Animal Hoarding nimmt zu: Veterinärämter im Münsterland vor wachsenden Herausforderungen

Animal Hoarding in NRW erreicht Rekordwerte. Auch im Münsterland häufen sich Fälle von Tierhortung – Behörden und Tierschützer fordern mehr Prävention.
Scott Granneman from St. Louis, MO, USA, CC BY-SA 2.0, via Wikimedia Commons

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NRW/Münster. Der Deutsche Tierschutzbund schlägt Alarm: Das krankhafte Sammeln von Tieren – sogenanntes Animal Hoarding – hat in Deutschland ein Rekordniveau erreicht. Laut aktuellen Zahlen, die in einer Kleinen Anfrage an den Landtag NRW thematisiert wurden, wurden bundesweit 147 Fälle bekannt. 32 davon entfallen auf Nordrhein-Westfalen – so viele wie in keinem anderen Bundesland.

Im Durchschnitt fanden Veterinärämter in den betroffenen Haushalten rund 60 Tiere. Besonders häufig betroffen sind Katzen und Hunde. Die Zustände, unter denen die Tiere leben müssen, sind oftmals katastrophal: fehlende Nahrung, mangelnde Hygiene und fehlende tierärztliche Versorgung.

Münsterland bleibt von Fällen nicht verschont

Auch im Münsterland gab es in den vergangenen Jahren mehrere dokumentierte Fälle. In Münster beschlagnahmte das Veterinäramt im Frühjahr 2024 fast 60 Katzen aus einer Wohnung. Wenige Wochen später wurden weitere Vögel aus einer stark verwahrlosten Haltung übernommen. Ähnliche Szenen spielten sich Ende 2024 in Ibbenbüren ab, wo rund 77 Katzen aus einem Haus geholt werden mussten.

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Diese Fälle verdeutlichen, wie schwierig es für Behörden ist, frühzeitig einzugreifen. Denn das Phänomen „Animal Hoarding“ ist im deutschen Tierschutzgesetz nicht gesondert definiert. Die Ämter greifen meist erst dann ein, wenn klare Verstöße gegen das Tierschutzgesetz vorliegen – etwa bei mangelnder Ernährung, fehlender Pflege oder tierquälerischer Haltung.

Keine landesweite Statistik zu Animal Hoarding

Wie aus der Antwort des NRW-Landwirtschaftsministeriums hervorgeht, existieren keine gesonderten Datenbanken oder Statistiken zu Animal-Hoarding-Fällen. Zwar wurden in den vergangenen fünf Jahren landesweit 594 Tierhaltungsverbote ausgesprochen, doch eine Zuordnung speziell zu dieser Problematik ist nicht möglich.

Die Landesregierung verweist darauf, dass Animal Hoarding zwar kein eigenständiges Krankheitsbild sei, aber Ausdruck einer psychischen Störung sein könne. Entsprechend seien Prävention und Therapie in erster Linie Aufgaben des Gesundheitssystems – nicht der Veterinärverwaltung.

Tierschutzbund fordert mehr Therapieangebote

Der Deutsche Tierschutzbund sieht in vielen Fällen eine psychische Erkrankung als Ursache. Viele Betroffene seien überzeugt, ihren Tieren zu helfen – und bemerken nicht, dass sie sie vernachlässigen. Tierschützer fordern daher, dass Betroffene gezielt therapeutische Hilfe erhalten. Nur so könne verhindert werden, dass nach Beschlagnahmungen neue Tierhortungen entstehen.

Nach Erkenntnissen internationaler Forschung gibt es unterschiedliche Typen von Tierhortern: vom „überforderten Pfleger“ über den „Retter“ mit Zwangsstörungen bis hin zum „Ausbeuter“, der Tiere bewusst kontrolliert oder ausnutzt. Während Erstere meist einsichtig sind, gelten die letzteren Formen als besonders problematisch und schwer therapierbar.

Prävention im Münsterland: Katzenschutz und Aufklärung

In einigen Kreisen des Münsterlands laufen bereits präventive Programme. So gelten im Kreis Steinfurt und im Kreis Coesfeld Katzenschutzverordnungen, die unkontrollierte Vermehrung von Streunern verhindern sollen. Beide Kreise haben in den letzten Jahren tausende freilebende Katzen kastrieren lassen.

Tierschutzvereine und Tierheime berichten dennoch von steigenden Fallzahlen und überfüllten Quarantänestationen. Besonders kleine Tierheime geraten bei großen Beschlagnahmungen an ihre Kapazitätsgrenzen.

Ein wachsendes Problem mit vielen Ursachen

Animal Hoarding bleibt ein komplexes Thema an der Schnittstelle von Tierschutz und Psychiatrie. Während Veterinärämter rechtlich erst spät eingreifen dürfen, fehlt es vielerorts an niedrigschwelligen Hilfsangeboten für betroffene Halter. Im Münsterland zeigt sich, dass Prävention, Aufklärung und Zusammenarbeit zwischen Behörden und Tierschutzorganisationen entscheidend sind, um weiteres Tierleid zu verhindern.

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