Am Freitag wurde auf dem Filmfestival Münster als vorletzter Film der European First Feature Film Competition das Debütwerk „Leere Netze“ präsentiert. Im Anschluss hatten die Zuschauer die Gelegenheit sich mit Regisseur Behrooz Karamizade über den Film und die schwierigen Drehbedingungen zu unterhalten. Dabei erhielten die Zuschauer einen sensiblen und vielschichtigen Einblick in das jugendliche Leben im Iran.
Im Zentrum des 2021 im Iran gedrehten Films steht die Liebe von Amir und Narges. Während Narges eher aus der Oberschicht stammt, schlägt sich Amir mit Gelegenheitsjobs rum. Schließlich beginnt er eine Arbeit in der Fischerei, um eine mögliche Hochzeit der beiden zu ermöglichen. Von diesem Punkt aus zeichnet Karamizade ein eindrückliches und oft melancholisches Bild der Jugend im Iran. Auch wenn der Film, wie der Autor auch in Münster betonte, nicht explizit politisch ist, kristallisiert sich schnell die Perspektivlosigkeit von Amir heraus. Die Probleme wie Armut, Jugendarbeitslosigkeit und gesellschaftliche, bzw. religiöse Zwänge unterstreicht der Regisseur vor allem durch eine beeindruckende Kameraarbeit.
Dabei arbeiteten Karamizade und sein Team unter erschwerten Bedingungen. Aus dem deutschsprachigen Team durfte nur der Regisseur selbst in das Land einreisen und auch inhaltlich musste sich die Produktion an die Regeln halten. Das bedeutet in erster Linie: Vor der Kamera sind keinerlei Zärtlichkeiten zwischen den beiden Hauptdarstellern zu sehen und auch die Kritik an der iranischen Regierung schimmert nur subtil durch. Trotzdem betonte der Regisseur sehr deutlich wie wichtig es ihm war den Film nicht nur im Iran zu drehen, sondern ihn auch nach Möglichkeit der Bevölkerung im Iran zugänglich zu machen.
Die rasante Entwicklung und Verschärfung der Situation hatte allerdings im Jahr 2021 so noch keiner kommen sehen. Während der Hauptdarstellerin aufgrund ihrer Solidarität für die Protestbewegung ein Berufsverbot erteilt wurde, ist weiterhin unklar, ob der Film je im Iran gezeigt werden wird. Auch Karamizade haderte merklich und sagte: „Ich weiß nicht, ob ich den Film heute so nochmal drehen würde.“ Im Bezug auf den Blick Deutschlands auf den Iran wirbt er ansonsten für eine differenziertere Perspektive. In den Nachrichten ergebe sich oft ein schwarz-weiß Bild zwischen der Protestbewegung und den Unterdrückern, während der Iran in Wahrheit eine komplexe Gesellschaft mit tief sitzenden Problemen sei.
In jedem Fall erhielt der Film im Schloßtheater viel Applaus und interessierte Debattenbeiträge. Auch wenn Karamizade selbst den Film als unpolitisch betrachtet, ist die Perspektive, die er Außenstehenden auf die iranische Jugend bietet, ein hochpolitischer Akt. Ob der Film letztendlich am Samstag den Regiepreis erhält, bleibt abzuwarten. Klar ist allerdings: Ab Januar 2024 läuft der Film bundesweit in den Kinos und auch du kannst dir eine Meinung zu diesem spannenden Werk bilden. Falls du das letzte Wochenende des Filmfestivals in Münster noch nutzen willst, findest du hier den Spielplan. Am Sonntag werden die Gewinner der verschiedenen Wettbewerbe nochmal aufgeführt.