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Kindergeldbetrug: Die Stadt Münster schaut weg

Warum beteiligt sich Münster nicht am Projekt Missimo zur Bekämpfung von Kindergeldbetrug? Kritik, Risiken und Vorbilder im Überblick.
Symbolbild: Anna Gutierrez

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Was steckt hinter Missimo in Münster?

Das Projekt Missimo in Münster steht sinnbildlich für einen Streit über richtige Strategien gegen Sozialleistungsbetrug. Missimo wurde 2019 vom Landeskriminalamt NRW ins Leben gerufen, um gezielt betrügerische Kindergeldzahlungen aufzudecken. Der Name steht für „Missbrauch von Sozialleistungen systematisch erkennen und minimieren“.

Kern des Projekts ist ein strukturierter Datenaustausch. Daran beteiligt sind lokale Behörden wie das Ordnungsamt, die Familienkasse, das Jobcenter und die Polizei. Durch diesen Austausch lassen sich verdächtige Muster schneller erkennen und prüfen. Beispielsweise kann eine fehlende Schulmeldung oder eine fragwürdige Meldeadresse zu weiteren Kontrollen führen. In vielen Fällen wird danach die Kindergeldzahlung gestoppt.

Münster verzichtet – trotz bekannter Risiken

Trotz der dokumentierten Erfolge in anderen Städten beteiligt sich Münster nicht an Missimo. Die Stadtverwaltung sieht keinen akuten Handlungsbedarf. Es gebe keine Auffälligkeiten wie im Ruhrgebiet. Daher bleibe man im Austausch mit anderen Kommunen, verzichte jedoch auf eigene Ermittlungen.

Ein weiteres Argument der Stadt ist der hohe organisatorische Aufwand. Die nötige Zusammenarbeit vieler Stellen sei personell und logistisch herausfordernd. Dennoch bleibt fraglich, ob diese Zurückhaltung gerechtfertigt ist – denn es ist wahrscheinlich, dass es auch in Münster ein Dunkelfeld gibt.  

Es handelt sich bei Sozialbetrug um ein sogenanntes Kontrolldelikt. Das bedeutet, dass sich keiner aktiv bei einem Amt meldet und den Sozialbetrug anzeigt, sondern dass erst aktive Kontrollen die Machenschaften ans Licht bringen. 

Wuppertal zeigt, wie es anders geht

Ein Blick nach Wuppertal macht deutlich, welches Potenzial Missimo hat. Dort wurden seit Einführung des Projekts über 350 Verdachtsfälle untersucht. In fast der Hälfte der Fälle wurde die Kindergeldzahlung eingestellt. So konnten über 1,6 Millionen Euro eingespart werden. Diese Zahlen belegen, dass sich strukturierte Kontrollen lohnen.

Die Stadt Wuppertal lobt die gute Zusammenarbeit aller Beteiligten. Besonders betont wird, dass das Modell praxistauglich sei. Die Erfahrungen zeigen: Mit einem klaren Ablauf und festen Ansprechpartnern lassen sich Missbrauchsfälle schnell erkennen und beenden.

Melderechtliche Hürden erschweren Kontrollen

Ein weiteres Problem zeigt sich im Meldesystem selbst. In der Praxis gibt es große Unterschiede zwischen den Kommunen. Einige Meldebehörden nehmen Abmeldungen bereits auf Basis eines einfachen Vermieterschreibens vor. Andere verlangen aufwendige Ermittlungen mit Ortsterminen und Dolmetschern. So kann es passieren, dass Personen noch lange als wohnhaft gemeldet sind, obwohl sie längst ausgezogen sind – und weiterhin Sozialleistungen beziehen.

Laut Innenministerium ist die Speicherung genauer Wohnungsangaben wie „1. Etage links“ rechtlich zulässig. Auch Abmeldungen von Amts wegen sind möglich, wenn es konkrete Hinweise gibt. Trotzdem setzen manche Städte diese Möglichkeiten nur eingeschränkt um. Das erschwert nicht nur Ermittlungen, sondern lässt Betrügern mehr Spielraum.

Informationsaustausch oft lückenhaft

Missimo in Münster könnte auch helfen, eine andere Schwachstelle zu beheben: den Austausch zwischen Behörden. Zwar existieren rechtliche Grundlagen, die Datenübermittlungen erlauben. Doch in der Praxis bleiben viele Informationen liegen. Ohne strukturierte Kommunikation entstehen Lücken, die Missbrauch begünstigen. Missimo füllt diese Lücken durch direkte Abstimmung – eine Chance, die Münster bisher ungenutzt lässt.

Münster sollte handeln – bevor es teuer wird

Die Entscheidung der Stadt Münster, sich nicht an Missimo zu beteiligen, bleibt umstritten. Kritiker sehen darin eine vertane Chance. Andere Städte zeigen, wie viel Geld und Vertrauen durch gezielte Kontrollen gewonnen werden kann. Angesichts steigender Sozialausgaben sollte Münster prüfen, ob die eigene Strategie noch zeitgemäß ist. 

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