
Münster. Die Wohnungsbaupolitik in Münster steht erneut im Mittelpunkt einer heftigen politischen Auseinandersetzung. Während die CDU vor einer „Rolle rückwärts“ warnt, verweisen Grüne, SPD und Volt auf ihre bisherigen Investitionen in das städtische Wohnungsunternehmen Wohn+Stadtbau (W+S). Münster wird derzeit von einer Koalition dieser drei Parteien gesteuert, die nach dem Verlust einer festen Mehrheit 2021 auf wechselnde Mehrheiten angewiesen ist. Genau diese fragile Lage verleiht der Debatte zusätzliche Brisanz.
Die W+S ist einer der größten Player auf dem lokalen Immobilienmarkt. Ende 2023 verfügte das Unternehmen über 6.678 Mietwohnungen, zusätzlich wurden allein in diesem Jahr 329 neue Wohnungen fertiggestellt. Mit einem Jahresüberschuss von 8,5 Millionen Euro im Jahr 2024 hat die Gesellschaft eine solide Grundlage, um weiter in Neubau und Sanierungen zu investieren.
Politisch gilt die W+S als Schlüsselakteur, wenn es darum geht, bezahlbaren Wohnraum in Münster zu schaffen. Geschäftsführer Stefan Wismann betont regelmäßig die Bedeutung von Investitionen in Neubauprojekte und energetische Modernisierung.
Ein Kernpunkt der aktuellen Debatte ist die Frage, ob Gewinne der W+S wieder in den städtischen Haushalt fließen sollen. Bis 2021 führte die Gesellschaft jährlich 500.000 Euro an die Stadtkasse ab. Mit dem Ratsbeschluss von 2021 wurde diese Praxis jedoch beendet, um die W+S gezielt zu stärken.
Nun wirft die CDU der Rathauskoalition vor, diesen Kurs wieder umzukehren. Nach ihrer Darstellung liegt eine Verwaltungsvorlage vor, die eine erneute Gewinnabführung in voller Höhe vorsieht. CDU-Vertreter warnen, dadurch würde das städtische Wohnungsunternehmen geschwächt und die Wohnungskrise verschärft.
Die Grünen hingegen halten eine moderate Ausschüttung für vertretbar. Angesichts des hohen Überschusses sei es gerechtfertigt, dass die W+S auch zur Finanzierung allgemeiner Aufgaben beitrage. Damit sei es unter anderem möglich gewesen, höhere Kita-Gebühren zu vermeiden.
Neben der Gewinnfrage kritisiert die CDU eine angebliche Blockade neuer Baugebiete. Die Zahlen der Stadtverwaltung zeichnen allerdings ein anderes Bild: Im Baulandprogramm 2024–2032 sind zwischen 12.000 und 13.000 neue Wohnungen vorgesehen, davon rund 1.500 Einfamilienhäuser. Zudem wurden 2023 2.221 Wohnungen fertiggestellt; weitere 3.536 Wohnungen befinden sich in der Baupipeline.
Die nächste Ratssitzung am 3. September 2025 dürfte entscheidend sein. Während die CDU von einem „Fiasko“ in der Wohnungsbaupolitik Münster spricht, betont die Koalition ihre langfristigen Investitionen und verweist auf Grundstückseinlagen im Wert von über 50 Millionen Euro zugunsten der W+S. Klar ist: Die Auseinandersetzung spiegelt nicht nur unterschiedliche wohnungspolitische Strategien wider, sondern auch die wackelige Mehrheitslage im Rat.