Provinzial Logo
Consident.de

Das blutige Geheimnis der JVA Münster

Erschießung von Zwangsarbeitern 1945 im Gefängnishof Am 29. März 1945, nur wenige Tage vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs in Münster, spielte sich in der Justizvollzugsanstalt Münster eine grausame Tragödie ab. In den Morgenstunden brachte die Gestapo siebzehn sowjetische Zwangsarbeiter – sechzehn Männer und eine Frau – aus dem sogenannten „Russenlager Maikotten“ in das Gefängnis an der Gartenstraße. Unter einem Vorwand wurden die Gefangenen nicht registriert und man sagte, sie würden am nächsten Tag weitertransportiert. Doch dazu kam es nicht: Gegen Mittag des 29. März führte die Geheime Staatspolizei die wehrlosen Fremdarbeiter in den Innenhof der Haftanstalt. An einer Innenmauer zwischen den Zellenflügeln B und C fielen Schüsse. Fünf Gestapo-Beamte erschossen kaltblütig alle 17 Menschen mit Genickschüssen. Anschließend verscharrten sie die Leichen eilig in einem Bombentrichter im Hof und verbrannten die Papiere der Opfer, um ihre Identität zu verschleiern. Diese brutale Hinrichtung im Gefängnishof – verübt in den letzten Stunden der NS-Herrschaft – blieb lange Zeit ein kaum bekanntes Kapitel der Stadtgeschichte. Historischer Kontext: Zwangsarbeit und Gestapo-Terror in Münster Die Ermordung der Zwangsarbeiter in der JVA Münster steht exemplarisch für den Terror der Nationalsozialisten in der Endphase des Krieges. Insgesamt waren in Münster schätzungsweise 12.000 ausländische Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter eingesetzt, viele davon aus der Sowjetunion. Sie lebten unter strengster Bewachung in Lagern wie dem Lager Maikotten am Stadtrand. Gegen Kriegsende wuchs im NS-Regime die Paranoia vor Aufständen oder „Plünderern“ in der eigenen Bevölkerung und unter den Zwangsarbeitern. Das Reichssicherheitshauptamt erließ Alarmpläne, die fremde Arbeitskräfte pauschal unter Aufstandsverdacht stellten. In diesem Klima entschied die Münsteraner Gestapo, die Gruppe der 17 sowjetischen Zwangsarbeiter zu liquidieren. Laut Gestapo-Akten wurden die Männer und die Frau als Mitglieder einer vermeintlichen „Räuberbande“ abgestempelt – eine perfide Rechtfertigung für den Massenmord. Nur vier Tage später, am Ostermontag 1945, rückten amerikanische und britische Truppen in Münster ein und beendeten die NS-Herrschaft in der Stadt. Bei der Befreiung entdeckten US-Soldaten auch die Spuren des Verbrechens im Gefängnishof. Sie bargen die Toten und bestatteten sie zunächst provisorisch auf dem Anstaltsgelände. Im März 1946 wurden die sterblichen Überreste der Ermordeten exhumiert und auf den städtischen Waldfriedhof Lauheide überführt, wo sie bis heute in fremder Erde ruhen. Vom Geheimnis zur Erinnerung: Gedenken an die ermordeten Zwangsarbeiter Obwohl das blutige Geschehen vom März 1945 dokumentiert war, geriet es in der Nachkriegszeit in Münster weitgehend in Vergessenheit. Erst Jahrzehnte später begann eine öffentliche Aufarbeitung dieser Tragödie. 