
Ab Januar droht eine massive E-Rezept Technikpanne: Tausende Arztpraxen können zum Jahreswechsel keine digitalen Rezepte mehr signieren, weil ihre Systeme nicht rechtzeitig auf ein neues Verschlüsselungsverfahren umgestellt werden. Die Probleme betreffen nicht nur Praxen, sondern auch Apotheken, Kartenterminals und Konnektoren – und könnte die Digitalisierung des Gesundheitswesens auf Jahre zurückwerfen. Für den laufenden Betrieb bedeutet das: Papierrezepte kehren in großem Stil zurück.
Zum 1. Januar 2026 wird das bisherige Kryptoverfahren RSA 2048 abgeschaltet. An seine Stelle tritt ECC, die Elliptic Curve Cryptography, die international als moderner und sicherer gilt – unter anderem aufgrund besserer Resilienz gegenüber zukünftigen Quantenangriffen. Doch mehr als 50.000 elektronische Heilberufsausweise (eHBA) sind für diese Umstellung nicht vorbereitet. Ohne gültigen eHBA können Ärztinnen und Ärzte weder E-Rezepte noch elektronische Krankschreibungen ausstellen. Die Technikpanne ist damit im Kern ein Zertifikatsproblem: Fehlen die technischen Voraussetzungen, stoppt der Alltag in den Praxen.
Neben den eHBA benötigen auch Kartenterminals und Konnektoren ein Update. Diese Geräte vernetzen Praxen mit der Telematikinfrastruktur und signieren im Hintergrund jede digitale Verordnung. Viele Hersteller können die passenden Software- oder Hardware-Anpassungen jedoch nicht rechtzeitig liefern. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung empfiehlt daher bereits, größere Mengen Papierrezepte zu bestellen. Auch Apotheken müssen sich auf manuelle Prozesse einstellen. Angesichts von jährlich über 500 Millionen ausgestellten E-Rezepten bedeutet dies einen enormen Schritt zurück – mit Wartezeiten, Mehraufwand und Verzögerungen bei der Medikamentenausgabe.
Der elektronische Heilberufsausweis ist die zentrale Identität im digitalen Gesundheitswesen. Er ermöglicht die qualifizierte elektronische Signatur, mit der Ärzte Rezepte rechtsgültig unterschreiben. Ohne funktionsfähigen eHBA bleiben E-Rezept und eAU blockiert. Zu den betroffenen Geräten gehören Ausweise von Herstellern wie CompuGroup Medical, Secunet oder Arvato Systems. Da der Markt nur wenige Anbieter hat, sind Nachlieferungen oder neue Zertifikate kurzfristig kaum realisierbar.
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung hat die Bundesnetzagentur inzwischen um eine Fristverlängerung gebeten. Die Gematik hingegen hält am Umstellungsdatum fest. Die Bundesnetzagentur prüft den Vorgang, hat aber bislang keine Entscheidung angekündigt. Bleibt es beim 1. Januar, müssen zehntausende Praxen schlagartig in den Papierbetrieb wechseln – obwohl das E-Rezept seit 2024 für gesetzlich Versicherte verpflichtend ist.
Für Patienten könnte sich der Praxis- und Apothekenbesuch spürbar verlangsamen. Papierrezepte müssen manuell verarbeitet werden, was zusätzliche Zeit kostet. Besonders in großen Praxen oder Facharztketten, die täglich hunderte Verordnungen ausstellen, drohen Rückstaus. Hinzu kommt: Bei Ausfällen der Telematikinfrastruktur gab es bereits in der Vergangenheit Probleme – teure Updates, instabile Systeme und wiederkehrende Ausfälle haben viele Praxen belastet. Die neue Situation könnte das Vertrauen in Gesundheitsdigitalisierung weiter beeinträchtigen.