
Münster. Die Stadt Münster erlebte einen historischen Wahlabend: Tilman Fuchs von den Grünen hat die Stichwahl um das Amt des Oberbürgermeisters klar gewonnen. Mit 57,91 Prozent setzte er sich gegen CDU-Kandidat Dr. Georg Lunemann durch, der 42,09 Prozent erreichte. Damit endet nach mehr als 25 Jahren CDU-Vorherrschaft ein Kapitel, das die Stadtpolitik über Generationen geprägt hat. Zum ersten Mal in der Geschichte Münsters steht künftig ein Grüner an der Spitze der Verwaltung.
Laut dem vorläufigen Endergebnis stimmten 80.083 Münsteranerinnen und Münsteraner für Tilman Fuchs. 58.200 Stimmen entfielen auf seinen Herausforderer Georg Lunemann. Die Wahlbeteiligung lag bei 55,42 Prozent und damit über dem Niveau von 2020, als 53,89 Prozent der Wahlberechtigten zur Stichwahl gingen.
Schon die ersten Auszählungen deuteten darauf hin, dass der Wahlabend für die Grünen erfolgreich werden würde. Mit fast allen ausgezählten Stimmbezirken zeigte sich ein stabiler Vorsprung, der am Ende fast 16 Punkte betrug. Am 1. November wird Tilman Fuchs offiziell die Nachfolge von Markus Lewe antreten, der die Stadt seit 2009 führte.
Besonders aufschlussreich ist der Vergleich mit der letzten Stichwahl im Jahr 2020. Damals gewann Markus Lewe (CDU) mit 52,6 Prozent gegen Peter Todeskino (Grüne), der 47,4 Prozent erreichte. Lewe konnte viele Stadtbezirke deutlich für sich entscheiden.
Fünf Jahre später hat sich das Bild grundlegend verändert. Fuchs siegte vor allem in den innerstädtischen Bezirken Mitte und West mit überzeugenden Ergebnissen. In der Mitte erreichte er 67,7 Prozent, während Lunemann dort auf 32,3 Prozent kam. Auch im Bezirk West drehte er das Verhältnis von 2020 und kam auf 55,3 Prozent.
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Besonders bemerkenswert war das Ergebnis im Bezirk Nord. 2020 hatte die CDU dort noch mit 61,2 Prozent klar gewonnen, die Grünen kamen auf 38,9 Prozent. Dieses Mal drehte Tilman Fuchs den Bezirk und gewann mit 51,6 Prozent – ein Plus von fast 13 Punkten im Vergleich zu Todeskino. Damit kippte eines der traditionellen CDU-Hochgebiete zu den Grünen.
In Hiltrup, Ost und Südost konnte Lunemann zwar Mehrheiten erzielen, doch auch hier deutlich schwächer als sein Vorgänger Lewe fünf Jahre zuvor. Während Lewe in Hiltrup 2020 noch 67,1 Prozent erreichte, kam Lunemann nur auf 57,7 Prozent. Diese Verluste in den Randlagen und die massiven Zugewinne der Grünen in den Innenstadtvierteln entschieden letztlich die Wahl.
Der Wahlabend endete nicht nur mit Zahlen, sondern auch mit Gesten. In der Bürgerhalle des Rathauses gratulierte der bisherige Oberbürgermeister Markus Lewe persönlich seinem Nachfolger Tilman Fuchs und überreichte ihm einen Blumenstrauß. „Ich gratuliere Tilman Fuchs herzlich zu seiner Wahl und wünsche ihm für die bevorstehenden Aufgaben viel Kraft und Erfolg“, sagte Lewe. Er kündigte zugleich an, Fuchs in der Einarbeitung zu unterstützen.
Auch der unterlegene Kandidat Georg Lunemann trat vor die Anwesenden und sprach Tilman Fuchs seine Glückwünsche aus. Sein Auftritt wurde mit Beifall für einen fairen Wahlkampf begleitet. Damit endete der Wahlabend in Münster mit einem sichtbaren Zeichen demokratischer Kultur und einem respektvollen Miteinander.
Fuchs ist gebürtiger Münsteraner, 55 Jahre alt und derzeit Dezernent im Kreis Steinfurt. Seine Verwaltungserfahrung will er nutzen, um die Stadt effizienter zu machen. Politisch trat er erst 2021 den Grünen bei. Dass er nur vier Jahre später Oberbürgermeister wird, zeigt, wie schnell er in Münster Vertrauen gewinnen konnte.
Zu seinen Schwerpunkten zählen eine bürgernahe Verwaltung, mehr bezahlbarer Wohnraum und ein konsequenter Kurs in Sachen Klimaschutz und Verkehr. „Meine Erfahrung werde ich dafür einsetzen, die Herausforderungen, vor denen Münster steht, tatkräftig anzugehen“, kündigte er an.
Der Wahlsieg von Tilman Fuchs ist auch im Kontext der Stichwahlen im Münsterland bemerkenswert. In Telgte setzte sich Katja Behrendt (Grüne) durch, in Steinfurt gewann Christian Franke (Grüne/FWS/GAL). In Gronau verlor Amtsinhaber Rainer Doetkotte (CDU) gegen Jörg von Borczyskowski (UWG). In Bocholt liegt Christian Mangen (SPD/FDP/Stadtpartei) vorn. Nur in Ahlen konnte die CDU einen Erfolg verbuchen.
Für die CDU war dieser Sonntag damit einer der schwierigsten Wahlabende der letzten Jahre. Münster steht mit dem Wechsel an der Stadtspitze sinnbildlich für die Verschiebungen in der Region.