein die Restmüllgebühr verdoppelt sich dadurch im Rechenmodell auf über 250 Euro. Zum anderen bewertet der BdSt nur die Grund- und Abfuhrkosten, nicht aber das Leistungspaket der Kommune. Auch die Gebührenstruktur spielt eine Rolle: In Münster ist der Fixanteil gering, stattdessen orientieren sich die Kosten stärker am tatsächlichen Leerungsverhalten. Das macht die Gebühren transparenter, wirkt sich im Vergleich jedoch nachteilig aus.
NRW-weit stiegen die Abfallgebühren 2025 im Schnitt um 2,5 Prozent. Hauptursachen sind der CO₂-Preis für Müllverbrennung, strengere Vorgaben für Bioabfälle und gestiegene Energie- und Personalkosten. Einige Städte wie Mechernich, Herford oder Düsseldorf meldeten sogar Erhöhungen von bis zu 30 Prozent. In Münster sind derzeit keine kurzfristigen Preisanpassungen geplant. Einsparpotenziale sieht die awm eher in der besseren Vermarktung von Wertstoffen wie Altpapier oder Metallen.
Die Abfallgebühren in Münster lassen sich nicht über ein pauschales Vergleichsmodell bewerten. Die Stadt bietet ein dichtes Netz an Entsorgungsleistungen, das im Preis bereits enthalten ist – anders als in vielen anderen Kommunen. Der BdSt-Vergleich eignet sich daher kaum, um die tatsächliche Belastung von Haushalten fair einzuordnen. Wer nur auf die Zahl schaut, übersieht das Gesamtpaket.