
Münster. Ein Bericht der Schweizer Kanalhelden AG sorgt in dieser Woche für Aufmerksamkeit: Laut der sogenannten „Wasserrohrbruch-Studie 2025“ gehört Münster zu den Städten mit besonders hohem Risiko für Rohrschäden im kommenden Winter. Unter 25 deutschen Großstädten landet Münster auf Rang 7 – schlechter schneiden nur Bochum, Dortmund, Essen, Berlin, Dresden und Nürnberg ab. Doch wie belastbar ist dieses Ranking wirklich?
Die Studie stammt nicht aus einem Forschungsinstitut, sondern von einem privaten Dienstleister für Rohr- und Kanalreinigung. Die Kanalhelden AG bietet selbst Leistungen rund um Dichtheitsprüfungen, Kanalinspektionen und Rohrsanierungen an. Schon deshalb ist das Ranking mit Vorsicht zu genießen: Es handelt sich nicht um eine wissenschaftliche Untersuchung, sondern um eine Marketing-Auswertung, die auf öffentlich zugänglichen Daten basiert.
Laut Angaben des Unternehmens flossen drei Faktoren in die Bewertung ein: die Wasserhärte, die prognostizierte Zahl der Frosttage für den Winter 2025/26 und die Häufigkeit von Google-Suchanfragen nach dem Begriff „Wasserrohrbruch“. Diese Parameter sollen gemeinsam anzeigen, wo es im Winter besonders häufig zu Frostschäden an Leitungen kommen könnte.
Dass Münster in Sachen Wasserhärte im oberen Bereich liegt, ist unbestritten. Die Stadtwerke Münster weisen regelmäßig darauf hin, dass das Trinkwasser aus den Gewinnungsgebieten Hornheide, Geist und Hohe Ward als „hart“ gilt. Kalkablagerungen können langfristig zu Verengungen in Leitungen führen, was prinzipiell das Schadensrisiko erhöhen kann.
Allerdings sagt die Wasserhärte allein noch nichts über die tatsächliche Zahl von Rohrbrüchen aus. Entscheidend sind Material, Alter, Druck und Wartung des Netzes – Faktoren, die die Kanalhelden-Studie nicht berücksichtigt. Nach Angaben des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches (DVGW) sind die Wasserverluste im deutschen Versorgungsnetz seit Jahren konstant niedrig. Im Schnitt gehen nur rund sechs Prozent des geförderten Trinkwassers durch Leckagen verloren – ein international sehr guter Wert.
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Auch der zweite Bewertungsfaktor, das Suchinteresse bei Google, wirkt fragwürdig. Ein Anstieg der Suchanfragen nach „Wasserrohrbruch“ im Winter kann viele Ursachen haben: etwa Medienberichte über spektakuläre Fälle, präventive Informationssuche oder Versicherungsfragen. Daraus auf eine tatsächliche Zunahme von Rohrschäden zu schließen, ist methodisch nicht haltbar.
Ähnlich unsicher sind langfristige Prognosen für Frosttage. Gerade regionale Kälteperioden entscheiden über die Belastung der Rohrsysteme – nicht allgemeine Wettermodelle für den Winter.
Auf Anfrage von ms-aktuell.de verweisen die Stadtwerke darauf, dass es in den vergangenen Jahren keine ungewöhnliche Häufung von Rohrbrüchen gegeben habe. Das Netz werde regelmäßig gewartet, und größere Schäden seien die Ausnahme. Sollte es zu Frostperioden kommen, seien die Teams vorbereitet.
Das Ranking der Kanalhelden AG sorgt zwar für Schlagzeilen, liefert aber keine belastbaren Erkenntnisse über die tatsächliche Rohrbruchgefahr in Münster. Die Datengrundlage bleibt oberflächlich, die Auswahl der Parameter beliebig. Für Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer gilt: Gut isolierte Leitungen, kontrollierte Keller und rechtzeitiges Entleeren ungenutzter Außenleitungen bieten weit mehr Schutz als ein Blick in fragwürdige Rankings.