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Neue Atommülltransporte geplant – im Münsterland wächst der Widerstand

Gegen die Castor-Transporte nach Ahaus formiert sich breiter Widerstand. Bürgerinitiativen, Umweltverbände und Kommunen protestieren mit Mahnwachen, Demos und Klagen.
Foto: Markus Distelrath

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Ahaus. Die in dieser Woche erteilte Genehmigung neuer Castor-Transporte nach Ahaus hat eine Protestwelle ausgelöst, die in der Region deutlich spürbar ist. Umweltinitiativen, Bürgergruppen und viele Menschen vor Ort sehen die Entscheidung des Bundesamts für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) kritisch und warnen vor massiven Risiken. Der Widerstand gegen Castor-Transporte nach Ahaus wird damit wieder zu einem der zentralen Themen der Anti-Atomkraftbewegung in Nordrhein-Westfalen.

Genehmigung für Castor-Transporte nach Ahaus sorgt für Empörung

Am Montag gab das BASE grünes Licht für eine der größten Transportaktionen hochradioaktiven Atommülls in der Geschichte der Bundesrepublik. Aus dem Forschungszentrum Jülich sollen rund 300.000 Brennelementekugeln in 152 Castor-Behältern ins Zwischenlager Ahaus gebracht werden. Die Strecke umfasst etwa 170 Kilometer und soll per Schwerlasttransport über die Straßen zurückgelegt werden. Hinzu kommt ein weiterer Transport von Brennelementen aus dem Forschungsreaktor in München-Garching, der ebenfalls nach Ahaus führen soll.

Noch ist unklar, wann die Transporte stattfinden werden, doch allein die Ankündigung reicht, um die Bevölkerung in Aufruhr zu versetzen. Viele Menschen empfinden es als Zumutung, dass über hochfrequentierte Autobahnen derart riskante Fuhren rollen sollen, obwohl bis heute kein Endlager für hochradioaktiven Müll existiert.

Mahnwachen in Ahaus und Jülich

Schon wenige Stunden nach der Genehmigung bildete sich der erste sichtbare Protest. In Ahaus versammelten sich laut WDR mehr als 100 Menschen, die Polizei sprach von 60 bis 80 Teilnehmenden. In Jülich waren es zwar nur rund zehn Personen, doch auch dort war der Protest unübersehbar. Auffällig war die Zusammensetzung der Teilnehmenden: Neben erfahrenen Anti-Atomkraft-Aktivisten, die zum Teil seit Jahrzehnten dabei sind, standen auch junge Familien aus Ahaus mit ihren Kindern vor dem Zwischenlager. Damit wird deutlich, dass der Widerstand nicht nur von einer einzelnen Generation getragen wird, sondern quer durch die Bevölkerung Rückhalt findet.

Bürgerinitiative warnt vor „Atommülltourismus“

Die Bürgerinitiative „Kein Atommüll in Ahaus“ machte ihrem Ärger erneut Luft. Vertreter betonten, dass jeder einzelne Transport ein unkalkulierbares Risiko für die Sicherheit der Bevölkerung darstelle. Sie sprechen von einem „gefährlichen Atommülltourismus“, der einzig und allein der Verschiebung des Problems diene. Atommüll solle dort bleiben, wo er entstehe, bis ein sicheres Endlager zur Verfügung steht. Alles andere sei Augenwischerei, die lediglich vorgaukele, man habe eine Lösung für die Entsorgung gefunden, während in Wahrheit nur neue Gefahren geschaffen würden.

Widerstand gegen Castor-Transporte aus Münster

Auch in Münster regt sich massiver Widerstand. Die Initiative SOFA Münster (Sofortiger Atomausstieg) lädt am Freitag, den 29. August, um 19 Uhr zu einem Informationsabend ins Umwelthaus Münster ein. Dort sollen die Hintergründe der Transportgenehmigung und die Risiken für die Bevölkerung erläutert werden. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie die Proteste in den kommenden Wochen organisiert werden können.

Zwei Tage später, am Sonntag, 31. August, ist eine große Demonstration vor dem Zwischenlager in Ahaus geplant. Unter dem Motto „Sonntagsspaziergang“ wird zu einer Kundgebung aufgerufen, an der auch zahlreiche Münsteraner teilnehmen wollen. Für die Anreise wird eigens ein gemeinsamer Schnellbus vom Hauptbahnhof Münster angeboten. Zusätzlich stehen in Ahaus Shuttle-Busse bereit, um die Teilnehmenden direkt zum Zwischenlager und zurück zum Bahnhof zu bringen.

BUND legt Widerspruch ein

Die Umweltorganisation BUND NRW hat rechtliche Schritte angekündigt und bereits Widerspruch gegen die Genehmigung der Transporte eingelegt. „Von den überflüssigen Transporten geht ein erhebliches Risiko für Mensch und Umwelt aus“, erklärte die stellvertretende Landesvorsitzende Kerstin Ciesla. Der BUND fordert zudem, dass die Genehmigung nicht sofort vollzogen wird. Es gebe keinen zwingenden Grund für einen schnellen Abtransport. Auch die Stadt Ahaus prüft mögliche rechtliche Schritte, um die Transporte zu verhindern.

Politischer Druck wächst

Die Auseinandersetzung über die Transporte reicht längst über die lokale Ebene hinaus und entwickelt sich zu einem bundespolitischen Thema. Kritiker weisen darauf hin, dass die Genehmigung für das Zwischenlager Ahaus bereits 2036 ausläuft und somit eine endgültige Lösung für den Umgang mit hochradioaktivem Müll weiterhin nicht in Sicht ist. Selbst die Gewerkschaft der Polizei äußerte sich kritisch und sprach von „Wahnsinn“, wenn es um den Schutz der Bevölkerung bei solchen Schwerlasttransporten auf den Autobahnen gehe.

Matthias Eickhoff von SOFA Münster fordert deshalb dringend politische Gespräche: „Neue Atommüll-Transporte nach Ahaus sind keine Lösung für die Atommüll-Entsorgung.“ Stattdessen brauche es endlich klare Entscheidungen über die Einrichtung eines sicheren Endlagers.

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