Protest vor dem UKM: Verein kritisiert Transbehandlungen an Minderjährigen

Am UKM Münster formiert sich Protest: Der Verein Frauenheldinnen e.V. kritisiert Transmedizin bei Jugendlichen und die S2k-Leitlinie. Was hinter der Kritik steckt – und wie das UKM antwortet.
Dietmar Rabich / Wikimedia Commons / “Münster, Universitätsklinikum -- 2014 -- 8358” / CC BY-SA 4.0
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Münster. Vor dem Universitätsklinikum Münster (UKM) ist für Montag, 15. September 2025, eine Protestaktion gegen geschlechtsangleichende Behandlungen bei Kindern und Jugendlichen angekündigt worden. Eingeladen hat der bundesweit aktive Verein Frauenheldinnen e.V., der dem Selbstbestimmungsgesetz sowie der aktuellen medizinischen Praxis in Transfragen kritisch gegenübersteht. Das UKM gerät dabei ins Zentrum der Kritik – unter anderem wegen seiner Rolle bei der Entwicklung einer medizinischen Leitlinie.

Verein kritisiert „ideologische Beeinflussung“ und medizinische Eingriffe

Die Protestveranstaltung steht unter dem Motto „Transmedizin macht krank – ein Leben lang“ und soll zwischen 12 und 15 Uhr am Albert-Schweitzer-Campus 1 stattfinden. In der Einladung kündigt der Verein an, sich „gegen die Durchführung medizinischer Maßnahmen bei Kindern und Jugendlichen mit Transidentitätswunsch“ zu positionieren. Die geplante Aktion richtet sich konkret gegen die vom UKM mitentwickelte S2k-Leitlinie zur Geschlechtsinkongruenz im Kindes- und Jugendalter.

Laut Frauenheldinnen e.V. würden mit der Leitlinie medizinische Eingriffe wie Pubertätsblocker oder Hormonbehandlungen als einzige Option zur Behandlung dargestellt. Diese Einschätzung wird in Fachkreisen jedoch nicht einheitlich geteilt.

S2k-Leitlinie: UKM-Professor Mitautor bei medizinischem Konsenspapier

Tatsächlich war Prof. Dr. Georg Romer, Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie am UKM, Koordinator der S2k-Leitlinie zur „Diagnostik und Behandlung von Geschlechtsinkongruenz bei Kindern und Jugendlichen“. Die Leitlinie wurde 2022 unter dem Dach der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) erstellt. Sie beschreibt ein abgestuftes Versorgungskonzept aus psychosozialer Begleitung, Familienarbeit, sozialen Maßnahmen und – unter bestimmten Voraussetzungen – auch körpermedizinischen Schritten wie Pubertätsblockern oder Hormontherapie.

Eine Verpflichtung zu medizinischen Eingriffen enthält die Leitlinie laut offiziellem Text jedoch nicht. Stattdessen wird die individuelle, interdisziplinäre Begleitung betont. Zahlreiche Fachgesellschaften, darunter Kinder- und Jugendpsychiater, Endokrinologen, Psychotherapeuten und Trans-Verbände, waren an der Erstellung beteiligt.

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UKM: Individuelle Therapieangebote im „Center for Transgender Health“

Am UKM besteht seit 2022 das Center for Transgender Health (CTH), das sich auf die umfassende Versorgung von trans* Personen spezialisiert hat. Das Zentrum bietet eine interdisziplinäre Diagnostik, psychotherapeutische Begleitung und – sofern indiziert – auch hormonelle oder chirurgische Maßnahmen an. Besonders betont wird eine ergebnisoffene Beratung, die stets auf die individuellen Bedürfnisse und die Entwicklung der betroffenen Person abgestimmt sei.

Für Kinder und Jugendliche kommen körperverändernde Maßnahmen laut UKM nur in Betracht, wenn eine ausführliche Begutachtung und eine nachhaltige, mehrdimensionale Indikationsstellung vorliegen.

Gegenstimmen aus der Fachwelt und Elterninitiativen

Die Thematik ist auch innerhalb der medizinischen Fachwelt umstritten. Während viele Fachverbände die S2k-Leitlinie begrüßen, fordern einzelne Wissenschaftler und Elterninitiativen mehr Zurückhaltung. Kritisiert werden unter anderem die Langzeitwirkungen von Pubertätsblockern und die Evidenzlage der verwendeten Studien. Auch der Bundesgesundheitsminister hatte im Vorfeld des Selbstbestimmungsgesetzes betont, dass „medizinische Entscheidungen bei Minderjährigen sorgfältig und individuell getroffen“ werden müssten.

Berlin-Symposium als weiterer Kontext

Zwei Tage nach der Protestveranstaltung in Münster findet am 17. September 2025 in Berlin das „Symposium Geschlechtsinkongruenz. Leitliniengerechte Behandlung im Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalter“ statt. Veranstalter sind die Kliniken im Theodor-Wenzel-Werk und das St. Joseph Krankenhaus Berlin. Das Symposium ist eine eigenständige Fachveranstaltung und organisatorisch nicht mit den Frauenheldinnen verbunden. Der Verein hat allerdings für denselben Tag eine Gegendemonstration in Berlin angekündigt.

Hintergrund: Was regelt die S2k-Leitlinie?

Die S2k-Leitlinie „Geschlechtsinkongruenz bei Kindern und Jugendlichen“ beschreibt diagnostische, psychotherapeutische und medizinische Schritte, die Fachärzte und Therapeuten bei entsprechender Indikation einleiten können. Die Leitlinie ist ein Konsenspapier, keine Richtlinie mit verbindlichem Status. Sie wurde unter Koordination des UKM-Professors Georg Romer veröffentlicht und von zahlreichen Fachgesellschaften mitgetragen.

So arbeitet das Center for Transgender Health (CTH) am UKM

Das CTH am Universitätsklinikum Münster bietet seit 2022 eine transdisziplinäre Versorgung für Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Zum Team gehören Expertinnen und Experten aus Psychiatrie, Endokrinologie, plastischer Chirurgie, Gynäkologie, Urologie und weiteren Fachrichtungen. Die Einrichtung versteht sich als ergebnisoffene Anlaufstelle und betont, dass keine Therapieform „automatisch“ eingeleitet werde.


Korrekturhinweis (16.09.2025)

In einer früheren Version dieses Artikels wurde das Berliner Symposium am 17. September 2025 fälschlich als „Trans – ein medizinischer Skandal?“ bezeichnet und dem Verein Frauenheldinnen e.V. zugeschrieben.
Korrekt ist der Titel „Symposium Geschlechtsinkongruenz. Leitliniengerechte Behandlung im Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalter“. Veranstalter sind die Kliniken im Theodor-Wenzel-Werk sowie das St. Joseph Krankenhaus Berlin. Der Verein Frauenheldinnen e.V. organisiert lediglich eine Gegendemonstration, steht jedoch nicht in organisatorischer Verbindung zum Symposium. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen.

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