
NRW. Der Sozialleistungsbetrug in NRW ist zurück auf der politischen Agenda. Im Jahr 2024 registrierte die Polizei landesweit 1.791 Fälle, die zusammen einen Schaden von mehr als sieben Millionen Euro verursachten. Damit stiegen die Zahlen im Vergleich zu 2023 um fast 17 Prozent. Nach einer Phase kontinuierlicher Abnahmen seit dem Jahr 2014 kehrt damit ein Trend zurück, der viele Kommunen und Behörden erneut unter Druck setzt.
Der Höhepunkt lag vor über zehn Jahren, als durch die Einführung der EU-Arbeitsfreizügigkeit für Menschen aus Rumänien und Bulgarien die Zugangsmöglichkeiten zu Leistungen stark anstiegen. Seitdem gingen die Fallzahlen langsam zurück. Dass es nun wieder einen deutlichen Anstieg gibt, gilt als Warnsignal – sowohl für die Landesregierung als auch für die kommunalen Jobcenter.
Ein genauer Blick auf die Täterstruktur räumt mit einigen Vorurteilen auf. Rund zwei Drittel der Fälle von Sozialleistungsbetrug in NRW gehen auf deutsche Staatsangehörige zurück. Danach folgen Menschen mit türkischem und syrischem Hintergrund. Der Anteil von Verdächtigen aus Rumänien und Bulgarien liegt hingegen nur bei rund 5,6 Prozent.
Trotz der relativ geringen Zahl aus diesen Herkunftsländern werden bestimmte Schlupflöcher gezielt genutzt. Besonders auffällig ist die Anmeldung von Minijobs oder der Nachweis schulpflichtiger Kinder. Diese Faktoren reichen aus, um Anspruch auf Bürgergeld geltend zu machen. In Kombination mit ungenauen Angaben zu Wohnsituationen entsteht so ein Missbrauchsrisiko.
Um diesem Problem entgegenzuwirken, hat der Gesetzgeber zum 1. Januar 2025 neue Regelungen eingeführt. Kommunen können jetzt eine gerichtliche Verwaltung für Immobilien beantragen, wenn der Verdacht auf missbräuchliche Nutzung vorliegt. Für Eigentümer bedeutet das: Solange der Kaufpreis nicht vollständig bezahlt ist, dürfen keine Mieten eingenommen werden.
Die Stadt Gelsenkirchen begrüßt diese Neuerung ausdrücklich. Sie sieht darin ein wirksames Mittel, um Investoren zu stoppen, die Schrottimmobilien gezielt als Geschäftsmodell missbrauchen. Allerdings weisen Experten darauf hin, dass es noch Zeit braucht, bis diese Regelung flächendeckend wirkt und auch in anderen Städten konsequent angewendet wird.
Die aktuellen Zahlen zeigen deutlich: Der Sozialleistungsbetrug in NRW ist kein Randthema, sondern eine reale Belastung für Staat und Gesellschaft. Mit Schäden in Millionenhöhe und einem erneuten Anstieg der Fälle steht die Politik vor der Aufgabe, konsequente Maßnahmen umzusetzen.
Gleichzeitig machen Beispiele wie die QR-Code-Schulbescheinigung Mut, dass Prävention funktionieren kann. Sie zeigt, dass innovative Ideen Missbrauch nachhaltig erschweren. Ebenso wichtig bleibt die enge Zusammenarbeit zwischen Jobcentern, Polizei und Ordnungsbehörden, um organisierte Strukturen frühzeitig zu erkennen.