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CDU-Ratsantrag: Zivilschutz in Münster stärken – Öffentliche Schutzräume fehlen

Sondervermögen Bevölkerungsschutz: Bund plant Milliardenhilfe – CDU Münster fordert schnelle Nutzung
Symbolbild

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CDU fordert Ausbau des Zivil- und Bevölkerungsschutzes in Münster

Die CDU-Ratsfraktion in Münster hat einen Antrag eingebracht, der auf eine Stärkung des Zivil- und Bevölkerungsschutzes abzielt. Auslöser ist die veränderte sicherheitspolitische Lage in Europa seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. Aus Sicht der CDU ist Münster auf krisenhafte Entwicklungen nicht ausreichend vorbereitet. Der sicherheitspolitische Sprecher der Fraktion, Stefan Leschniok, betont die Dringlichkeit entsprechender Maßnahmen. Die Stadtverwaltung soll daher prüfen, welche bestehenden Einrichtungen sich für die Einrichtung öffentlicher Schutzräume eignen und wie Notfallpläne aktualisiert werden können. Ziel ist es, die Strukturen des Zivilschutzes in Münster zukunftsfähig zu machen und an die sicherheitspolitische Zeitenwende anzupassen.

Aktuelle Lage: Keine öffentlichen Schutzräume in Münster

Ein zentrales Anliegen des Antrags ist die Frage der Schutzräume. Tatsächlich verfügt Münster derzeit über keine funktionsfähigen öffentlichen Schutzbunker für die Zivilbevölkerung. Bereits 2007 hatten Bund und Länder beschlossen, die öffentlichen Bunkeranlagen nicht weiter zu unterhalten. In den Folgejahren wurden die letzten städtischen Schutzräume zurückgebaut. Früher gab es z.B. Bunker im Hauptbahnhof, im Schulzentrum Kinderhaus und im Aegidiiparkhaus – doch diese Anlagen sind inzwischen entweder abgerissen oder umgenutzt. So sind in einem ehemaligen Schutzraum an der Wörthstraße heute Wohnungen entstanden. Im Ernstfall könnte Münsteranerinnen und Münsteraner derzeit also kein einziger öffentlicher Bunker Schutz bieten. Die Verantwortung für den Zivilschutz im Verteidigungsfall liegt zwar formal beim Bund, wird aber auf kommunaler Ebene durch die Feuerwehr wahrgenommen. Ohne geeignete Räumlichkeiten stößt dieser Schutz jedoch an Grenzen.

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Auch die Stadt Münster selbst bestätigt den Missstand. Stattdessen setzt man bislang vor allem auf präventive Maßnahmen wie Warnsysteme und Katastrophenschutzübungen. Sirenen und das neue Handy-Warnsystem (Cell Broadcast) sollen die Bevölkerung im Fall von Luftalarm warnen. Doch ein physischer Schutzraum, wie ihn viele Bürger angesichts des Ukrainekriegs wieder im Bewusstsein haben, existiert in Münster aktuell nicht. Diese Lücke will die CDU mit ihrem Ratsantrag schließen oder zumindest verkleinern.

Fehlende Schutzräume: Bundesweit Nachholbedarf in Städten

Münster steht mit diesem Problem nicht allein da – im Gegenteil, bundesweit sind Bunker und Schutzräume Mangelware. Nach dem Ende des Kalten Krieges wurden in ganz Deutschland die meisten zivilen Schutzbauten stillgelegt. Von einst rund 2.000 öffentlichen Schutzräumen sind heute nur noch etwa 600 Anlagen übrig, mit Kapazität für rund 500.000 Menschen. Dieses Kontingent würde im Ernstfall nicht einmal 1 % der deutschen Bevölkerung schützen können. Tatsächlich ist derzeit kein einziger dieser verbliebenen Bunker voll einsatzfähig – viele wurden seit Jahren nicht mehr gewartet und wären im Alarmfall nicht unmittelbar nutzbar. In Köln existiert beispielsweise noch ein atomarer Bunker an der U-Bahn-Station Kalk Post für 2.366 Personen, der aber seit 2005 nicht mehr instand gehalten wurde und daher aktuell außer Betrieb ist.

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Auch andere Großstädte melden große Lücken beim Zivilschutz, so auch Berlin. In der Hauptstadt wurden die zivilen Bunker nach 1990 aus Kostengründen aufgegeben. Hamburg weist eine ähnliche Situation auf: Dort gibt es zwar noch 33 ehemalige Bunkergebäude im Stadtgebiet, doch kein einziger steht der Bevölkerung als Schutzraum zur Verfügung. Die meisten Hamburger Bunker sind baulich veraltet und technisch nicht mehr ausgerüstet. 2023 erhielt Hamburg von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben lediglich 5.940 Euro für die Bunker-Instandhaltung – ein Hinweis, dass deren Unterhaltung praktisch beendet ist. Die Hansestadt hat daher laut Senat “erhebliche Defizite” im Zivilschutz und könnte im Notfall keine Schutzplätze anbieten. Ähnliche Zustände herrschen in vielen Kommunen, insbesondere in Ostdeutschland, wo es schon zu DDR-Zeiten kaum öffentliche Bunker gab.

