
Münster. Die Diskussion um die Netto-Null-Versiegelung in Münster sorgt für politischen Streit in der Stadt. Tilman Fuchs, grüner Oberbürgermeister-Kandidat bei der Kommunalwahl 2025, fordert: Wer künftig neue Flächen bebaut, soll an anderer Stelle in gleichem Umfang Flächen entsiegeln. Die SPD Münster weist diese Forderung entschieden zurück. „Wer bezahlbaren Wohnraum will, darf keine ideologischen Blockaden errichten“, erklärt Fraktionsvorsitzende Lia Kirsch. Für die SPD sei das Vorhaben ein „Bauverhinderungsprogramm“, das die Schaffung dringend benötigten Wohnraums gefährde.
Angesichts steigender Mieten und wachsender Nachfrage nach Wohnungen setzt die SPD auf eine klare Priorität: bauen statt blockieren. In ihrem Wahlprogramm verankert die Partei die Strategie „Vorfahrt für Wohnen“. Geplant sind neue Baugebiete etwa in Sentrup sowie zusätzliche Flächen in den Außenstadtteilen. „Unser Ziel ist es, dass alle Menschen – unabhängig vom Geldbeutel – in Münster ein Zuhause finden“, so SPD-Vorsitzender Fabian Schulz. Maßnahmen wie die Netto-Null-Versiegelung könnten dieses Ziel massiv gefährden, so Schulz weiter. Es sei verantwortungslos, den Wohnungsbau mit immer neuen Standards auszubremsen.
Das Konzept der Netto-Null-Versiegelung sieht vor, dass für jede neu versiegelte Fläche eine andere renaturiert wird. Für Tilman Fuchs und die Grünen ist das ein notwendiger Schritt, um Münster zukunftsfähig zu gestalten. Der OB-Kandidat betont: „Wohnen ist ein Grundrecht – aber auch der Schutz des Bodens ist überlebenswichtig.“ Die Grünen setzen auf das Schwammstadt-Prinzip, mehr Grün in der Stadt und weniger Bodenversiegelung. Unterstützt wird der Ansatz auch von Volt Münster und der ÖDP, die eine konsequente Eindämmung des Flächenverbrauchs fordern – etwa durch mehr blau-grüne Infrastruktur und gezielte Entsiegelungsprojekte in den Stadtteilen.
Auch CDU und FDP äußern sich kritisch zur Netto-Null-Vorgabe. Die CDU betont zwar die Notwendigkeit von Entsiegelung, lehnt aber pauschale Koppelungen an Bauvorhaben ab. Stattdessen schlägt sie vor, gezielt in verdichteten Quartieren neue Grünräume zu schaffen und bestehende Flächen punktuell zu entsiegeln. Die FDP setzt auf technologieoffene Ansätze in der Stadtentwicklung. Eine starre Verpflichtung zur Flächenentsiegelung bei jedem Neubau sehen die Liberalen als innovationsfeindlich. Die Linke wiederum fordert seit Jahren verbindliche Regeln gegen die zunehmende Versiegelung, etwa durch kommunale Satzungen gegen Schottergärten. Gleichzeitig lehnt sie Bauprojekte ab, die zu großflächigen Eingriffen in Grünstrukturen führen.
Im Rahmen der letzten Ratsperiode (2021–2025) hatten Grüne, SPD und Volt gemeinsame Entsiegelungsziele in ihrem Koalitionsvertrag festgeschrieben – darunter Maßnahmen wie Dachbegrünung, die Stärkung des innerstädtischen Grünrings und mehr Durchgrünung im Bestand. Doch in der praktischen Umsetzung gehen die Meinungen nun auseinander. Während die Grünen stärker auf langfristige Klimaanpassung drängen, pochen SPD und CDU auf kurzfristige Wohnraumschaffung. Die aktuelle Debatte um die Netto-Null-Versiegelung in Münster zeigt: Die Balance zwischen sozialem Wohnungsbau und ökologischer Stadtplanung bleibt eines der strittigsten Themen im Kommunalwahljahr 2025.