
Münster. In einem bemerkenswerten Fall hat das Oberverwaltungsgericht Münster entschieden, dass die Veröffentlichung eines Vergleichstests zu Ebersperma unzulässig war. Die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen hatte ohne ausreichende gesetzliche Grundlage die genetische Bewertung von Ebern einer staatlich anerkannten Zuchtorganisation veröffentlicht – mit weitreichenden Folgen. Das Gericht sah darin einen Eingriff in die Berufsfreiheit und gab dem Kläger nun recht. Dieses kuriose Urteil zu Ebersperma wirft grundlegende Fragen zur Zulässigkeit staatlicher Produkttests auf.
Der Streit dreht sich um den sogenannten 10. Warentest für Mastferkel. Dabei wurden Mastschweine aus dem Sperma von Ebern verschiedener Zuchtorganisationen gezüchtet und ihre Leistung verglichen. Die Eber des klagenden Zuchtverbands erhielten lediglich die Note „befriedigend+“, während Konkurrenzorganisationen mit „gut“ oder „gut+“ bewertet wurden. Diese Ergebnisse wurden durch einen landwirtschaftlichen Fachverlag veröffentlicht – auf Basis von Daten, die die Landwirtschaftskammer zur Verfügung gestellt hatte. Der Kläger sah sich dadurch in seinem wirtschaftlichen Ansehen und seiner Marktposition beschädigt. In der ersten Instanz hatte das Verwaltungsgericht Münster die Klage noch abgewiesen, ebenso der 12. Senat des Oberverwaltungsgerichts. Erst nachdem das Bundesverwaltungsgericht das Verfahren zurückverwiesen hatte, erkannte nun der 21. Senat die Veröffentlichung als rechtswidrig an.
Kernpunkt der Entscheidung war das Fehlen einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage. Nach Auffassung des Gerichts stellt die Bewertung der genetischen Qualität eine staatliche Maßnahme dar, die die Berufsfreiheit des Klägers beeinträchtigt. Solche Eingriffe sind nur dann rechtmäßig, wenn sie auf einer eindeutigen Ermächtigungsgrundlage beruhen. Die im alten Landwirtschaftskammergesetz enthaltene Aufgabennorm reiche dafür nicht aus. Sie definiere lediglich Zuständigkeiten, aber keine konkreten Befugnisse zur Veröffentlichung personenbezogener oder wirtschaftlich sensibler Daten. Erst nachträglich wurde eine entsprechende gesetzliche Grundlage geschaffen.
Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision nicht zugelassen. Es bleibt dem beklagten Land jedoch offen, eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesverwaltungsgericht einzulegen. Der Fall zeigt exemplarisch, wie sensibel der Umgang mit staatlich erhobenen Daten im Bereich der Landwirtschaft ist. Besonders pikant bleibt, dass es sich bei dem Ursprung des Rechtsstreits um die Bewertung von Ebersperma handelt – ein Aspekt, der dem Fall bundesweit mediale Aufmerksamkeit eingebracht hat.