1986 ließ die Stadt Münster an der Außenmauer der JVA an der Gartenstraße eine Gedenktafel anbringen, die an die Erschießung der Zwangsarbeiter erinnert. Die Inschrift der bronzenen Tafel hält fest, dass „in den letzten Stunden der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft“ 16 russische Fremdarbeiter und eine Fremdarbeiterin aus dem Lager Maikotten von der Gestapo Münster hier hingerichtet wurden. Ihre Namen sind nicht mehr bekannt, doch ihr Schicksal ist damit sichtbar im Stadtbild verankert. Über Jahre blieb die kleine Gedenktafel für viele Passanten unscheinbar, doch spätestens seit einer Gedenkfeier im Jahr 2005 – zum 60. Jahrestag der Tat – rückt das Schicksal dieser Zwangsarbeiter stärker ins öffentliche Bewusstsein. Historiker und Stadtführer beziehen das „Geheimnis“ der JVA mittlerweile in ihre Erzählungen mit ein. So wird der Innenhof der noch immer betriebenen Haftanstalt auch zum Mahnmal: Er erinnert daran, wozu die Mordmaschinerie des NS-Regimes selbst in ihren letzten Zügen fähig war. Die historische Aufarbeitung und das Gedenken an diese Opfer des Nationalsozialismus sind heute fester Bestandteil der Münsteraner Erinnerungskultur. Die JVA Münster – ein Gefängnis mit Geschichte und maroden Mauern Die Justizvollzugsanstalt Münster selbst ist ein Ort mit langer Geschichte. Erbaut zwischen 1848 und 1853, gehört das fünfseitige Ziegelsteingefängnis mit seinen markanten Wachtürmen zu den ältesten Haftanstalten Deutschlands. Hinter der wehrhaft anmutenden neugotischen Fassade verbirgt sich ein sternförmiger Zellenbau, der damals nach modernsten Erkenntnissen konzipiert wurde. Über 170 Jahre war das Gefängnis an der Gartenstraße fast ununterbrochen in Betrieb – trotz Kriegsschäden 1945, die bis 1950 behoben wurden. Seit 1984 steht der Gebäudekomplex unter Denkmalschutz und gilt als bedeutendes architektonisches Erbe Preußens. Doch die Zeit hat an den alten Mauern genagt: In den vergangenen Jahrzehnten offenbarte sich ein zunehmend maroder baulicher Zustand. Moderne Anforderungen an Sicherheit und Haftbedingungen ließen sich in dem historischen Gemäuer immer schwerer erfüllen. Im Juli 2016 kulminierten die Probleme, als ein Gutachten akute Einsturzgefahr für Teile der JVA feststellte. Innerhalb von 48 Stunden mussten rund 450 der damals 500 Inhaftierten eilig auf andere Gefängnisse verteilt werden, um die Sicherheit zu gewährleisten. Lediglich in neueren Anbauten der Anstalt konnten später wieder begrenzt Gefangene untergebracht werden. Der Vorfall machte deutlich, dass die Substanz des alten Gefängnisses ihrem Ende entgegengeht. Zwar werden seither noch notdürftige Sicherungs- und Sanierungsarbeiten am Dach und den Fassaden durchgeführt, um das denkmalgeschützte Gebäude vor dem Verfall zu bewahren. Doch Experten halten eine umfassende Sanierung für wirtschaftlich nicht machbar. In Münster wird daher kontrovers diskutiert, wie mit dem historischen Gefängnis zukünftig verfahren werden soll – vom behutsamen Umbau für eine Nachnutzung bis hin zum Abriss steht vieles im Raum. Fest steht: Als Gefängnis hat der alte Ziegelbau ausgedient. Neubau in Münster-Wolbeck: Ein modernes Gefängnis für die Zukunft Angesichts der baulichen und funktionalen Mängel der JVA Münster reifte bereits seit den 2000er-Jahren der Plan, die Haftanstalt an einen neuen Standort zu verlegen. 