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Wende in Münster: Historisch belastete Straßennamen sollen doch bleiben

Münster entscheidet sich gegen die Umbenennung von sieben historisch belasteten Straßennamen – trotz politischer und gesellschaftlicher Kontroversen.
Foto: Erich Westendarp

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In Münster zeichnet sich eine klare Kehrtwende ab: Die Stadtverwaltung empfiehlt, sieben historisch belastete Straßennamen nicht umzubenennen. Diese Entscheidung basiert auf einer neuen Beschlussvorlage und sorgt für Aufsehen. Noch Anfang 2023 hatte ein politischer Richtungswechsel für Druck in Richtung Umbenennung gesorgt. Jetzt folgt ein deutliches Nein der Verwaltung. Historisch belastete Straßennamen in Münster stehen damit erneut im Zentrum hitziger Debatten – zwischen Geschichte, Verantwortung und Verwaltungsrealität.

Sieben Straßen im Fokus – das sind die betroffenen Namen

Gleich sieben Straßennamen in Münster gelten als historisch belastet und stehen daher seit Jahren in der Kritik:

  • Admiral-Scheer-Straße

  • Admiral-Spee-Straße

  • Langemarckstraße

  • Otto-Weddigen-Straße

  • Prinz-Eugen-Straße

  • Skagerrakstraße

  • Tannenbergstraße

Die Kritik richtet sich dabei gegen die Namensgeber und deren Bezug zum deutschen Militarismus, Kolonialismus oder Nationalsozialismus. Besonders heikel: Einige dieser Persönlichkeiten wurden bereits in der NS-Zeit gezielt zur Heldenverehrung genutzt.

Verwaltungsposition: Belastung nicht eindeutig – Aufwand zu hoch

Trotz dieser historischen Bezüge kommt die Stadtverwaltung zu einem anderen Schluss. Sie beruft sich auf die Leitlinien zu Ehrungen im öffentlichen Raum, die Umbenennungen nur in Ausnahmefällen vorsehen. Nach Einschätzung der Verwaltung liegt ein solcher Ausnahmefall nicht vor.

Ein zentraler Punkt der Argumentation: Die Persönlichkeiten Admiral Spee, Admiral Scheer und Otto Weddigen starben vor der NS-Zeit. Ihr Einfluss auf das spätere Regime könne daher nicht aktiv gewesen sein. Auch bei der Prinz-Eugen-Straße sei die Lage unklar – der Namensgeber lebte im 17. und 18. Jahrhundert und kann nicht direkt mit der NS-Ideologie in Verbindung gebracht werden.

Stimmen aus der Bürgerschaft: Umbenennung sorgt für bürokratischen Aufwand

Aus der Bevölkerung kommen zahlreiche Rückmeldungen gegen eine Umbenennung. Besonders Anwohnende und Unternehmen befürchten erhebliche Belastungen. Neue Ausweisdokumente, Adressänderungen bei Banken, Versicherungen und Ämtern wären die Folge. Eine finanzielle Entschädigung ist laut Stadt nicht vorgesehen – was den Unmut vieler Bürgerinnen und Bürger weiter verstärkt.

Politische Fronten bleiben verhärtet

Politisch ist die Frage weiterhin umstritten. Während Grüne, SPD und Volt eine Umbenennung aller sieben Straßen forderten, lehnten CDU und FDP dies ab. Die CDU hält die Admiral-Scheer-Straße für unproblematisch, die FDP schloss sich dieser Sichtweise an. Die SPD kündigte an, jede Straße einzeln beurteilen zu wollen. Die Grünen bleiben bei ihrer Forderung nach einer Umbenennung – mit Ausnahme der Prinz-Eugen-Straße.

Bürgerinitiative plant Widerstand gegen Umbenennungen

Auch zivilgesellschaftlich regt sich Widerstand – allerdings in eine andere Richtung. Sollte die Politik doch noch eine Umbenennung beschließen, kündigte die „Bürgerinitiative für Münsters Straßen“ ein Bürgerbegehren an. Ihr Ziel: Ein Bürgerentscheid im Stadtbezirk Mitte. Um diesen zu ermöglichen, müssen bis zum 6. August 2025 rund 5.500 Unterschriften gesammelt werden. Gelingt das, entscheidet am Ende die Bevölkerung über die Zukunft der Straßennamen.

Ein Thema zwischen Erinnerungskultur und Alltagsrealität

Die Debatte um historisch belastete Straßennamen in Münster zeigt, wie schwierig der Umgang mit Geschichte im Alltag sein kann. Zwischen der Verantwortung, sich kritisch mit dem eigenen Stadtbild auseinanderzusetzen, und den praktischen Folgen einer Umbenennung liegen Welten. Die Entscheidung der Stadtverwaltung ist ein politisches Signal – eines, das nicht ohne Folgen bleiben wird.

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