Verfassungsgericht lehnt Klage von Münster gegen Finanzausgleich ab

Münster und sieben weitere Städte scheitern vor dem Verfassungsgerichtshof NRW mit ihrer Klage gegen das Gemeindefinanzierungsgesetz.
Florian Adler, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

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Münster. Der Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen hat am Dienstag eine wichtige Entscheidung in einem langjährigen Rechtsstreit getroffen. Die Stadt Münster und sieben weitere kreisfreie Städte aus dem Land sind mit ihrer Klage gegen das Gemeindefinanzierungsgesetz gescheitert. Das höchste Landesgericht wies die Verfassungsbeschwerde ab und bestätigte damit die umstrittene Regelung zur kommunalen Finanzverteilung. Die Nachricht bedeutet einen Rückschlag für die Bemühungen der Großstädte, eine Änderung des Systems zu erreichen.

Der Rechtsstreit zieht sich bereits über drei Jahre hin. Seit 2022 kämpfen die acht Kommunen dafür, dass die Landesregierung die Berechnungsgrundlagen für den Finanzausgleich überarbeitet. Im Kern geht es um erhebliche finanzielle Mittel, die den Städten nach deren Auffassung zustehen. Mit der heutigen Entscheidung hat das Gericht jedoch klargestellt, dass der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Finanzausgleichssystems einen weiten Ermessensspielraum besitzt. Die beteiligten Städte müssen nun entscheiden, ob sie weitere rechtliche Schritte prüfen oder das Urteil akzeptieren.

Unterschiedliche Behandlung bei der Steuerkraftberechnung

Das Gemeindefinanzierungsgesetz regelt in Nordrhein-Westfalen, wie die finanziellen Mittel zwischen dem Land und den Kommunen verteilt werden. Dabei spielt die sogenannte Steuerkraftmessung eine zentrale Rolle. Sie gibt an, wie viel Geld eine Kommune theoretisch aus eigenen Steuereinnahmen generieren kann. Je höher die gemessene Steuerkraft, desto geringer fallen die Zuweisungen aus dem Finanzausgleich aus.

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Die kreisfreien Städte werden bei dieser Berechnung jedoch anders behandelt als kleinere Gemeinden, die einem Landkreis angehören. Diese unterschiedliche Bewertung führt dazu, dass die großen Städte bei gleicher tatsächlicher Finanzkraft weniger Zuweisungen erhalten als kreisangehörige Kommunen. Für Münster und die anderen klagenden Städte summieren sich die Einbußen über die Jahre auf beträchtliche Summen. Die betroffenen Kommunen argumentieren, dass sie trotz ihrer Größe mit besonderen Herausforderungen konfrontiert sind, etwa als Oberzentren mit einem hohen Anteil an sozialen Aufgaben und Infrastrukturkosten.

Die unterschiedliche Behandlung basiert auf der Annahme des Gesetzgebers, dass kreisfreie Städte aufgrund ihrer Größe und Struktur über andere Möglichkeiten zur Steigerung ihrer Einnahmen verfügen als kleine Gemeinden. Zudem erfüllen sie neben den gemeindlichen Aufgaben auch Kreisfunktionen, was in der Finanzierung berücksichtigt werden müsse.

Verfassungsbeschwerde wegen Ungleichbehandlung

Die acht kreisfreien Städte, unter ihnen Münster, haben ihre Klage auf einen fundamentalen verfassungsrechtlichen Grundsatz gestützt. Sie sehen in der unterschiedlichen Steuerkraftbewertung einen Verstoß gegen das interkommunale Gleichbehandlungsgebot. Dieses Prinzip besagt, dass alle Kommunen in Nordrhein-Westfalen grundsätzlich gleich behandelt werden müssen, wenn es keine sachlichen Gründe für eine Differenzierung gibt.

Nach Auffassung der Städte rechtfertigt die bloße Tatsache, dass eine Kommune kreisfrei ist, keine schlechtere Bewertung im Finanzausgleichssystem. Sie verwiesen darauf, dass auch große Städte mit erheblichen finanziellen Belastungen zu kämpfen haben. Die Annahme, kreisfreie Städte hätten automatisch bessere Möglichkeiten zur Einnahmesteigerung, entspreche nicht der Realität. Besonders die zusätzlichen Aufgaben als Oberzentrum und die Versorgung des Umlandes würden die finanzielle Situation belasten.

Die Kläger forderten das Verfassungsgericht auf, die entsprechenden Regelungen im Gemeindefinanzierungsgesetz für verfassungswidrig zu erklären und den Landesgesetzgeber zu einer Neuregelung zu verpflichten. Sie hofften auf eine Entscheidung, die zu mehr Gerechtigkeit im kommunalen Finanzausgleich führen würde.

Gericht bestätigt Differenzierung als zulässig

Der Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen folgte der Argumentation der klagenden Städte jedoch nicht. In seiner Entscheidung stellte das Gericht fest, dass die Unterscheidung zwischen kreisfreien und kreisangehörigen Kommunen bei der Steuerkraftmessung verfassungsrechtlich zulässig ist. Ein Verstoß gegen das interkommunale Gleichbehandlungsgebot liege nicht vor.

Das Gericht begründete sein Urteil damit, dass die vom Gesetzgeber gewählte Differenzierung sachlich vertretbar sei. Der Landesgesetzgeber verfüge bei der Ausgestaltung des Finanzausgleichs über einen erheblichen Gestaltungsspielraum. Solange die getroffenen Regelungen auf nachvollziehbaren Erwägungen beruhen und nicht willkürlich sind, müsse das Verfassungsgericht sie akzeptieren. Die Richter sahen in der unterschiedlichen Behandlung der beiden Gemeindegruppen ausreichende sachliche Gründe.

Nach Auffassung des Gerichts darf der Gesetzgeber die strukturellen Unterschiede zwischen kreisfreien Städten und kreisangehörigen Gemeinden bei der Finanzverteilung berücksichtigen. Die Tatsache, dass kreisfreie Städte sowohl gemeindliche als auch Kreisaufgaben wahrnehmen, rechtfertige eine abweichende Bewertung ihrer Finanzkraft. Damit bestätigte das Gericht die bisherige Praxis des Landes.

Weiteres Vorgehen der Städte offen

Mit der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs steht fest, dass die geltenden Regelungen im Gemeindefinanzierungsgesetz vorerst Bestand haben. Für Münster und die sieben anderen klagenden Städte bedeutet dies, dass sie weiterhin nach den bisherigen Maßstäben im Finanzausgleich behandelt werden. Die erhofften Mehreinnahmen bleiben aus.

Ob die Städte weitere rechtliche Schritte einleiten werden, ist derzeit noch unklar. Grundsätzlich wäre eine Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht nach Karlsruhe denkbar, wenn die Kommunen grundsätzliche verfassungsrechtliche Fragen von bundesweiter Bedeutung geltend machen können. Allerdings sind die Erfolgsaussichten schwer einzuschätzen, nachdem bereits das Landesverfassungsgericht die Regelung gebilligt hat.

Neben dem Rechtsweg bleibt den Städten die Möglichkeit, auf politischer Ebene für eine Änderung des Gemeindefinanzierungsgesetzes zu werben. Der Städtetag Nordrhein-Westfalen könnte dabei eine wichtige Rolle spielen. Letztlich liegt es am Landtag, ob er die Berechnungsgrundlagen für den kommunalen Finanzausgleich überarbeitet und den kreisfreien Städten entgegenkommt. Die heutige Gerichtsentscheidung dürfte diese politische Debatte neu befeuern.

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