Provinzial Logo
Consident.de

NS-Raubkunst in Münster: Die Rückgabe von Bernhard Pankoks Gemälde „Lesender Mann“

NS-Raubkunst Münster: Die Stadt gibt das Gemälde „Lesender Mann“ von Bernhard Pankok an die Erben zurück. Die Provenienzforschung klärte die Herkunft des Werks, das nun vor der Rückgabe im Stadtmuseum ausgestellt wird.
Gemälde „Lesender junger Mann“ Stadtmuseum Münster

Teilen:

NS-Raubkunst Münster: Stadt gibt Pankok-Gemälde an Erben zurück

Die Aufarbeitung von NS-Raubkunst spielt eine zentrale Rolle in deutschen Museen und Kultureinrichtungen. Ein aktueller Fall aus Münster zeigt, wie Provenienzforschung dazu beiträgt, geraubte Kunst an die rechtmäßigen Erben zurückzugeben. Die Stadt Münster gibt das Gemälde „Lesender Mann“ von Bernhard Pankok an die Erben des jüdischen Kunstsammlers Max Rosenfeld zurück. Die Rückgabe ist Teil der historischen Verantwortung, die sich aus den Washingtoner Prinzipien von 1998 ergibt. Doch wie kam das Gemälde nach Münster? Warum ist NS-Raubkunst Münster ein wichtiges Thema? Und welche Rolle spielt die Provenienzforschung in diesem Kontext?

Die Geschichte hinter der Rückgabe: NS-Raubkunst in Münster aufgearbeitet

Das Gemälde „Lesender Mann“ von Bernhard Pankok stammt aus der Kunstsammlung von Max Rosenfeld, einem jüdischen Tabakhändler und Sammler. Während der NS-Zeit wurde ihm das Werk verfolgungsbedingt entzogen. Jahrzehnte später tauchte es wieder auf. 1992 erwarb das Stadtmuseum Münster das Gemälde in einer Auktion, ohne Kenntnis der dunklen Vergangenheit. Erst durch die Provenienzforschung konnte der wahre Ursprung des Werkes geklärt werden.

Die Stadt Münster hat sich verpflichtet, NS-Raubkunst in ihren Sammlungen systematisch zu überprüfen und restituiert das Werk nun an die Erben, die heute in den USA leben. Vor der Rückgabe wird es vom 7. März bis 27. April 2025 im Stadtmuseum Münster gezeigt. Die Ausstellung beleuchtet nicht nur die Herkunft des Gemäldes, sondern auch die Beziehung zwischen Max Rosenfeld und dem Künstler Bernhard Pankok.

NS-Raubkunst Münster: Warum Provenienzforschung so wichtig ist

Die Provenienzforschung ist essenziell, um NS-Raubkunst aufzuspüren und gerechte Lösungen für die Nachfahren der Opfer zu finden. In Münster konnte der Provenienzforscher Kai Artinger nachweisen, dass „Lesender Mann“ zur geraubten Kunst zählt. Seine Recherchen wurden durch die Arbeitsstelle für Provenienzforschung sowie die Stiftung Deutsches Zentrum Kulturgutverluste gefördert.

Um die Herkunft eines Kunstwerks lückenlos zu klären, werden Auktionskataloge, historische Dokumente und Museale Bestandsbücher geprüft. Kunsthistoriker und Archivare gleichen Daten mit internationalen Raubkunst-Datenbanken ab. Auch Rückseiten und Inventarnummern von Gemälden liefern wichtige Hinweise. In vielen Fällen ist die Rekonstruktion der Besitzverhältnisse jedoch schwierig, da Dokumente verloren gingen oder verschleierte Verkaufspfade genutzt wurden.

Ohne die sorgfältige Arbeit der Provenienzforschung würde NS-Raubkunst Münster vermutlich nie als solche erkannt werden. Dieser Fall zeigt, wie wichtig es ist, Museumsbestände weiterhin kritisch zu hinterfragen.

Weitere Fälle von NS-Raubkunst in Deutschland und international

Die Rückgabe von „Lesender Mann“ ist kein Einzelfall. In Deutschland und international gab es zahlreiche Restitutionsfälle, die für Aufsehen sorgten. Ein bekanntes Beispiel ist Ernst Ludwig Kirchners „Berliner Straßenszene“, das 2006 an die Erben zurückgegeben und später für 30 Millionen Euro versteigert wurde. Auch der Gurlitt-Fund von 2013 machte Schlagzeilen, als über 1.300 Kunstwerke entdeckt wurden, von denen viele als NS-Raubkunst identifiziert wurden. International sorgte der Fall von Maria Altmann für große mediale Aufmerksamkeit, die jahrelang für die Rückgabe von Klimt-Gemälden kämpfte.

