
Münster. Die geplante Verleihung des Josef-Pieper-Preises an den US-amerikanischen Bischof Robert Barron stößt zunehmend auf Kritik. Nachdem sich bereits katholische Jugendverbände und die Katholische Frauengemeinschaft ablehnend äußerten, nimmt nun auch die Katholisch-Theologische Fakultät der Universität Münster öffentlich Stellung. In einer gemeinsamen Erklärung des Kollegiums heißt es, man nehme die Preisvergabe „mit Befremden zur Kenntnis“. Die Deutung des Katholizismus, für die Barron stehe, sei aus Sicht der Fakultät „ausgrenzend“ und „ideologisch aufgeladen“.
Die Preisverleihung soll am 27. Juli 2025 im Franz-Hitze-Haus in Münster stattfinden. Begleitet wird sie von einer Tagung und einem Gottesdienst in der Überwasserkirche.
In der Erklärung der Fakultät wird auf den theologischen Maßstab des Zweiten Vatikanischen Konzils verwiesen. Dieses habe den christlichen Glauben in den Kontext einer pluralen Weltgesellschaft gestellt, ökumenische Öffnung ermöglicht und die Achtung menschlicher Würde in den Mittelpunkt gerückt. Der Gott Jesu Christi, so der Wortlaut, stehe „an der Seite der Leidenden“ und fordere ein Ethos, das sich für soziale und globale Gerechtigkeit einsetzt.
Die Fakultät bezieht sich auch auf die politische Wirkung religiöser Kommunikation. Eine Theologie, die den Glauben als zeitenthobene Wahrheit präsentiere und dabei politische Machtkonzepte stütze, laufe Gefahr, Menschen auszugrenzen. In der Kritik steht insbesondere Barrons Nähe zu religiös-konservativen Netzwerken, die nach Einschätzung der Fakultät weltweit autoritäre Kräfte ideologisch unterstützen.
Die Preisvergabe an Barron sei ein Zeichen für einen Katholizismus, der religiöse Identität zur Abgrenzung benutze. Der Vorwurf: Unter dem Vorwand theologischer Klarheit werde eine Ideologie verbreitet, die queere Menschen, Migrantinnen und Migranten sowie Andersdenkende systematisch ausschließe. Die Fakultät spricht von einer „weltweit erstarkenden Strömung“, die Religion zur Spaltung der Gesellschaft instrumentalisiere.
Zudem wird auf konkrete Äußerungen Barrons verwiesen, etwa zur Amtseinführung Donald Trumps, die er als „Hochamt der Demokratie“ bezeichnete. Auch seine mediale Kooperation mit konservativen Kommentatoren wie Ben Shapiro wird kritisch gesehen. Einzelne Mitglieder der Fakultät werfen Barron vor, rechte Kulturkämpfe aktiv mitzutragen – etwa durch die Bekämpfung sogenannter „Woke“-Bewegungen, die sich für soziale Gerechtigkeit einsetzen.
Die Kritik bleibt nicht abstrakt, sondern stellt auch Fragen an das katholische Selbstverständnis. Die Fakultät fordert eine Theologie, die der biblischen Gottesoffenbarung verpflichtet ist und gesellschaftliche Ausgrenzung nicht duldet. Besonders die Verbindung von religiöser Sprache mit politischer Ideologie wird problematisiert.
Dass die Preisverleihung ausgerechnet im Priesterseminar und in der Katholischen Akademie stattfindet, wirft laut mehreren Stimmen die Frage auf, wie stark das Bistum Münster hinter dieser Entscheidung steht. Eine öffentliche Distanzierung der Diözese oder eine Einordnung des Verfahrens ist bisher nicht erfolgt.