Bund plant neues Schutzraumkonzept und Fördermittel

Die Entwicklung in der Ukraine hat auch die Bundespolitik zum Umdenken bewegt. Das Bundesinnenministerium stoppte im März 2022 per Erlass den weiteren Rückbau vorhandener Bunker. Seitdem arbeiten Bund und Länder an einem nationalen Schutzraumkonzept, dessen Ergebnisse bis Mitte 2025 vorgestellt werden sollen. Dabei geht es darum, welche vorhandenen Anlagen reaktiviert oder neue Schutzräume geschaffen werden können – gegebenenfalls auch durch Umnutzung von Tiefgaragen, U-Bahn-Stationen oder Kellern zu Mehrzweckanlagen für den Katastrophenfall. Parallel wurde die Warninfrastruktur ausgebaut: Ein Bundesprogramm förderte seit 2021 den Ausbau kommunaler Sirenennetze mit insgesamt rund 90 Millionen Euro. Zudem wurde Cell Broadcast als Handy-Warnsystem eingeführt, das im Probealarm 2022/23 erfolgreich getestet wurde. Diese Maßnahmen sollen sicherstellen, dass die Bevölkerung im Ernstfall schnell gewarnt werden kann – ein Bereich, der als Lehre aus der Flutkatastrophe 2021 und dem Ukrainekrieg höchste Priorität erhielt.

 

CDU will von Bundesmitteln für Schutzräume profitieren

Finanziell zeichnet sich ebenfalls Unterstützung vom Bund ab. Im Zuge der „Zeitenwende“ wurde nicht nur ein 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen für die Bundeswehr beschlossen, sondern auch zusätzliche Mittel für den Zivilschutz in Aussicht gestellt. Bund und Opposition (CDU/CSU) einigten sich darauf, sicherheitspolitische Investitionen breiter aufzustellen – dazu zählen Zivil- und Bevölkerungsschutz sowie Nachrichtendienste neben der militärischen Verteidigung. Konkret brachten die Innenminister der Länder Ende 2024 ein Konzept für ein Sondervermögen Bevölkerungsschutz ein.

NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) forderte ein Paket von 10 Milliarden Euro analog zum Bundeswehr-Fonds. Auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) zeigte sich auf der Innenministerkonferenz offen für höhere Investitionen in den Bevölkerungsschutz. Im Bundeshaushalt 2025 sollten ursprünglich rund 656 Mio. € für das Technische Hilfswerk (THW) und das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) bereitstehen; zusätzlich könnten durch eine geplante Ausnahme von der Schuldenbremse weitere ~600 Mio. € fließen.

Anerkannte Hilfsorganisationen wie das Deutsche Rote Kreuz halten allerdings sogar 2 Milliarden Euro an Investitionen für notwendig, um z.B. in neue Schutzraum-Infrastruktur, Notstromaggregate, medizinische Lager und Ausbildung zu investieren.Während die Finanzierung geklärt wird, betonen Experten, dass Geld allein nicht genügt. Wichtig sei ebenso, klare Zuständigkeiten und moderne Konzepte zu entwickeln. So fehlt es derzeit an gesetzlichen Vorgaben, welche Vorsorgeziele Kommunen erreichen müssen – etwa wie viele Schutzplätze oder Notbrunnen pro Einwohner vorzuhalten sind. Ein geplantes Bundesgesetz zur besseren Absicherung des Gesundheitswesens im Krisenfall steckt noch in der Ressortabstimmung.

Die Münsteraner CDU fordert daher, frühzeitig alle verfügbaren Fördermöglichkeiten zu nutzen und lokal aktiv zu werden, anstatt nur auf Berlin zu warten. Ihr Ratsantrag zielt darauf ab, dass Münster sich Bundesmittel aus einem künftigen Sondervermögen Bevölkerungsschutz sichert, um z.B. geeignete Räume (Tiefgaragen, Kellerräume städtischer Gebäude) zivilsschutztauglich auszustatten.

Neue sicherheitspolitische Lage rückt Zivilschutz in den Fokus

Der Krieg in der Ukraine hat bundesweit die Bedeutung des Zivilschutzes neu ins Bewusstsein gerückt. Jahrzehntelang wurden Schutzräume zurückgebaut und Notfallpläne vernachlässigt. Auch in Münster besteht Nachholbedarf. Vor diesem Hintergrund soll der Bevölkerungsschutz mit parteiübergreifender Unterstützung neu aufgestellt werden. Neben baulichen Maßnahmen gehören auch Warnsysteme und Aufklärung der Bevölkerung zur künftigen Strategie. Der CDU-Ratsantrag ist ein möglicher Einstieg in diesen Prozess und Teil einer bundesweiten Entwicklung hin zu mehr Krisenvorsorge.

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