
Die Lange Nacht der Bildung am Institut für Politikwissenschaft der Universität Münster steht erneut in der Kritik – obwohl das diesjährige Programm breiter aufgestellt ist als im vergangenen Jahr. Besonders das Junge Forum der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG) Münster und die Plattform „Minimum“ melden sich kritisch zu Wort.
Die Veranstaltungsreihe, organisiert von der Fachschaft Politik, war im vergangenen Jahr bereits Gegenstand intensiver Debatten. In diesem Jahr fällt die Liste der Redner deutlich gemischter aus, dennoch äußern Kritiker weiterhin deutliche Vorbehalte – insbesondere in Bezug auf einzelne eingeladene Gäste und deren politische Positionierungen.
Das Junge Forum der DIG Münster bezeichnet die Veranstaltung in einer Stellungnahme als „Lange Nacht des Israelhasses“. Auch die Analyseplattform „Minimum“ spricht von einer Veranstaltung, die „wenig mit Bildung, aber viel mit ideologisch aufgeladener Rhetorik“ zu tun habe.
Im Zentrum der Kritik steht unter anderem Nadja Habibi. Ihr wird vorgeworfen, antisemitische Narrative zu bedienen, etwa durch die Verharmlosung von Gewalt gegen sogenannte „zionistische Orte“. Außerdem habe sie sich öffentlich mit Gruppen wie „Samidoun“ solidarisiert – einer in Deutschland verbotenen Vereinigung mit Nähe zur PFLP.
Auch der Komponist Wieland Hoban vom Verein „Jüdische Stimme“ wird genannt. Ihm wird eine Verharmlosung der Terroranschläge vom 7. Oktober sowie Unterstützung für die BDS-Kampagne vorgeworfen. Das Junge Forum kritisiert insbesondere, dass Hoban sich als „repräsentative jüdische Stimme“ präsentiere, während seine Aussagen die Shoa relativierten und die Gewalt der Hamas beschönigten.
Zudem richtet sich die Kritik gegen Gruppen wie „Migrantifa Berlin“, denen eine zunehmende Radikalisierung und Nähe zu antiisraelischen Parolen vorgeworfen wird. Unter anderem wird auf ihre Beteiligung an Demonstrationen mit Slogans wie „Intifada bis zum Sieg“ oder „From the river to the sea“ verwiesen.
Die veranstaltende Fachschaft betont in ihrer Ankündigung zur Langen Nacht der Bildung an der Uni Münster, dass das Programm eine breite inhaltliche Vielfalt abbilden soll. Neben gesellschaftspolitischen Themen wie Rechtsruck, Migrationspolitik und linker Theorie stehen auch internationale Perspektiven im Mittelpunkt. Der Vortrag von Nadja Habibi etwa trägt laut Ankündigung den Titel „Liberal, selbstbestimmt, ausgebeutet? Eine marxistische Kritik der Sexarbeitsdebatte“ und behandelt damit ein ganz anderes Thema als in der öffentlichen Kritik vermutet. Die Fachschaft verweist zudem auf eine ausgewogene Themenmischung – von aktuellen Debatten bis hin zu theoretischen Reflexionen. Ziel sei ein erkenntnisreicher Abend mit Raum für Diskussion und Austausch. In der Programmübersicht wird die Veranstaltung als offenes Bildungsformat angekündigt, das bewusst verschiedene Zugänge und Positionen nebeneinanderstellt.
Das Junge Forum Münster fordert die Universität Münster und den AStA auf, sich von Teilen der Veranstaltung klar zu distanzieren. Konkret verlangen sie:
Keine Bereitstellung universitärer Räume für Referenten mit antisemitischen Positionen
Rücknahme institutioneller Unterstützung für die LNdB
Eine offene Aufarbeitung der Vorfälle 2023 und 2024
Umsetzung der Beschlüsse der Hochschulrektorenkonferenz (2019) und der Kultusministerkonferenz (2023)
Besonders kritisch sehen die Kritiker, dass trotz der Kontroversen im Vorjahr keine strukturellen Konsequenzen gezogen wurden.
Die Plattform „Minimum“ spricht in ihrer Analyse von einem „ideologisch-identitären Rahmen“, in dem Antisemitismus und Antizionismus mit antirassistischen und queerfeministischen Positionen vermischt würden. Dies führe zu einer schwer nachvollziehbaren politischen Gemengelage. Die „Lange Nacht Bildung“ sei daher kein sinnvolles Bildungsformat.
Auf Anfrage teilte der AStA Münster nun mit, dass weder er noch seine Referate organisatorisch in die Lange Nacht der Bildung in Münster eingebunden seien. Auch werde keine Infrastruktur des AStA genutzt. Die Vorträge fänden ausschließlich in Räumen der Universität statt. Gleichzeitig verweist der AStA darauf, dass Fachschaften gemäß Hochschulgesetz Anspruch auf finanzielle Mittel der Studierendenschaft haben – in einem angemessenen Rahmen und unabhängig von inhaltlichen Bewertungen.
Eine kurzfristige Anfrage an die veranstaltenden Fachschaften blieb bislang unbeantwortet. Das Rektorat hatte sich im Vorjahr nach der Langen Nacht der Bildung öffentlich zufrieden mit dem Ablauf gezeigt – trotz bereits damals geäußerter Kritik.
Ob und wie die Universität Münster in diesem Jahr auf die Vorwürfe reagiert, bleibt abzuwarten