
Migration bleibt eines der umstrittensten Themen der aktuellen politischen Debatte. Während Friedrich Merz (CDU) zunächst keinen „Migrationswahlkampf“ führen wollte, brachte die Union nach dem Messerangriff in Aschaffenburg mehrere Anträge und einen Gesetzentwurf ein. Ein Fünf-Punkte-Plan zur Migration wurde mit den Stimmen von Union, FDP und AfD beschlossen. Dennoch konnten sich nicht alle Vorschläge durchsetzen. Im Wahlkampf setzen die Parteien unterschiedliche Akzente in der Migrations- und Asylpolitik.
Die SPD will Asylverfahren beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und den Gerichten beschleunigen, um Entscheidungen innerhalb von sechs Monaten zu ermöglichen. Durch Migrationsabkommen sollen legale Zuwanderungswege geschaffen und Abschiebungen erleichtert werden. Ein Schwerpunkt liegt auf der Integration, weshalb die Partei für einen Ausbau von Sprach- und Integrationskursen plädiert. Der Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte soll erhalten bleiben. Eine Auslagerung von Asylverfahren in Drittstaaten lehnt die SPD strikt ab und setzt stattdessen auf freiwillige Aufnahmeprogramme, etwa für Afghanen.
Die Union setzt auf eine deutliche Begrenzung der Migration. Asylsuchende sollen bereits an der Grenze zurückgewiesen werden, um eine faktische Aufnahmebegrenzung zu erreichen. Der Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte soll abgeschafft werden. Sozialleistungen für ausreisepflichtige Personen will die CDU/CSU stark einschränken, um Anreize zur illegalen Migration zu verringern. Ein zentrales Element der Strategie ist die Einführung von Bezahlkarten, die verhindern sollen, dass Geflüchtete Geld ins Ausland überweisen. Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien sollen wieder möglich sein, insbesondere für Straftäter und Gefährder. Zudem will die Union Asylverfahren in Drittstaaten auslagern und lehnt eine doppelte Staatsbürgerschaft ab. Die kürzlich beschlossene Reform des Staatsangehörigkeitsrechts will sie zurücknehmen.
Die Grünen betonen, dass das Grundrecht auf Asyl unangetastet bleiben muss. Sie setzen sich für einen erleichterten Familiennachzug ein und sprechen sich klar gegen Abschiebungen in Kriegs- und Krisengebiete aus. Eine Zusammenarbeit mit den Taliban zur Rückführung von Geflüchteten lehnen sie kategorisch ab. Arbeitsverbote für Geflüchtete sollen abgeschafft werden, damit sich Menschen schneller integrieren können. Die Bezahlkarte wird von den Grünen nicht grundsätzlich abgelehnt, doch sie lehnen strikte Bargeldobergrenzen ab. Asylverfahren in Drittstaaten sehen sie kritisch und setzen stattdessen auf Migrationsabkommen, um legale Einwanderungsmöglichkeiten zu schaffen.
Die FDP fordert die Einführung eines Einwanderungsgesetzbuchs, um die bestehenden Regelungen zu vereinfachen und Migration klarer zu steuern. Ein „Spurwechsel“ soll es gut integrierten Asylbewerbern ermöglichen, einen Aufenthaltstitel für Arbeit zu erhalten. Gleichzeitig will die Partei einen neuen sozialrechtlichen Status für anerkannte Flüchtlinge schaffen, der weniger Sozialleistungen, aber mehr Unterstützung bei der Jobsuche vorsieht. Geldleistungen für Geflüchtete sollen durch Sachleistungen ersetzt und die Bezahlkarte flächendeckend eingeführt werden. Menschen, die ausreisepflichtig sind oder keine nachweisbare Identität haben, sollen keine Sozialleistungen erhalten. Abschiebungen sollen künftig nicht mehr von den Bundesländern, sondern direkt vom Bund organisiert werden. Die FDP unterstützt die Auslagerung von Asylverfahren in Drittstaaten und spricht sich gegen den Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte aus.
