Leise Worte zur Weihnachtszeit: Was hinter dem plattdeutschen „stillken“ steckt

Was bedeutet „stillken“? Der LWL erklärt das plattdeutsche Wort des Monats und seine besondere Bedeutung zur Weihnachtszeit.
Foto: © LWL-Medienzentrum für Westfalen/Ignaz Böckenhoff

Teilen:

Westfalen (lwl). Die Advents- und Weihnachtszeit gilt sprachlich wie kulturell als Phase des Innehaltens. Genau an diesem Punkt setzt das aktuelle „Wort des Monats“ des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) an. Sprachwissenschaftlerinnen und Sprachwissenschaftler lenken den Blick auf den plattdeutschen Ausdruck „stillken“, der vor allem in der Vorweihnachtszeit eine besondere Bedeutung entfaltet.

Wenn es rund um Weihnachten ruhiger wird

Die Wochen vor dem Fest sind häufig geprägt von Termindruck, Einkaufstrubel und einem dichten Programm. Erst mit den Weihnachtstagen kehrt vielerorts eine spürbare Ruhe ein. Dieses Gefühl des Zurücknehmens, des bewussten Leiserwerdens, findet im Plattdeutschen eine eigene sprachliche Nuance. Neben den bekannten Begriffen „still“ oder „stille“ existiert mit „stillken“ eine Form, die die Ruhe noch feiner beschreibt.

Herkunft und regionale Verbreitung von „stillken“

Der Ausdruck „stillken“ ist vor allem im nördlichen Ostwestfalen verbreitet. Sprachhistorisch setzt sich das Wort aus dem Adjektiv „still“ und der Endung „-ken“ zusammen. Diese Endung ist eine Verkleinerungsform und entspricht dem hochdeutschen „-chen“. Sie ist im westfälischen Platt traditionell vor allem bei Substantiven gebräuchlich.

Das lesen andere gerade

Typische Beispiele sind Begriffe wie „Schäöpken“ für Schäfchen oder „Kindken“ für Kindchen. Dass eine solche Verkleinerungsendung auch bei Eigenschaftswörtern verwendet wird, ist hingegen eher ungewöhnlich und macht „stillken“ sprachlich interessant.

Sprachliche Besonderheit im westfälischen Platt

Im westfälischen Platt existiert eine kleine Gruppe von Adjektiven, die ebenfalls mit der Endung „-ken“ gebildet werden. Sprachwissenschaftler gehen davon aus, dass diese Formen ihren Ursprung im Sprechen mit Kindern haben könnten. Die Verkleinerung dient dabei nicht nur der Beschreibung, sondern auch der emotionalen Abmilderung.

„Stillken“ bedeutet daher nicht einfach „still“, sondern eher „ganz leise“, „ein bisschen still“ oder „sanft ruhig“. Es beschreibt eine zurückhaltende, fast zärtliche Form der Stille, die gut zur Atmosphäre der Weihnachtstage passt.

Beispiel aus dem Sprachalltag

Wie „stillken“ im Alltag verwendet wird, zeigt ein typischer plattdeutscher Satz:
„Wi willt ju stillken wat seggen: Frohe Wiehnachten!“

Sinngemäß heißt das: „Wir wollen euch leise etwas sagen: Frohe Weihnachten!“ Das Wort transportiert dabei nicht nur Ruhe, sondern auch Nähe und Wärme.

Wissenschaftlicher Hintergrund beim LWL

Hinter dem „Wort des Monats“ steht die Kommission für Mundart- und Namenforschung (KoMuNa) des LWL. Das Gremium erforscht regionale Sprachformen in Westfalen, sammelt Begriffe, analysiert deren Herkunft und dokumentiert ihren Gebrauch. Geschäftsführer der Kommission ist der Sprachwissenschaftler Dr. Markus Denkler. Ziel der Arbeit ist es, regionale Sprachvielfalt sichtbar zu machen und als kulturelles Erbe zu bewahren.

Gerade Begriffe wie „stillken“ zeigen, wie differenziert regionale Sprache Gefühle und Stimmungen ausdrücken kann, oft präziser als es im Hochdeutschen möglich ist.

Teilen:

Münster Map
Zum Aktivieren tippen
Route anzeigen

Mehr Beiträge: