
Münster. Die Stichwahlergebnisse im Münsterland haben am 28. September 2025 für zahlreiche Überraschungen gesorgt. Gleich mehrere CDU-Amtsinhaber mussten ihre Rathäuser räumen, obwohl sie zuvor als Favoriten galten. In Münster endete eine über 25-jährige CDU-Ära, in Bocholt und Gronau verloren die Christdemokraten trotz prominenter Unterstützung deutlich. Auch in Steinfurt kippte die Stimmung zugunsten eines parteilosen Herausforderers. Die Grünen und unabhängige Kandidaten konnten dagegen gleich mehrere historische Siege feiern und senden damit ein starkes Signal für die politische Zukunft der Region.
In Telgte gelang Katja Behrendt (Grüne) mit 55,5 Prozent ein überzeugender Sieg gegen Oliver Niedostadek, der von CDU und FDP unterstützt wurde. Damit tritt sie die Nachfolge von Wolfgang Pieper an, der 15 Jahre lang das Amt innehatte. Die Wahlbeteiligung erreichte außergewöhnlich hohe 64,7 Prozent – ein Wert, der im Münsterland nur selten erreicht wird. Politisch bleibt es dennoch spannend: CDU und FDP verfügen im Stadtrat über eine knappe Mehrheit. Damit steht Behrendt vor der Herausforderung, ihre Politik in einem Umfeld durchzusetzen, das von Koalitionen und Kompromissen geprägt sein dürfte.
Eine der größten Überraschungen ereignete sich in Gronau. Der langjährige CDU-Amtsinhaber Rainer Doetkotte musste eine klare Niederlage hinnehmen. Jörg von Borczyskowski von der UWG erreichte 59,6 Prozent der Stimmen und ließ Doetkotte mit 40,4 Prozent weit hinter sich. Besonders deutlich fiel das Ergebnis aus, weil die CDU nur einen einzigen von insgesamt 40 Stimmbezirken für sich gewinnen konnte. Die Wahlbeteiligung blieb dagegen enttäuschend niedrig und lag in einigen Bezirken sogar unter 35 Prozent. Politische Beobachter sehen das Ergebnis als Zeichen dafür, dass lokale Unabhängige zunehmend das Vertrauen der Bürger gewinnen, während etablierte Parteien wie die CDU Wähler verlieren.
Auch in Steinfurt stand die CDU auf verlorenem Posten. Christian Franke, ein parteiloser Kandidat, der von Grünen, GAL und FWS unterstützt wurde, setzte sich mit 56,7 Prozent gegen Michael Schell (CDU/SPD) durch. Der Sieg gilt als Überraschung, da Schell im Vorfeld als Favorit gehandelt worden war. Viele Stimmen sprechen vom „Wunder von Steinfurt“. Entscheidend war offenbar Frankes persönliche Ausstrahlung und Nähe zu den Bürgern, die er im Wahlkampf gezielt betonte. Für die CDU bedeutet die Niederlage einen herben Rückschlag, zumal man sich durch die gemeinsame Unterstützung von SPD und CDU eigentlich in einer komfortablen Ausgangsposition wähnte.
In Heek lieferten sich Michael Averbeck und Jürgen Lammers, beide parteilos, ein enges Rennen. Am Ende siegte Averbeck mit 51,56 Prozent. Noch vor zwei Wochen lag Lammers in den Umfragen vorn. Der Wahlausgang verdeutlicht, wie dynamisch lokale Wahlen sein können. Averbeck tritt die Nachfolge von Franz-Josef Weilinghoff an, der nicht erneut kandidierte. Der knappe Sieg zeigt, dass auch in kleineren Gemeinden ein Wechsel in der politischen Führung möglich ist, wenn es gelingt, die Wähler mit klaren Botschaften zu überzeugen.
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Im Kreis Coesfeld fand nur eine Stichwahl statt. In Nordkirchen verteidigte die CDU ihre Position. Stefanie Holz setzte sich mit 54,24 Prozent gegen Carsten Sprung von der SPD durch. Damit bleibt das Rathaus fest in CDU-Hand. Das Ergebnis zeigt, dass die CDU in einigen Gemeinden nach wie vor fest verankert ist, auch wenn sie in vielen anderen Städten deutliche Niederlagen einstecken musste.
In Sassenberg gelang Josef Heinrich Uphoff (CDU) ein klarer Sieg. Mit 55,23 Prozent setzte er sich gegen Christian Borgmann (FWG) durch. Besonders bemerkenswert ist die Steigerung gegenüber dem ersten Wahlgang, in dem Uphoff nur 46,4 Prozent erreicht hatte. Dieses Ergebnis deutet darauf hin, dass die CDU bei gezielter Mobilisierung weiterhin Chancen hat, ihre Position auszubauen.
In Südlohn siegte Markus Lask, ein parteiloser Kandidat, mit 53,03 Prozent gegen Michael Schichel. Auffällig war der schnelle Auszählungsverlauf: Schon kurz nach 18:30 Uhr stand das Endergebnis fest. Der zügige Ablauf sorgte für Transparenz und beendete früh alle Spekulationen. Mit Lask setzt eine neue politische Generation ihren Fuß ins Rathaus.
In Ahlen konnte die CDU hingegen einen Sieg feiern. Matthias Harman gewann mit 58,9 Prozent gegen Dirk Schlebes, der von SPD und Grünen unterstützt wurde. Bemerkenswert ist, dass Harman damit die Nachfolge von Alexander Berger antritt, der sich nicht mehr zur Wahl stellte. Erste Gratulantin war seine Mutter Hatun Harman, die den Sieg persönlich mitfeierte. Für die CDU ist dieser Erfolg ein wichtiges Signal, nachdem in vielen Nachbarstädten Niederlagen hingenommen werden mussten.
In Emsdetten gelang Oliver Kellner von den Grünen ein überzeugender Sieg. Mit 61,7 Prozent ließ er seinen Herausforderer Daniel Hellwig von der CDU weit hinter sich. Kellner gewann 26 von 27 Stimmbezirken, darunter auch klassische CDU-Hochburgen. Für die CDU ist dieses Ergebnis besonders schmerzhaft, da sie hier bereits zum zweiten Mal in Folge eine Stichwahl verloren hat.
In Bocholt kam es zu einem Machtwechsel. Christian Mangen, unterstützt von SPD, FDP und der Stadtpartei, gewann mit 53,52 Prozent. Der CDU-Amtsinhaber Thomas Kerkhoff musste sich mit 46,48 Prozent geschlagen geben. Besonders bitter für die CDU: Trotz prominenter Unterstützung durch Markus Söder und NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst konnte die Niederlage nicht verhindert werden. Bocholt gilt damit als weiteres Beispiel für die Schwierigkeiten der CDU, ihre Macht in den Kommunen zu halten.
Die Stichwahlergebnisse im Münsterland zeigen ein klares Bild: Die CDU erleidet gleich in mehreren Städten erhebliche Verluste. Historische Niederlagen in Münster, Bocholt, Gronau und Steinfurt markieren den Beginn einer neuen politischen Phase. Die Grünen dagegen bauen ihre Stärke weiter aus. Gleichzeitig gelingt es parteilosen Kandidaten wie Averbeck, Lask und Franke, die lokale Politik neu zu gestalten. Besonders bemerkenswert ist die hohe Wahlbeteiligung in Telgte mit 64,7 Prozent, während Gronau mit unter 35 Prozent das andere Extrem markiert.