Dörfer in Westfalen-Lippe: Neue Studie zeigt überraschende Entwicklung

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Symbolbild: Luca L. / unsplasch

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Paderborn/AI. Die Dörfer in Westfalen-Lippe stehen im Fokus einer aktuellen Studie, die ein neues Bild vom Leben im ländlichen Raum zeichnet. Rund 3,2 Millionen Menschen – also fast 38 Prozent der Bevölkerung – leben in den Dörfern der Region. Damit ist klar: Der ländliche Raum bleibt eine prägende Lebensform, auch wenn sich seine Strukturen und Herausforderungen verändert haben.

Neue Datenlage für 2.316 Dörfer in Westfalen-Lippe

Erstmals seit Jahrzehnten liegen wieder verlässliche Zahlen zur Dorfbevölkerung vor. Grund ist die umfassende Studie „Dörfer in Westfalen-Lippe – Bestandsaufnahme und Situationsanalyse“, durchgeführt von der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK) in Göttingen unter Leitung von Prof. Dr. Ulrich Harteisen. Nach der kommunalen Gebietsreform ab 1975 waren viele Dörfer in größere Städte eingemeindet worden und aus der offiziellen Statistik verschwunden.
Die Forscher erfassten 2.316 klassische Dörfer sowie zusätzlich rund 670.000 Menschen in kleineren dörflichen Siedlungen – etwa am Rand größerer Ballungsräume wie Münster oder Bielefeld.

Dörfer in Westfalen-Lippe: Wandel statt Verfall

Lange galten die Dörfer in Westfalen-Lippe als gefährdet: Schlagworte wie Abwanderung, Überalterung oder Leerstand prägten das Bild. Die aktuelle Untersuchung zeichnet jedoch ein anderes Szenario. Viele Dörfer zeigen stabile oder sogar wachsende Bevölkerungszahlen. Gründe dafür sind unter anderem der Wunsch nach Gemeinschaft, neue Wohnmodelle und digitale Chancen.
Die Forscher betonen, dass sich Menschen bewusst fürs Dorfleben entscheiden – wegen funktionierender Nachbarschaften, aktiver Vereine und sozialer Treffpunkte. Gerade diese Strukturen fördern demokratische Selbstwirksamkeit, weil Einwohner ihr Lebensumfeld direkt mitgestalten können.

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Ehrenamt als Motor des Dorflebens

Ein zentrales Ergebnis der Studie ist die Bedeutung des Ehrenamts. Ohne engagierte Bürgerinnen und Bürger gäbe es vielerorts kein lebendiges Dorfleben. Ob Feuerwehr, Musikverein, Sport oder Nachbarschaftsinitiative – das Engagement sichert die soziale Infrastruktur.
Allerdings sehen die Autoren Handlungsbedarf: Viele Ehrenamtliche fühlen sich überfordert oder finanziell nicht ausreichend unterstützt. Förderprogramme wie die NRW-„Heimat-Förderung“ oder das EU-LEADER-Programm helfen zwar, sind aber oft bürokratisch oder schwer vorzufinanzieren.

Regionale Vielfalt und Zukunftschancen

Die Untersuchung zeigt, dass Dörfer nicht nur in den klassischen ländlichen Regionen – etwa im Sauerland oder im Münsterland – existieren. Auch in stadt- oder ruhrgebietsnahen Räumen gibt es dörfliche Siedlungen mit eigener Identität.
Zudem verdeutlicht die Studie, dass der Strukturwandel auch Chancen bietet: Neue Wohnformen, Genossenschaften, Dorfläden, Co-Working-Projekte und Breitbandausbau machen viele Orte wieder attraktiv.

Tagung in Paderborn diskutiert Ergebnisse

Am 7. November 2025 wurden die Studienergebnisse in Paderborn vorgestellt. Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Verwaltung und Ehrenamt – darunter der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL), der Westfälische Heimatbund (WHB) und die HAWK – diskutierten, wie sich die Erkenntnisse praktisch nutzen lassen.
Eine Empfehlung lautet, ein dauerhaftes Monitoring-System für Dörfer in Westfalen-Lippe einzuführen. So könnten Entwicklungen künftig besser verfolgt und gezielte Förderstrategien erarbeitet werden.

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