Bürgermeisterbilanz Greven: Fünf Jahre Dietrich Aden – Erfolge, Kritik und offene Baustellen

Fünf Jahre Dietrich Aden in Greven: Was wurde erreicht, wo hakt es? Eine fundierte Bürgermeisterbilanz mit Projekten, Kritik und Ausblick.
Greven: Blick auf das Kesselhaus und das historische Ballenlager (Aufnahme von 2014). Foto: © Frank Vincentz, CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons

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Greven. Seit 2020 führt Dietrich Aden das Rathaus. Fünf Jahre später fällt die Zwischenbilanz gemischt aus. Einerseits wurden zentrale Projekte angestoßen und sichtbar vorangebracht. Andererseits blieb manches hinter Erwartungen zurück. Dieser Überblick ordnet die wichtigsten Erfolge, die größten Streitpunkte und die offenen Fragen ein.

Stadtentwicklung: Viel angeschoben – doch nicht ohne Debatten

Unter Aden erhielt die Innenstadt neue Impulse. Trotz Pandemie blieben die Lagen vergleichsweise lebendig; neue Geschäfte kamen hinzu, bestehende Betriebe erweiterten sich. Zudem wird das integrierte Innenstadtkonzept fortgeschrieben, damit es den durch Corona beschleunigten Strukturwandel abbildet.

Rathausneubau mit Stadtbibliothek

Ein zentrales Projekt ist der Neubau des Rathauses inklusive Stadtbibliothek. Der Rat entschied sich mit breiter Mehrheit dafür, das marode Bestandsgebäude am Busbahnhof zu ersetzen. Ein Architektenwettbewerb wurde durchgeführt; der Siegerentwurf soll umgesetzt werden. Allerdings ist das Vorhaben politisch umstritten. Kritiker monieren die Dimensionen und fürchten Auswirkungen auf Veranstaltungen wie die Kirmes. Die Stadt widerspricht und verweist auf öffentliche Beschlüsse sowie transparente Verfahren.

Wohnraum in Reckenfeld

Als weiterer Schwerpunkt gilt die Ortsmitte Reckenfeld. Auf dem Areal der ehemaligen Hauptschule entsteht ein neues Quartier mit rund 80 preiswerten Mietwohnungen sowie Reihenhäusern in nachhaltiger Bauweise. Die Gründung einer Wohnungsbaugenossenschaft wurde parteiübergreifend gelobt. Trotzdem bleibt in der Kernstadt bezahlbarer Wohnraum knapp – hier besteht weiterhin Handlungsdruck.

Wirtschaft und Finanzen: Starke Jahre – aber wachsende Risiken

Grevens Wirtschaft zeigte sich robust. Besonders Industrie und Logistik entwickelten sich stabil. 2021 erreichten die Gewerbesteuereinnahmen Rekordhöhe, sodass der Haushalt wieder ausgeglichen werden konnte. Das stärkte den finanziellen Spielraum.

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Parallel dazu wurden Zukunftsprojekte angeschoben: Ein neues Gewerbegebiet an der Gutenbergstraße wird erschlossen, außerdem investierte die Stadt in Glasfaser und ein strategisches Gewerbeflächenkonzept. Fördermittel – etwa aus dem Sofortprogramm Innenstadt – halfen, Leerstände zu bekämpfen und das Zentren-Management zu stärken.

Gleichwohl gibt es Schattenseiten. Der Flughafen Münster/Osnabrück belastet den Haushalt weiterhin mit jährlichen Zuschüssen. Einzelne Ansiedlungen verzögerten sich, und nicht jeder Leerstand ließ sich kurzfristig schließen. Zudem steigen Personal- und Energiekosten; mittelfristig könnte das den Etat erneut unter Druck setzen.

Klimaschutz und Umwelt: Anerkannt – doch mit Luft nach oben

Greven trägt den European Energy Award (EEA) in Gold seit 2013 (erneut bestätigt 2016 und 2020). 2022 wurde beschlossen, dass der gesamte Stadtkonzern – also Verwaltung, Stadtwerke und technische Betriebe – bis 2040 bilanziell klimaneutral arbeiten soll. Ein Maßnahmenplan ist in Arbeit.

Vorzeigeprojekte und Nahwärme

In Neubaugebieten wie der „Wüste“ sowie an den Ems-Terrassen wurden effiziente Energiekonzepte umgesetzt. Darüber hinaus unterstützt die Stadt ein Nahwärmeprojekt im Süden, das regenerative Wärme für Quartiere bereitstellen soll. Das stärkt Klimaschutz und Versorgungssicherheit zugleich.

Kritikpunkte

Gleichzeitig fordern Verbände und Teile der Politik mehr Tempo – insbesondere beim Ausbau erneuerbarer Energien. Ein kommunaler Klimafonds kam bislang nicht zustande, und Windkraftvorhaben brauchten länger als erhofft. Die Botschaft der Kritiker: Ziele sind gesetzt, doch die Umsetzung muss konsequenter und schneller werden.