2012 beschloss das Land Nordrhein-Westfalen offiziell die Stilllegung der JVA an der Gartenstraße und den Bau eines zeitgemäßen Neubaus. Nach langer Standortsuche fiel die Wahl auf eine Fläche am Rande des Münsteraner Stadtteils Wolbeck. Dort, an der Telgter Straße, entsteht seit Oktober 2021 der Gefängnisneubau, der die alte Innenstadt-JVA ersetzen wird. Auf rund 100.000 Quadratmetern werden insgesamt 14 Gebäudekomplexe errichtet – darunter mehrere Hafthäuser, Werkstätten, eine moderne Verwaltung und ein neues pädagogisches Zentrum. Die neue Justizvollzugsanstalt Münster wird Platz für etwa 640 Häftlinge bieten. Darunter sind rund 200 Plätze für Untersuchungshaft vorgesehen; die übrigen dienen dem Strafvollzug, wobei die meisten Insassen in Einzelzellen untergebracht werden sollen. Auch etwa 60 Plätze für schulische und berufliche Bildungsmaßnahmen entstehen, um die Resozialisierung der Gefangenen zu fördern. Mit einer Gesamtfläche von fast 18 Hektar ist das neue Areal etwa viermal größer als das historische Gefängnisgelände. Im Mai 2025 wurde Richtfest gefeiert – ein Meilenstein, der die finale Bauphase einläutet. Nun folgt der Innenausbau mit Sicherheitstechnik und Infrastruktur, damit die Anstalt voraussichtlich im Jahr 2026 ihren Betrieb aufnehmen kann. Der moderne Gefängniskomplex in Wolbeck wird nicht nur höchsten Sicherheitsstandards genügen, sondern auch zeitgemäße Haftbedingungen ermöglichen. So wird beispielsweise auf Nachhaltigkeit geachtet: Zehntausend Photovoltaik-Module auf den Dächern sollen für eine umweltfreundliche Energieversorgung sorgen. Mit der Eröffnung des Neubaus kann gleichzeitig die seit 2016 teilgeräumte Alt-JVA endgültig geschlossen werden – ebenso wie eine kleine Zweiganstalt in Coesfeld, die derzeit noch zur Entlastung betrieben wird. Bedeutung der JVA Münster im heutigen Justizsystem Die Verlegung der Justizvollzugsanstalt in einen modernen Neubau unterstreicht die Bedeutung Münsters als Justizstandort. Schon jetzt zählt Münster mit Landgericht, Amtsgericht, Staatsanwaltschaft und der JVA zu den wichtigen Säulen des Justizsystems in Westfalen. Die JVA Münster erfüllt dabei eine Doppelfunktion: Sie beherbergt sowohl Untersuchungshäftlinge aus dem Gerichtsbezirk Münster als auch Strafgefangene mit kürzeren Haftstrafen. In ihrer langen Geschichte hat die Anstalt zahlreiche Veränderungen im Strafvollzug miterlebt – von der harten Zuchthaus-Ära des 19. Jahrhunderts über die NS-Zeit bis hin zu modernen Konzepten der Resozialisierung. Trotz der widrigen Umstände im Altbau wurden in Münster auch progressive Wege beschritten: So legten 2005 erstmals Gefangene in der JVA Münster das Abitur hinter Gittern ab – ein Novum in Nordrhein-Westfalen, das die Bedeutung von Bildung im Strafvollzug hervorhob. Derlei Initiativen zeigen, welche Rolle ein Gefängnis jenseits der bloßen Verwahrung von Straftätern spielen kann. Der Oberbürgermeister der Stadt, Markus Lewe, betonte anlässlich des Richtfestes, der neue Gefängnisbau stehe symbolisch für die Werte des Rechtsstaats: Gerechtigkeit, Sicherheit und die Chance zur Resozialisierung. In Zukunft wird die neue JVA Münster in Wolbeck diese Aufgabe übernehmen. Doch auch wenn die Gefangenen und Bediensteten bald in ein hochmodernes Gebäude umziehen, wird das Andenken an das blutige Geheimnis der alten JVA nicht verblassen. Vielmehr mahnt die Geschichte der 17 ermordeten Zwangsarbeiter weiterhin zur Wachsamkeit und Menschlichkeit – Werte, die im heutigen Justizsystem von zentraler Bedeutung sind. ________________________________________ Literaturverzeichnis: 1. Stadt Münster – Pressemitteilung vom 24. Juli 2013: „Schüsse im Gefängnishof, tödlicher Widerstand