Die AfD fordert eine konsequente Abschiebepolitik und will den Begriff „Remigration“ für verschärfte Rückführungen etablieren. Asylverfahren sollen stark eingeschränkt werden, eine Duldung soll es nicht mehr geben. Einbürgerungen sollen nur nach „bester Integrationsleistung“ und frühestens nach zehn Jahren möglich sein. Der Schutzstatus für syrische Geflüchtete soll widerrufen werden. Die Partei fordert Wirtschaftssanktionen gegen Herkunftsländer, die Rückführungen verweigern. Sie lehnt eine gemeinsame europäische Asylpolitik ab und fordert, das individuelle Asylrecht im Grundgesetz abzuschaffen. Aufnahmeprogramme oder Kontingente soll es nicht mehr geben. Statt Geldleistungen sollen Asylbewerber nur noch Sachleistungen erhalten und gemeinnützige Arbeit leisten müssen. Die doppelte Staatsbürgerschaft lehnt die AfD grundsätzlich ab.
Die Linke spricht sich gegen sämtliche Verschärfungen im Asylrecht aus. Eine Auslagerung von Asylverfahren in Drittstaaten und systematische Grenzkontrollen lehnt sie entschieden ab. Statt Bezahlkarten fordert sie Geldleistungen in Höhe der Mindestsicherung. Geflüchtete sollen uneingeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt haben. Die Partei setzt sich für eine dezentrale Unterbringung ein, um große Sammelunterkünfte zu vermeiden. Der Bund soll alle Unterbringungskosten übernehmen. Zudem fordert die Linke, dass Klima- und Umweltfolgen sowie Armut als Fluchtgründe anerkannt werden. Schutzsuchende sollen in größerem Umfang aufgenommen werden. Die europäische Grenzschutzagentur Frontex soll abgeschafft und durch ein ziviles Seenotrettungsprogramm ersetzt werden. Das Staatsangehörigkeitsrecht soll reformiert werden, sodass Kinder automatisch die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten, wenn sie in Deutschland geboren werden. Langfristig hier lebende Migranten sollen das Wahlrecht erhalten.
Das BSW spricht sich für eine striktere Kontrolle der Migration aus. Menschen aus sicheren Drittstaaten sollen kein Asylverfahren und keine Sozialleistungen erhalten. Wer in Deutschland schwere Straftaten begeht, soll sein Recht auf Asyl verlieren. Abschiebeschutz soll nur dann gelten, wenn dem Betroffenen in seinem Herkunftsland die Todesstrafe droht. Besonders nicht integrierte Migranten sollen bevorzugt abgeschoben werden. Asylverfahren sollen innerhalb von drei Monaten abgeschlossen sein, um lange Verfahren zu vermeiden. Eine Auslagerung von Asylverfahren in Drittstaaten unterstützt das BSW. Zudem fordert die Partei die Kündigung des Globalen Migrationspakts der Vereinten Nationen. Wirtschaftssanktionen gegen Länder wie Afghanistan und Syrien sollen aufgehoben werden, um die wirtschaftlichen Bedingungen in diesen Staaten zu verbessern. Gleichzeitig setzt sich das BSW für eine stärkere finanzielle Unterstützung humanitärer Organisationen wie den UNHCR ein.
CDU/CSU, FDP und AfD sprechen sich für die Auslagerung von Asylverfahren in Drittstaaten aus, während SPD, Grüne, Linke und BSW dies strikt ablehnen. Eine Abschaffung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte befürworten Union, FDP und AfD, während SPD und Grüne ihn ausweiten möchten. Die AfD fordert die Abschaffung des individuellen Asylrechts, während alle anderen Parteien dieses unangetastet lassen wollen.
Die Unterschiede zwischen den Parteien sind deutlich. Während Union, FDP und AfD auf Begrenzung der Zuwanderung, strengere Kontrollen und weniger Sozialleistungen setzen, sprechen sich SPD, Grüne und Linke für eine humanere Migrationspolitik und eine bessere Integration aus. Das BSW nimmt eine mittlere Position ein, fordert aber ebenfalls schärfere Maßnahmen gegen nicht integrierte Geflüchtete. Migration bleibt eines der umstrittensten Wahlkampfthemen – und wird voraussichtlich auch nach der Wahl weiterhin für Debatten sorgen.