Verkehr und Mobilität: Kurswechsel begonnen – Ergebnis offen

Ein Radverkehrskonzept legt Maßnahmen für sichere Wege und Lückenschlüsse fest. An der überregionalen Veloroute Greven–Münster wird gearbeitet, um Pendelverbindungen attraktiver zu machen. Zudem wirbt die Stadt regelmäßig mit Aktionen wie dem Stadtradeln fürs Umsteigen.

Innenstadt-Verkehrsversuch

Seit Mai 2022 testete Greven neue Führungen auf der Rathausstraße – zeitweise als Einbahnstraße mit mehr Aufenthaltsflächen. Die wissenschaftliche Begleitung attestierte, dass eine reduzierte Verkehrsführung machbar ist, jedoch bauliche Anpassungen erfordert. Weil es zu Ausweichverkehr kam, musste nachgesteuert werden. Ein dauerhafter Umbau ist noch nicht entschieden; die Stadt setzt auf weitere Beteiligung und saubere Planung.

ÖPNV und Haltestellen

Im öffentlichen Nahverkehr wurden Takte und Linien geprüft; punktuell gab es Verbesserungen. Dennoch wünschen sich viele Bürger dichtere Verbindungen in den Abendstunden sowie attraktivere Haltestellen. Hier besteht weiterer Bedarf.

Verwaltung, Beteiligung und Digitalisierung: Offen, digital – aber mit Engpässen

Aden kommuniziert offensiv. Wöchentliche Video-Updates, Social-Media-Formate und Info-Beiträge sorgen dafür, dass Entscheidungen zügig erklärt werden. Das erreicht auch Zielgruppen, die klassische Kanäle seltener nutzen.

Parallel schreitet die Digitalisierung der Verwaltung voran: mehr Online-Services, mobiles Arbeiten und ein moderneres Dokumentenmanagement. Bürgerdialoge – etwa zur Zukunft der Rathausstraße – gehören mittlerweile zur Standardpraxis.

Allerdings zeigen sich Kapazitätsgrenzen. Bei komplexen Projekten, insbesondere in der Schul- und Infrastrukturplanung, führten Personal- und Planungsengpässe zu Verzögerungen. Zudem wünschen sich Teile der Öffentlichkeit bei Großvorhaben noch frühere, noch verständlichere Kommunikation.

Soziales, Bildung und Kultur: Viel Einsatz – doch Erwartungen steigen

Im Kita-Bereich wurden zusätzliche Plätze geschaffen; Neubauten setzen auf nachhaltige Standards und bedarfsgerechte Betreuung. Im Bildungs- und Sportbereich gilt das geplante Sportzentrum „Emsaue“ als Meilenstein: Es soll Schule und Verein gleichermaßen nutzen und die Sportinfrastruktur sichtbar stärken.

Dennoch bleiben Aufgaben: Die G9-Rückkehr bindet Flächen und Budgets; temporäre Lösungen werden immer wieder diskutiert. Jugend- und Kulturakteure mahnen verlässliche Räume, planbare Förderung und weniger Hürden an. Insgesamt ist der Trend positiv, doch die Szene erwartet mehr Tempo und klare Prioritäten.

Substanz vorhanden – Umsetzung entscheidet

Die Bürgermeisterbilanz Greven fällt differenziert aus. Dietrich Aden hat zentrale Vorhaben gestartet, die Verwaltung geöffnet und den Klimakurs bestätigt. Gleichzeitig bleiben Verkehr, sozialer Ausgleich und kultur- sowie jugendpolitische Anliegen eine harte Bewährungsprobe. Entscheidend wird sein, ob Planung, Personal und Finanzierung in den kommenden Jahren so verzahnt werden, dass aus guten Konzepten zügig sichtbare Realität wird.

CDU-Kurs mit Struktur – aber wenig Mut zur sozialen oder ökologischen Offensive

Dietrich Aden hat in seinen fünf Jahren im Amt vor allem auf Stabilität, Planungssicherheit und strukturelle Entwicklung gesetzt – ein Kurs, der klar der DNA klassischer CDU-Kommunalpolitik entspricht. Wirtschaftsförderung, Investitionen in Infrastruktur und eine zurückhaltende, technologieoffene Klimapolitik prägen seine Handschrift. Doch dieser Kurs hat auch Grenzen aufgezeigt: Soziale Themen wie Jugendförderung, Kultur oder bezahlbarer Wohnraum wurden vielfach vertagt oder nur punktuell adressiert. Auch beim Klimaschutz blieb es zu oft bei strategischen Absichtserklärungen – konkrete Fortschritte kommen nur langsam. Aden regiert sachlich, solide und kommunikationsoffen, doch politisch riskiert er wenig. Viele seiner Projekte sind anschlussfähig, aber selten visionär. Damit steht er exemplarisch für eine CDU-Kommunalpolitik, die auf Ordnung, Effizienz und Maß setzt – in einer Zeit, in der viele Bürger sich jedoch auch mehr Mut zur Veränderung wünschen.

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