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Gerry Weber schließt Filialen: Modehaus zieht sich auch aus Münster zurück

Gerry Weber zieht sich aus dem stationären Handel zurück – auch vier Filialen in Münster sind betroffen. Welche Auswirkungen die Schließung für Innenstadt, Arbeitsmarkt und Kundschaft hat.

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Traditionsmarke vor dem Aus – auch Münster betroffen

Der Modekonzern Gerry Weber steht kurz vor dem vollständigen Rückzug aus dem stationären Einzelhandel. Im Zuge der laufenden Insolvenz sollen alle rund 40 verbliebenen Filialen in Deutschland in den kommenden Monaten geschlossen werden. Auch in Münster sind mehrere Standorte betroffen. Das Aus der Geschäfte dürfte nicht nur modische Spuren hinterlassen, sondern auch wirtschaftliche und soziale Auswirkungen für die Innenstadt haben.

Welche Gerry-Weber-Filialen in Münster betroffen sind

In Münster unterhält Gerry Weber derzeit vier Filialen. Der prominenteste Standort befindet sich in den Münster Arkaden an der Ludgeristraße, wo das Unternehmen unter dem Namen „House of Gerry Weber“ firmiert. Eine weitere Filiale wurde 2021 am Prinzipalmarkt eröffnet. Dort bietet das Unternehmen auf 210 Quadratmetern Verkaufsfläche Damenmode sowie die Naturkosmetikmarke „Und Gretel“ an. Weitere Standorte existieren an der Loerstraße in der Innenstadt sowie an der Mondstraße, etwas außerhalb des Zentrums. Die geplante Schließung aller deutschen Filialen lässt erwarten, dass auch diese Münsteraner Geschäfte davon betroffen sein werden. Allerdings gibt es Hinweise, dass zumindest die Filiale am Prinzipalmarkt eventuell weiterbestehen könnte. Gespräche mit dem Vermieter seien im Gange, doch ein Ergebnis steht bislang aus.

Gerry Weber meldet erneut Insolvenz an

Der angekündigte Rückzug erfolgt vor dem Hintergrund einer langanhaltenden Krise. Bereits im März 2025 hatte Gerry Weber zum dritten Mal innerhalb von sechs Jahren Insolvenz angemeldet. Zuvor hatte das Unternehmen bereits 2019 und 2023 tiefgreifende Einschnitte vorgenommen, darunter die Schließung von über 120 Filialen und der Abbau von mehreren hundert Arbeitsplätzen. Die Sparmaßnahmen zeigten jedoch keine nachhaltige Wirkung. Nun folgt der radikale Schritt: der vollständige Rückzug aus dem stationären Einzelhandel. Auch der Unternehmenssitz in Halle (Westfalen), an dem rund 280 Mitarbeitende beschäftigt sind, wird geschlossen.

Spanische Victrix Group übernimmt Markenrechte

Trotz der Schließungen bleibt der Markenname Gerry Weber bestehen. Die spanische Victrix Group, zu der die Modemarke Punt Roma gehört, übernimmt die Markenrechte im Rahmen eines sogenannten Asset Deals. In Zukunft soll die Mode von Gerry Weber über externe Handelspartner vertrieben werden, die neben dieser Marke auch andere Labels im Sortiment führen. Die Produktion wird in die Unternehmensstruktur von Victrix integriert, eine erste neue Kollektion ist für das vierte Quartal 2025 angekündigt. Finanzielle Details zum Kauf wurden nicht veröffentlicht, über die Konditionen wurde Stillschweigen vereinbart.

Was die Schließungen für Münster bedeuten

Der Verlust mehrerer Gerry-Weber-Filialen trifft Münster in einer Phase, in der der stationäre Einzelhandel ohnehin unter Druck steht. Die Leerstände in zentralen Lagen wie den Münster Arkaden oder am Prinzipalmarkt könnten sich negativ auf die Attraktivität der Innenstadt auswirken. Eine sinkende Kundenfrequenz würde auch andere Geschäfte treffen, die auf Laufkundschaft angewiesen sind. Darüber hinaus verlieren zahlreiche Mitarbeitende ihre Arbeitsplätze. Besonders betroffen sind Studierende und Aushilfskräfte, für die ein Nebenjob bei Gerry Weber häufig eine finanzielle Stütze war.

Krise in der Modebranche verschärft sich

Die Insolvenz von Gerry Weber reiht sich ein in eine ganze Reihe von Krisenfällen in der deutschen Modebranche. Zuletzt meldeten auch bekannte Unternehmen wie Galeria, Esprit und Sinn Insolvenz an. Branchenexperten sehen die Gründe in einer Kombination aus Konsumzurückhaltung, steigenden Betriebskosten und dem strukturellen Wandel hin zum Onlinehandel. Besonders Modeanbieter im mittleren Preissegment geraten zunehmend unter Druck. Gerry Weber steht dabei exemplarisch für die Herausforderungen, mit denen traditionelle Filialisten heute konfrontiert sind.

Zukunft der Ladenflächen noch ungewiss

Was aus den frei werdenden Verkaufsflächen in Münster wird, ist bislang unklar. Denkbar wären kurzfristige Nachnutzungen durch Pop-up-Stores oder lokale Einzelhändler. Langfristig könnte sich jedoch ein neues Problem abzeichnen: Bleiben zentrale Flächen längere Zeit leer, droht ein Imageverlust für die gesamte Innenstadt. Stadtverwaltung und Wirtschaftsförderung stehen nun vor der Aufgabe, geeignete Konzepte zu entwickeln, um solche Entwicklungen frühzeitig aufzufangen.

Gerry Weber bleibt als Marke erhalten – doch Münster verliert ein Stück Vielfalt

Auch wenn der Markenname Gerry Weber durch die Übernahme erhalten bleibt, verliert Münster ein bekanntes Gesicht im Stadtbild. Der Rückzug des Unternehmens steht sinnbildlich für die schwierige Lage im innerstädtischen Einzelhandel und macht deutlich, wie schnell ehemals stabile Strukturen ins Wanken geraten können. Für viele langjährige Kundinnen, insbesondere in der älteren Zielgruppe, wird die Schließung der Filialen ein schmerzhafter Einschnitt sein. Ob neue Konzepte oder Anbieter die entstehende Lücke füllen können, bleibt abzuwarten.

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