und ein ‚Bunkerknacker‘“ (Einblicke in die Gedenklandschaft Münsters, Teil 1). [Online] Verfügbar: muenster.de/pressemeldungen… 2. Stadt Münster, Stadtarchiv – Gedenktafel Justizvollzugsanstalt. [Online] Verfügbar: stadt-muenster.de/…/gedenktafel-justizvollzugsanstalt 3. Bernd Thier: Justizvollzugsanstalt Münster. In: EViR – Orte des Rechts, Universität Münster. [Online] Verfügbar: uni-muenster.de/EViR/…/justizvollzugsanstalt.html 4. Justizvollzugsanstalt Münster – Wikipedia (deutsch), Abschnitt „Zeit des Nationalsozialismus“ und „Planungen eines Neubaus“. [Online] Verfügbar: de.wikipedia.org/wiki/Justizvollzugsanstalt_Münster 5. Antenne Münster – Nachrichten: „Bezug des Neubaus der JVA Münster 2026“, 11. Dezember 2023. [Online] Verfügbar: antennemuenster.de/…/bezug-des-neubaus-der-jva-muenster-2026-1847141.html 6. Stadt Münster – Pressemeldung: „Münsters neue Justizvollzugsanstalt feiert Richtfest“, 8. Mai 2025. [Online] Verfügbar: stadt-muenster.de/…/muensters-neue-justizvollzugsanstalt-feiert-richtfest

Teilen: Erschießung von Zwangsarbeitern 1945 im Gefängnishof Am 29. März 1945, nur wenige Tage vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs in Münster, spielte sich in der Justizvollzugsanstalt Münster eine grausame Tragödie ab. In den Morgenstunden brachte die Gestapo siebzehn sowjetische Zwangsarbeiter – sechzehn Männer und eine Frau – aus dem sogenannten „Russenlager Maikotten“ in das Gefängnis […]

Vergessenes Münster: Was aus dem Stadtbild verschwunden ist

Von der Straßenbahn bis zum Traditionscafé: Entdecke 7 Dinge, die früher zu Münster gehörten – und heute aus dem Stadtbild verschwunden sind.

Teilen: Münster hat im Laufe des 20. Jahrhunderts viele Veränderungen erlebt. Zahlreiche prägende Elemente des Stadtbildes und der Kultur sind heute verschwunden. Im Folgenden werfen wir einen Blick auf einige ausgewählte Bauwerke, Verkehrsmittel und Traditionen aus verschiedenen Jahrzehnten des letzten Jahrhunderts, die einst zum Alltag in Münster (Westfalen) gehörten – und heute Geschichte sind. Straßenbahn […]

Versteckt in Beton: Die geheimen Bunker von Münster aus dem Zweiten Weltkrieg

Bunker in Münster aus dem Zweiten Weltkrieg sind bis heute sichtbare Zeugnisse des Luftkriegs. Während des Zweiten Weltkriegs wurden in Münster zahlreiche Luftschutz-Bunker – sowohl oberirdische Hochbunker als auch unterirdische Anlagen – errichtet, um der Zivilbevölkerung Schutz vor Bombenangriffen zu bieten. Diese massiv aus Beton gebauten Schutzräume prägten einst das Stadtbild und einige von ihnen existieren noch heute. Der folgende Artikel gibt einen Überblick über die verschiedenen Bunker in Münster, ihre historische Nutzung im Zweiten Weltkrieg und ihren heutigen Zustand. Dabei werden oberirdische Bunker ebenso betrachtet wie unterirdische Anlagen und es wird beleuchtet, wie diese Relikte heute genutzt oder als Denkmäler erhalten werden. Historischer Hintergrund: Luftschutz in Münster im Zweiten Weltkrieg Münster war im Zweiten Weltkrieg als Gauhauptstadt von Westfalen-Nord und Sitz des Luftgaukommandos ein strategisch wichtiger Standort. Entsprechend wurde die Stadt häufig Ziel alliierter Luftangriffe. Zwischen 1940 und 1945 heulten in Münster über 1.100 Fliegeralarme, und die Bevölkerung suchte Schutz in den Bunkern. Insgesamt wurden in der Stadt rund zehn große