
Die Piloten der Lufthansa und von Lufthansa Cargo stehen vor einer entscheidenden Urabstimmung. Auslöser ist ein festgefahrener Tarifkonflikt um die betriebliche Altersversorgung, der seit Monaten schwelt und nun die nächste Eskalationsstufe erreicht. Auch Reisende am Flughafen Münster/Osnabrück (FMO) müssen sich, je nach Ausgang, auf Folgen einstellen.
Bis 2017 erhielten die Pilotinnen und Piloten eine klassische Betriebsrente mit garantierten Auszahlungen; seitdem gilt ein kapitalmarktgestütztes Modell, bei dem nach Darstellung der Vereinigung Cockpit das frühere Versorgungsniveau verfehlt wird und das Zinsrisiko stärker bei den Beschäftigten liegt. Genau hier setzt die aktuelle Forderung nach höheren Arbeitgeberbeiträgen an, insbesondere wenn die Kapitalmarktrenditen ausbleiben. Dass die Systemumstellung 2017 die Zinsrisiken auf die Belegschaft verschoben hat, sorgt bis heute für Kritik.
In der Sache gab es sieben Verhandlungsrunden mit Lufthansa und Lufthansa Cargo, jedoch ohne Ergebnis. Nach Angaben der Gewerkschaft fehlten substanzielle Angebote von Arbeitgeberseite, weshalb die Gespräche offiziell für gescheitert erklärt wurden.
Die Tarifkommission der Vereinigung Cockpit hat die Urabstimmung über einen möglichen Streik bei Lufthansa und Lufthansa Cargo beantragt; wahlberechtigt sind rund 4.800 Pilotinnen und Piloten. Der Zeitplan sieht vor, dass die Abstimmung am Freitag, 12. September, startet und voraussichtlich bis Ende September läuft. Wichtig ist dabei eine Klarstellung: Bis zum Abschluss dieser Urabstimmung sind keine Arbeitskampfmaßnahmen vorgesehen. Erst das Ergebnis entscheidet über das weitere Vorgehen, einschließlich eines möglichen Erzwingungsstreiks, sollte die erforderliche Mehrheit erreicht werden.
Kommt es nach Abschluss der Urabstimmung zu Streikmaßnahmen, sind Einschränkungen im Flugverkehr wahrscheinlich. Betroffen wäre vor allem die Kernmarke Lufthansa; andere Konzerngesellschaften wären nicht automatisch einbezogen. Schon die Ankündigung der Urabstimmung sorgte im Marktumfeld für Unruhe und belastete zeitweise den Aktienkurs, was die Sensibilität des Themas zusätzlich unterstreicht.
Sollte es zu Ausfällen oder größeren Verspätungen kommen, greifen die EU-Fluggastrechte. Reisende haben Anspruch auf Betreuung, Verpflegung sowie auf Umbuchung oder Erstattung, wenn der Flug annulliert wird oder stark verspätet ist. Ob zusätzlich Entschädigungszahlungen fällig werden, hängt vom Einzelfall ab, denn Airlines können sich unter Umständen auf „außergewöhnliche Umstände“ berufen. Ob ein Streik darunter fällt, wird von Gerichten unterschiedlich bewertet. Für Betroffene empfiehlt es sich daher, die Ansprüche im konkreten Fall zu prüfen und die Airline-Informationen eng zu verfolgen.
Für den FMO ist vor allem die Anbindung an das Drehkreuz München relevant, da Lufthansa die frühere Frankfurt-Verbindung bereits 2024 gestrichen hat. Entsprechend würde ein Streik an den großen Hubs schnell auf Zubringer- und Anschlussflüge durchschlagen. Im Fahrplan finden sich ab Münster/Osnabrück sowohl klassische Lufthansa-Rotationen mit „LH“-Kennung als auch Dienste, die von City Airlines mit dem Code „VL“ durchgeführt werden. Da die Urabstimmung explizit Lufthansa und Lufthansa Cargo betrifft und City Airlines organisatorisch wie tariflich separat unterwegs ist, wären „VL“-Verbindungen voraussichtlich nicht direkt von einem Streikbeschluss erfasst. Dennoch gilt: Die operative Lage kann sich kurzfristig ändern, weshalb der Blick auf den aktuellen Flugstatus beim FMO vor Abreise sinnvoll bleibt.