Bauturbo der Bundesregierung: Münsteraner Grüne warnen vor Risiken beim Wohnungsbau

Sylvia Rietenberg kritisiert den Koalitionsvertrag 2025 als sozialpolitisch unausgewogen und warnt vor einer Rückkehr zu Sanktionen beim Bürgergeld. Der Bauturbo der Bundesregierung sorgt für Kritik der Grüne aus Münster. Diese warnen vor Folgen für Umwelt und soziale Gerechtigkeit.
Foto: Paul Metzdorf

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Münster. Die Bundesregierung will den Wohnungsbau mit einem sogenannten Bauturbo beschleunigen. Doch in Münster regt sich Widerstand. Die Grünen-Abgeordneten Sylvia Rietenberg (Bundestag) und Robin Korte (Landtag) sehen in dem Gesetzespaket einen gefährlichen Schnellschuss. Der Bauturbo der Bundesregierung solle zwar Planungsprozesse verkürzen und den Wohnungsmarkt entspannen – doch nach Ansicht der Kritiker drohen erhebliche Schäden für Umwelt, Städtebau und soziale Gerechtigkeit.

Was der Wohnungsbau-Turbo der Ampel-Koalition vorsieht

Das Bundeskabinett hat Mitte Juni 2025 ein umfassendes Gesetzespaket beschlossen. Ziel ist es, Genehmigungen für neue Wohnungen deutlich schneller zu erteilen. Künftig sollen Kommunen Bauprojekte auch ohne aufwändige Bebauungspläne umsetzen können. Ein zentrales Instrument dafür ist der neue § 246e BauGB, der bis Ende 2030 gelten soll. Genehmigungen könnten dann bereits nach zwei Monaten erteilt werden – ein Bruch mit bisherigen Planungsverfahren.

Die Ampel setzt dabei auf weniger Bürokratie, Umnutzungen bestehender Gebäude und eine moderate Öffnung des Außenbereichs. Gleichzeitig verspricht Bauministerin Verena Hubertz, dass Umwelt- und Vergaberecht gewahrt bleiben. Die Planungshoheit der Kommunen werde nicht angetastet. Trotzdem kritisieren viele Stimmen, dass diese Veränderungen zu Wildwuchs führen könnten.

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Münsteraner Grüne kritisieren Bauturbo der Bundesregierung scharf

In Münster stoßen die Pläne auf entschiedene Ablehnung. Bundestagsabgeordnete Sylvia Rietenberg hält das Konzept für unausgereift. Zwar sei der Bedarf an bezahlbarem Wohnraum unbestritten, doch das Gesetz enthalte keine Garantien für soziale Gerechtigkeit. Stattdessen öffne es Tür und Tor für Spekulationen, die Umweltstandards aushebeln und Bürgerbeteiligung schwächen könnten.

Auch Robin Korte, Landtagsabgeordneter und kommunalpolitischer Sprecher der Grünen NRW, warnt: Flächen am Stadtrand könnten künftig ohne ausreichende Umweltprüfungen bebaut werden. Das führe zu einem Verlust wertvoller Böden und einer Abkehr von der nachhaltigen Stadtentwicklung.

Kritik aus Stadtplanung und Naturschutz

Nicht nur die Grünen schlagen Alarm. Der Naturschutzbund NABU sieht im neuen Paragrafen einen „gefährlichen Irrweg“. Deutschland drohe, seine Klimaziele zu verfehlen, wenn die Versiegelung von Flächen in diesem Tempo voranschreitet. Zudem kritisieren Fachleute den Verlust der Beteiligungskultur. Wenn Bürgerinnen und Bürger kaum noch einbezogen würden, könnten Fehlplanungen zunehmen.

Auch Städteplaner warnen vor langfristigen Schäden. Besonders Nachverdichtungen, Dachaufstockungen und Hinterhofbebauung müssten genau geplant werden, um lebenswerten Wohnraum zu schaffen. Die befürchtete Entwertung bestehender Stadtbilder sei real, wenn neue Bauten nicht ins Umfeld passen.

Alternativen: Sozial und ökologisch bauen – aber richtig

Die Kritiker fordern ein Umdenken. Statt immer neuer Baugebiete an den Stadträndern solle bestehender Wohnraum besser genutzt werden. Leerstände müssten erfasst, alte Gebäude aufgestockt und innerstädtische Flächen intelligent verdichtet werden. Zudem brauche es Investitionen in den sozialen Wohnungsbau und Instrumente wie eine Mietpreisbremse oder einen Mietendeckel.

Die Grünen in Münster fordern mehr Steuerungsmöglichkeiten für Kommunen. Nur mit klaren sozialen und ökologischen Leitplanken könne eine zukunftsfähige Wohnungsbaupolitik gelingen.

Der Bundestag berät: Zwischen Wohnungsnot und Zukunftsfragen

Das Gesetzespaket zum Bauturbo der Bundesregierung wird nun im Bundestag beraten. Eine erste Lesung ist noch vor der Sommerpause geplant. Während die Ampel-Koalition auf Tempo drängt, bleibt abzuwarten, ob die Kritik aus Städten wie Münster zu Änderungen führen wird.

Die Debatte steht exemplarisch für einen größeren Konflikt: Wie lassen sich schnelle Lösungen mit langfristiger Verantwortung vereinbaren?

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