
Münster. Heute richtet sich der politische Blick nach Münster: Der nordrhein-westfälische Verfassungsgerichtshof verkündet seine Entscheidung zum Rettungsschirm des Landes. Im Zentrum steht die Frage, ob die Landesregierung Ende 2022 Kredite in Milliardenhöhe rechtmäßig aufgenommen hat.
Der Sonderfonds „NRW-Rettungsschirm“ wurde im Frühjahr 2020 als Reaktion auf die Corona-Pandemie ins Leben gerufen. Bis zu 25 Milliarden Euro standen damals zur Verfügung, um Krankenhäuser zu unterstützen, Unternehmen zu stabilisieren und soziale Härten abzufedern. Zwei Jahre später nahm die Landesregierung jedoch weitere Kredite in Höhe von rund 4,15 Milliarden Euro auf. Zu diesem Zeitpunkt waren die akuten Maßnahmen bereits größtenteils ausgelaufen.
SPD und FDP halten diese Entscheidung für rechtswidrig. Sie argumentieren, dass mit den neuen Schulden keine unmittelbaren Pandemiekosten mehr gedeckt wurden. Vielmehr sei eine Rücklage geschaffen worden, die im Landeshaushalt 2023 entlastend wirkte. Das verletze nach Ansicht der Kläger das Budgetrecht des Landtags, also das zentrale Mitspracherecht des Parlaments bei der Haushaltsplanung.
Die schwarz-grüne Koalition weist die Vorwürfe zurück. Nach Darstellung von Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) wurden die Kredite vom Landtag genehmigt und dienten als Vorsorge für unklare Belastungen. Die Landesregierung betont, dass die Mittel zweckgebunden seien und ausschließlich für Folgekosten der Pandemie oder zur Schuldentilgung eingesetzt würden.
Das Urteil des Verfassungsgerichtshofs hat weitreichende Signalwirkung. Es entscheidet nicht nur über die 4,15 Milliarden Euro in Nordrhein-Westfalen, sondern auch über den Umgang mit Krisenschulden generell. Denn ähnliche Sondervermögen und Notlagen-Kredite gibt es auch in anderen Bundesländern sowie beim Bund. Beobachter erwarten daher klare Leitplanken, wie weit Regierungen in Ausnahmesituationen finanziell gehen dürfen – und welche Rolle die Parlamente dabei spielen müssen.