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Explosiver Anstieg: Antisemitische Vorfälle in NRW erreichten 2024 neuen Höchststand

Antisemitismus bleibt in Deutschland ein dringendes Problem. Die Aktions- und Bildungswochen setzen sich seit 20 Jahren für das Bewusstsein dieses Themas ein. Der Jahresbericht zeigt: Antisemitische Vorfälle in NRW 2024 haben stark zugenommen. Besonders betroffen sind öffentliche Räume und Bildungseinrichtungen.

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Die Zahl antisemitischer Vorfälle in Nordrhein-Westfalen (NRW) ist 2024 erneut deutlich gestiegen. Laut dem aktuellen Jahresbericht der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus NRW (RIAS NRW) wurden insgesamt 940 Vorfälle dokumentiert – ein alarmierender Anstieg von 42 % gegenüber dem Vorjahr. Damit ereigneten sich im Schnitt 18 antisemitische Vorfälle pro Woche. Im Vergleich: 2023 lag der wöchentliche Durchschnitt noch bei 13 Fällen. Dieser Trend zeigt, dass sich der Antisemitismus in der Gesellschaft weiter verfestigt und zunehmend in der Öffentlichkeit manifestiert.

Antisemitische Vorfälle in allen Lebensbereichen sichtbar

Die dokumentierten Vorfälle fanden in nahezu allen gesellschaftlichen Sphären statt – auf der Straße, in Bildungseinrichtungen, am Arbeitsplatz, im Internet und in öffentlichen Verkehrsmitteln. Besonders häufig kam es zu Vorfällen im öffentlichen Raum (327 Fälle, +63 %), in Schulen und Universitäten (142 Fälle, +95 %) sowie im Nahverkehr (74 Fälle, +57 %). Auch im Netz wurden 151 antisemitische Handlungen registriert. Diese allgegenwärtige Präsenz erschwert jüdisches Leben und seine Sichtbarkeit massiv.

7. Oktober 2023 als Katalysator für Gewalt

Ein zentraler Auslöser für viele antisemitische Vorfälle war weiterhin der 7. Oktober 2023. Besonders deutlich zeigt sich das bei Demonstrationen: Von den 228 dokumentierten Versammlungen mit antisemitischem Inhalt bezogen sich 210 direkt auf diesen Tag oder den Krieg in Gaza. Damit machen Versammlungen inzwischen ein Viertel aller registrierten Vorfälle aus. Der Bezug zum 7. Oktober dient vielfach als Rechtfertigung für Hass, Hetze und antisemitische Narrative.

Israelbezogener Antisemitismus besonders dominant

Mit 590 Fällen war der israelbezogene Antisemitismus die häufigste Erscheinungsform. Er ist geprägt von einer Delegitimierung und Dämonisierung Israels. Sein Anteil stieg 2024 auf 63 % aller Vorfälle. Häufig trat diese Form in Kombination mit Post-Schoa-Antisemitismus auf, der sich durch Leugnung oder Verharmlosung des Holocausts äußert. Ebenso wurde das antisemitische „Othering“ festgestellt – Jüdinnen und Juden werden dabei als „fremd“ oder „nicht zugehörig“ markiert.

Zunehmende Angriffe auf Gedenkorte und jüdische Einrichtungen

Auch Gedenkorte wurden zunehmend zum Ziel. In 101 Fällen kam es zu gezielten Angriffen oder Umdeutungen solcher Orte. Besonders problematisch: Die antisemitischen Vorfälle häufen sich um Gedenktage an die Schoa. Von 233 betroffenen Einrichtungen waren 33 jüdisch oder israelisch. Ebenso richteten sich 61 % der persönlich betroffenen Vorfälle gegen als jüdisch oder israelisch wahrgenommene Personen.

Konsequenzen und Appelle aus Politik und Gesellschaft

Politische Stimmen fordern klare Maßnahmen. Familienministerin Josefine Paul betont, dass Antisemitismus ein Angriff auf die Demokratie sei. Jörg Rensmann, Leiter von RIAS NRW, sieht besonders in der Verbindung von israelbezogenem und Post-Schoa-Antisemitismus einen Bildungsschwerpunkt. Alexander Sperling, Geschäftsführer des Landesverbands der Jüdischen Gemeinden Westfalen-Lippe, sieht das jüdische Leben aktuell nur noch in geschützten Räumen als möglich.

Der erneute Anstieg antisemitischer Vorfälle in NRW 2024 offenbart tiefgreifende gesellschaftliche Probleme. Antisemitismus ist kein Randphänomen – er betrifft alle gesellschaftlichen Bereiche.

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