
Münster-Havixbeck. Die Burg Hülshoff in Havixbeck, bekannt als Geburtsort der Dichterin Annette von Droste-Hülshoff, offenbart neue Geheimnisse. Unter den Wirtschaftsgebäuden der Vorburg legten Archäologinnen und Archäologen Spuren frei, die tief in die Geschichte zurückreichen. Die aktuellen Ausgrabungen auf Burg Hülshoff zeigen, dass die Ursprünge der Anlage weit vor den bisher bekannten Schriftquellen liegen – und dass sich unter einem ehemaligen Schweinestall verborgene Hinweise auf das Mittelalter finden lassen.
Im Zuge von Bauarbeiten für das „Center for Literature“ (CfL) wurden archäologische Untersuchungen notwendig. Dabei entdeckte das Grabungsteam einen alten Keller aus der Zeit vor dem 13. Jahrhundert. Verkohlte Holzbalken und gebrannter Lehm weisen eindeutig auf ein Feuer hin, das das Gebäude zerstörte. Die Überreste wurden anschließend in der unbrauchbaren Kellergrube entsorgt.
Besonders aufsehenerregend war ein kleiner Fund: der Fuß eines dreibeinigen Bronze-Topfes, auch Grapen genannt. Solche Gefäße hatten hohen Wert und wurden normalerweise repariert oder eingeschmolzen. Dass dieses Stück nach dem Brand zurückblieb, macht es zu einem seltenen archäologischen Glücksfall.
Die Geschichte der Burg Hülshoff vor dem 16. Jahrhundert ist nur lückenhaft überliefert. Umso wichtiger sind die Ausgrabungen auf Burg Hülshoff, die nun zusätzliche Hinweise auf die Bauentwicklung liefern. Spuren von Pfosten deuten darauf hin, dass hier einst eine hölzerne Umwehrung stand. Bereits 2019 dokumentierte die LWL-Archäologie eine Gräfte aus dem 11. oder 12. Jahrhundert – ein Beleg für frühe Befestigungsmaßnahmen.
LWL-Kulturdezernentin Dr. Barbara Rüschoff-Parzinger betont: „Nur die archäologischen Quellen ermöglichen es uns, die Entwicklungsgeschichte dieses überregional bedeutenden Ortes nachzuvollziehen.“ Damit wird deutlich: Ohne Grabungen ließen sich viele Kapitel der Burg nicht rekonstruieren.
Die Ursprünge der Burg Hülshoff reichen bis ins 14. Jahrhundert zurück. Damals ist sie als Haus „tor Kulen“ bekannt, bevor sie 1417 in den Besitz der Familie von Deckenbrock überging. Diese Familie, später unter dem Namen Droste zu Hülshoff bekannt, prägte die Anlage über Jahrhunderte. Zwischen 1540 und 1545 entstand das zentrale Herrenhaus, das noch heute das Bild der Hauptburg bestimmt.
Im Laufe der Geschichte folgten zahlreiche Erweiterungen, Befestigungen und Wiederaufbauten – von den Wirren des Dreißigjährigen Krieges bis in die Moderne. Heute ist die Anlage als Denkmal geschützt und Teil der 2012 gegründeten Annette von Droste zu Hülshoff-Stiftung.
Nicht alle entdeckten Spuren werden erhalten bleiben. Während der mittelalterliche Keller den Umbauten weichen muss, können andere Strukturen wie Fundamente und Baugruben bestehen bleiben. So bleibt es künftigen Forschergenerationen möglich, mit noch präziseren Methoden die Geschichte weiterzuschreiben.
Prof. Dr. Michael Rind, Chefarchäologe des LWL, sieht darin einen entscheidenden Vorteil: „Die Burg Hülshoff ist ein zentraler Erinnerungsort für das Münsterland und darüber hinaus. Jede archäologische Entdeckung erweitert unser Wissen und macht diesen Ort noch lebendiger.“
Die aktuellen Ausgrabungen auf Burg Hülshoff zeigen eindrucksvoll, dass selbst unter unscheinbaren Gebäuden wie einem ehemaligen Schweinestall historische Schätze verborgen sein können. Sie verdeutlichen zugleich, wie eng Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft an einem so bedeutsamen Ort miteinander verknüpft sind.