Diese Fälle zeigen, dass die Aufarbeitung von NS-Raubkunst Münster und deutschlandweit ein komplexer und oft emotionaler Prozess ist. Die Debatten über Restitutionen sind nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit, sondern auch ein wichtiger Beitrag zur Aufarbeitung der deutschen Geschichte.

Die Kunstsammlung von Max Rosenfeld: Was ist noch bekannt?

Max Rosenfeld war nicht nur Tabakhändler, sondern auch ein Kunstmäzen. Seine Sammlung umfasste mehrere Werke von Bernhard Pankok, darunter ein Porträt Rosenfelds von 1939, das in der Ausstellung des Stadtmuseums Münster zu sehen sein wird.

Neben Pankok-Werken besaß Rosenfeld auch zahlreiche Arbeiten des Künstlers Carlos Grethe. Insgesamt 23 Grafiken aus seiner Sammlung gelangten 1937 oder 1938 in die Städtische Galerie Stuttgart. Zeitzeugen beschreiben Rosenfeld als großzügigen Förderer der Kunst, der eng mit Pankok befreundet war. Er ließ ihn sogar seine Villa am Stuttgarter Herdweg als Gesamtkunstwerk gestalten.

Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten änderte sich sein Leben dramatisch. Sein Besitz wurde enteignet oder zwangsversteigert. Im August 1939 floh er in die Niederlande, doch 1943 wurde er ins Lager Westerbork deportiert, wo er verstarb. Seine Kunstsammlung ging größtenteils verloren. Erst durch die Provenienzforschung konnten einzelne Werke wiedergefunden und an seine Nachfahren restituiert werden. Das Gemälde „Lesender Mann“ ist eines der wenigen zurückgekehrten Kunstwerke und ein wichtiges Symbol der historischen Aufarbeitung.

NS-Raubkunst Münster: Die Bedeutung der Washingtoner Prinzipien

Die Stadt Münster folgt bei der Rückgabe des Pankok-Gemäldes den Washingtoner Prinzipien von 1998. Diese internationalen Richtlinien legen fest, dass Staaten sich um eine faire und gerechte Lösung für NS-Raubkunst bemühen sollen. In Deutschland wurden diese Prinzipien durch die Gemeinsame Erklärung von Bund, Ländern und Kommunen umgesetzt.

Die Washingtoner Prinzipien fordern die Identifizierung von NS-Raubkunst, die Suche nach den rechtmäßigen Erben und gerechte Lösungen, auch wenn eine Rückgabe nicht mehr möglich ist. Zudem empfehlen sie die Unterstützung der Provenienzforschung, um systematische Restitutionen zu erleichtern. Diese Prinzipien sind zwar rechtlich nicht bindend, haben aber eine moralische Verbindlichkeit erlangt.

Ohne diese Prinzipien wäre es schwierig, Gerechtigkeit für die Nachfahren der Opfer zu schaffen. Auch in Münster sind diese Richtlinien heute eine wichtige Grundlage für die Aufarbeitung von NS-Raubkunst.

Warum NS-Raubkunst Münster weiterhin ein wichtiges Thema bleibt

Die Restitution von „Lesender Mann“ zeigt, dass NS-Raubkunst Münster kein abgeschlossenes Kapitel ist. Viele Museen und Privatsammler besitzen noch immer Kunstwerke mit unklarer Herkunft. Die Stadt Münster geht mit gutem Beispiel voran, indem sie eine aktive Provenienzforschung betreibt, transparente Rückgaben an Erben ermöglicht und durch eine öffentliche Ausstellung zur Aufarbeitung beiträgt.

Jedes zurückgegebene Kunstwerk erzählt nicht nur eine kulturelle Geschichte, sondern auch das Schicksal seiner früheren Besitzer. Die Aufarbeitung von NS-Raubkunst Münster wird in den kommenden Jahren weitergehen, denn jedes restituiertes Werk bedeutet ein Stück späte Wiedergutmachung.