
Eine Finanzierungslücke für Autobahnen in NRW sorgt aktuell für heftige Diskussionen zwischen Bund und Land. Gleich 29 geplante Autobahnprojekte und elf Bundesstraßen in Nordrhein-Westfalen liegen auf Eis. Grund sind gestiegene Baukosten und fehlende Mittel im Bundeshaushalt, obwohl die Bundesregierung erst kürzlich ein 166 Milliarden Euro schweres Sondervermögen für Infrastrukturprojekte angekündigt hatte.
Besonders einschneidend ist, dass nicht nur neue Projekte, sondern auch bereits fertig geplante Bauvorhaben betroffen sind. Zu den gestoppten Projekten zählen unter anderem:
der Ausbau der A1 bei Hamm sowie der Lückenschluss der A1 in der Eifel (ca. 25 km)
die Erweiterung der A40 im Ruhrgebiet
geplante Bauabschnitte auf der A45 im Sauerland
Ausbauprojekte auf der A3 in Oberhausen
geplante Maßnahmen auf der A57 in Krefeld
Ausbauten der A59 in Duisburg und Köln
der Neubau der A445 von Werl nach Hamm, die als Verbindung zweier Autobahnen geplant war
Damit verzögern sich zentrale Verkehrsachsen im Ruhrgebiet, Sauerland und Rheinland – Regionen, die stark von Pendlerströmen und Güterverkehr geprägt sind.
Hintergrund ist eine Finanzierungslücke von knapp 15 Milliarden Euro bis 2029 für Bundesfernstraßen. Allein für den Neu- und Ausbau von Autobahnen rechnet der Bund mit einem Mehrbedarf von etwa 5,5 Milliarden Euro. Grund dafür sind stark gestiegene Baupreise – sowohl für Material als auch für Arbeit und Transport.
Das Sondervermögen des Bundes setzt den Schwerpunkt auf Sanierung und Erhalt bestehender Infrastruktur wie Brücken oder Tunnel. Für Neubauprojekte bleiben entsprechend weniger Mittel. Zusätzlich bremsen rechtliche Hürden: Zwar gibt es für viele Projekte bereits ein bestandskräftiges Baurecht, doch die Finanzierung ist unsicher.
NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) äußerte deutliche Kritik an der Entscheidung. Er sprach von einem „Nackenschlag aus Berlin“ und betonte, dass viele Projekte in Nordrhein-Westfalen dringend benötigt würden, um Verkehrsflüsse zu verbessern und Engpässe zu beseitigen. Auch aus der Bauwirtschaft kommt Kritik: Man fordere klare Prioritäten und verlässliche Finanzierungszusagen, statt Vorhaben mitten im Planungsprozess zu stoppen.
Für Autofahrerinnen und Autofahrer in NRW bedeutet der Stopp längere Wartezeiten auf dringend benötigte Verbesserungen. Engpässe wie auf der A1, A40 oder A45 bleiben bestehen. Experten warnen, dass sich nicht nur der Verkehrsfluss verschlechtert, sondern auch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit leidet, wenn Gütertransporte langsamer vorankommen.
Darüber hinaus droht ein Dominoeffekt: Verzögerungen im Neubau könnten dazu führen, dass gleichzeitig weniger Geld für den Erhalt bestehender Straßen zur Verfügung steht. Damit steigt die Gefahr, dass der Straßenzustand sich verschlechtert – von Schlaglöchern bis hin zu maroden Brücken.
Ob und wann die gestoppten Projekte wieder aufgenommen werden, hängt stark vom Bundeshaushalt 2026 ab. Erst dann wird sich zeigen, ob zusätzliche Mittel bereitgestellt werden können. Bis dahin bleiben viele geplante Aus- und Neubauten unsicher. Kritiker sehen die Gefahr, dass eine Politik des „Verschiebens“ am Ende teurer wird, da Baupreise weiter steigen.
Politik, Wirtschaft und Verbände sind sich einig: Angesichts der Finanzierungslücke bei Autobahnen in NRW braucht es eine klare Priorisierung. An erster Stelle müsse der Erhalt bestehender Infrastruktur stehen, gefolgt von Projekten mit hoher verkehrlicher und wirtschaftlicher Bedeutung. Neue Vorhaben dürften nur dann gestartet werden, wenn die Finanzierung gesichert ist.