
Münster: Die Stadt wächst, aber der Wohnraum hält nicht Schritt. Zwar ist der Wohnungsbestand 2024 leicht gestiegen, doch das reicht längst nicht aus, um die angespannte Lage auf dem Immobilienmarkt zu entspannen. Ein genauer Blick auf die aktuelle Entwicklung zeigt: Die Zahl der neu gebauten Wohnungen sinkt, während die Nachfrage gerade bei kleinen Einheiten weiter steigt. Gleichzeitig klettern die Mietpreise unaufhörlich.
Im Jahr 2024 zählt Münster rund 170.800 Wohnungen. Das ist ein Plus gegenüber dem Vorjahr – ein Wachstum von etwa 0,6 Prozent. Klingt solide, doch der Schein trügt: Denn angesichts des stetigen Bevölkerungswachstums, des Trends zu kleineren Haushalten und des hohen Zuzugs, insbesondere junger Menschen, bleibt der Bedarf höher als das Angebot. Die Stadt erreicht ihre eigenen Ausbauziele gerade noch, doch das reicht nicht aus, um den Druck auf dem Wohnungsmarkt zu mildern.
Auffällig ist die Entwicklung bei den Ein-Zimmer-Wohnungen. Ihr Anteil ist in den letzten beiden Jahren spürbar gestiegen. 2022 gab es in Münster rund 18.800 solcher kleinen Wohnungen, inzwischen sind es fast 1.100 mehr. Das entspricht einem Zuwachs von sechs Prozent, ein klares Zeichen dafür, dass immer mehr Menschen allein leben oder für begrenzte Zeit Wohnraum benötigen. Besonders Studierende, Azubis und Berufseinsteiger suchen nach kompakten, bezahlbaren Lösungen, und finden sie oft nicht.
Noch 2023 konnte Münster einen Rekord vermelden: Über 2.200 neue Wohnungen wurden fertiggestellt. Doch dieser Boom scheint vorbei. Die aktuell vorliegenden Zahlen zur Baugenehmigung deuten auf eine deutliche Abkühlung hin. Im ersten Halbjahr 2024 wurden nur noch 578 Wohnungen genehmigt. Das ist nicht nur deutlich weniger als im Vorjahr, sondern ein bedenkliches Signal. Besonders im Bereich der klassischen Mietwohnungen im Neubau ist der Rückgang drastisch.
Gründe dafür gibt es viele: gestiegene Baukosten, lange Genehmigungsverfahren, Fachkräftemangel auf den Baustellen und unsichere wirtschaftliche Rahmenbedingungen. Investoren und Bauherren werden zögerlicher – das hat direkte Folgen für den künftigen Wohnraum.
Wer aktuell eine Wohnung in Münster sucht, braucht Geduld und Glück. Zwar liegt der sogenannte „strukturelle Leerstand“ laut Zensus bei rund zwei Prozent. Doch real verfügbar sind deutlich weniger Wohnungen. Der marktbezogene Leerstand wird auf nur etwa 0,2 bis 0,3 Prozent geschätzt. Das entspricht einer faktischen Vollvermietung. Besonders Familien oder Menschen mit mittlerem Einkommen stehen vor einer schwierigen Lage: Sie konkurrieren mit vielen anderen um das knappe Angebot.
Die angespannt Lage schlägt sich auch in den Preisen nieder. Bestandsmieten liegen inzwischen im Schnitt bei über 11 Euro pro Quadratmeter. Bei Neubauten klettert der Preis schnell auf über 13 Euro. Besonders in zentralen Lagen oder modernen Quartieren wird es für viele unbezahlbar. Auch Eigentum wird immer teurer: Wer eine gebrauchte Eigentumswohnung kaufen möchte, zahlt durchschnittlich über 4.000 Euro pro Quadratmeter. Ein Einfamilienhaus kostet im Schnitt über 600.000 Euro – von den gestiegenen Baulandpreisen ganz zu schweigen.
Zwar gibt es aktuell noch einen Bauüberhang von mehr als 3.500 genehmigten, aber noch nicht fertiggestellten Wohnungen. Doch dieser Puffer wird sich in den nächsten Jahren aufbrauchen – zumal neue Genehmigungen zunehmend seltener werden. Es braucht deshalb neue Impulse. Projekte wie in York, Gremmendorf oder am Hansa-Bahnhof sind wichtige Bausteine für mehr Wohnraum. Doch sie allein werden die Lücke nicht schließen.
Auch alternative Wege müssen stärker in den Blick: etwa die Aufstockung von Bestandsgebäuden, der Umbau leerstehender Gewerbeflächen oder das gezielte Schließen von Baulücken in bestehenden Quartieren. Gleichzeitig braucht es politische Weichenstellungen – von schnelleren Verfahren bis hin zu neuen Fördermodellen für sozialverträglichen Wohnungsbau.
Der aktuelle Zuwachs an Wohnungen ist besser als Stillstand, aber bei weitem nicht ausreichend. Die Schere zwischen Angebot und Nachfrage geht weiter auseinander. Wenn jetzt nicht entschlossen gegengesteuert wird, droht Münster in wenigen Jahren eine spürbare Wohnraumkrise. Die Zahlen mahnen zur Vorsicht und zum Handeln.