
Münster/AI. Die lokale Gruppe Omas gegen Rechts Münster hat den Rückzug der Juristin Frauke Brosius-Gersdorf von der Kandidatur für das Bundesverfassungsgericht scharf kritisiert. In einer Stellungnahme wirft sie der CDU/CSU mangelnde Unterstützung, die Kapitulation vor Kampagnen sowie fehlende Fairness vor. Zugleich fordert sie transparente Verfahren und Rückgrat gegenüber Desinformation. Hintergrund ist die abgesetzte Richterwahl im Bundestag am 11. Juli sowie Brosius-Gersdorfs Verzicht am 7. August, den sie mit klarer Ablehnung in der Unionsfraktion begründete.
Die Omas gegen Rechts Münster sehen im Rückzug „ein alarmierendes Beispiel“ fehlender Unterstützung für Frauen in der Union. Sie kritisieren, dass die Kandidatin keine faire Gelegenheit zur persönlichen Vorstellung erhalten habe, obwohl gerade eine sachliche Bewertung nötig gewesen wäre. Zudem verorten sie die Auseinandersetzung im Kontext einer „frauenfeindlichen“ Kampagnenlogik und fordern faire, transparente Verfahren, in denen weibliche Kandidaten auf Augenhöhe behandelt werden. Deutlich angesprochen wird auch die Debatte um Schwangerschaftsabbrüche, die aus Sicht der Gruppe entkriminalisiert werden sollte.
Richterinnen und Richter am Bundesverfassungsgericht werden je zur Hälfte von Bundestag und Bundesrat gewählt. Erforderlich ist jeweils eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Dieses hohe Quorum soll eine parteipolitische Schlagseite verhindern und den überparteilichen Konsens sichern. In diesem Sommer setzte der Bundestag die geplanten Wahlen ab, nachdem es parteiübergreifend Zweifel und offene Konfliktlinien gab.
Für den 11. Juli war die Wahl von mehreren Richterposten vorgesehen. Nach einer kontroversen Debatte wurde sie von der Tagesordnung genommen. In der Folge erklärte Frauke Brosius-Gersdorf am 7. August ihren Verzicht. In ihrer schriftlichen Begründung verwies sie darauf, dass Teile der Unionsfraktion ihre Wahl kategorisch ausschließen würden. ZDFheute und LTO dokumentierten den Rückzug und die Begründung im Wortlaut. Politische Beobachter rechneten bereits zuvor mit einer Verschiebung der Wahlen in den Herbst.
Ein Kernstreitpunkt betrifft die rechtliche Einordnung von Schwangerschaftsabbrüchen. Die Ampel hatte 2021 eine Kommission eingesetzt, die Wege für eine Regulierung außerhalb des Strafgesetzbuchs prüfen sollte. Deren Abschlussbericht empfiehlt, Abbrüche grundsätzlich aus dem Strafrecht herauszulösen. Kritiker der Kandidatin griffen wiederholt ihre wissenschaftlichen Positionierungen zu diesem Themenfeld auf. LTO fasst die Kontroverse zusammen, die auch zeigte, wie schnell fachliche Thesen politisiert werden.
Der Fall steht exemplarisch für die empfindliche Balance des Wahlmodus. Das Zwei-Drittel-Quorum zwingt zu breiten Kompromissen, erschwert aber in polarisierten Phasen tragfähige Mehrheiten. Zugleich beschädigen vertagte Wahlen und öffentlich geführte Kampagnen das Vertrauen in ein Verfahren, das gerade Distanz zur Tagespolitik sichern soll. Juristische Fachmedien betonen daher die Funktion des Quorums und warnen zugleich vor weiterer Politisierung.
Für die Omas gegen Rechts Münster ist der Streit mehr als ein Berliner Machtpoker. Die Gruppe fordert Mut zu fairen Verfahren, Schutz vor Desinformation und ein klares Signal für Gleichberechtigung. Ihre Stellungnahme macht deutlich, dass bundespolitische Personalentscheidungen auch vor Ort aufmerksam verfolgt werden – und dass zivilgesellschaftliche Akteure den Ton in Richtung Transparenz und Respekt setzen wollen.