Luftschutzbunker gebaut. Die meisten dieser Betonkolosse entstanden ab 1941/42, als der Luftkrieg an Intensität zunahm. Ihre Wände waren bis zu zwei Meter dick und die Decken etwa 1,4 Meter stark, um den Bombentreffern standzuhalten. Viele Münsteraner Bunker wurden von dem Architekten Edmund Scharf entworfen und verfügten über besondere Tarnmaßnahmen. Um aus der Luft weniger als militärische Ziele erkennbar zu sein, passte man das Erscheinungsbild der Bunker an zivile Gebäude oder historische Bauwerke an. So integrierten sich einige Bauten erstaunlich gut ins Stadtbild und sollten auf den ersten Blick nicht wie Bunker wirken. Dieser Aspekt der Tarnung zeigt sich an mehreren Beispielen in Münster. Oberirdische Bunker in Münster und ihre Tarnung Oberirdische Hochbunker (auch „Hochbauten“ genannt) prägten das damalige Stadtbild. Jeder dieser Bunker sah anders aus, da sie jeweils als zivile Gebäude getarnt geplant waren. Ein markantes Beispiel ist der Hochbunker an der Lazarettstraße: Dieser 1940/41 errichtete Bunker wurde äußerlich wie eine mittelalterliche Festung gestaltet, mit Zier-Rundtürmen, einer Zugangsbrücke und einem umliegenden Graben als Anspielung auf eine Burganlage. Wer den massivem Ziegelbau mit den bewachsenen Türmen sieht, könnte ihn für ein altes Fort halten – genau dieser Eindruck war beabsichtigt. Tatsächlich verbarg der Lazarettbunker hinter seinen Fassaden einen Schutzraum für bis zu 530 Menschen. Im Inneren ist die originale Ausstattung aus Kriegszeiten weitgehend erhalten, was ihn heute zu einem authentischen Zeitzeugnis macht. Ein weiteres Beispiel für kreative Tarnung war der Hochbunker an der Von-Kluck-Straße. Dieser fünfstöckige Bunker – der höchste in Münster – wurde 1942/43 auf dem Schulhof der Marienschule gebaut. Seine Fassade war als griechischer Tempel konzipiert, komplett mit Pfeiler-Andeutungen, um das militärische Aussehen zu verschleiern. Trotz dieser Tarnung erhielt der Von-Kluck-Bunker am 18. November 1944 einen Bombentreffer, überstand ihn jedoch ohne gravierende Schäden. Auf dem Dach dieses Hochbunkers befand sich sogar eine Flak-Stellung zur Luftverteidigung. Mit Platz für rund 2.000 Menschen zählte der Bunker zu den größten Schutzbauten der Stadt. Auch andere Hochbunker in Münster erhielten individuelle Gestaltungen: So sollte der Bunker am Hermannstadtweg ursprünglich ein Satteldach mit Wandmalereien im Heimatschutzstil bekommen. Zwar wurde die Tarn-Fassade dort nicht vollendet, doch auch dieser Betonbau hebt sich äußerlich von einem rein militärischen Aussehen ab. Insgesamt zeigt die Tarnung der Münsteraner Bunker, wie die NS-Bauplanung versuchte, die Luftschutzbauten in das städtische Umfeld einzupassen und gegnerische Bomber zu täuschen. Beispiele erhalten gebliebener Hochbunker und ihre heutige Nutzung Trotz Kriegsende und späterem Stadtumbau sind einige der großen Hochbunker Münsters bis heute erhalten. Drei ehemalige Bunker stehen sogar unter Denkmalschutz. Zu diesen gehört der bereits erwähnte Lazarettstraßen-Bunker, der sich im Besitz der Stadt Münster befindet und wegen seiner historischen Bedeutung als Baudenkmal gilt. Ein weiterer denkmalgeschützter Bunker ist der sogenannte Schützenhofbunker an der Wörthstraße im Südviertel. Dieser langgestreckte Bunker (ca. 61 m lang, 14,5 m breit, knapp 10 m hoch) wurde 1941/42 erbaut. Bei einem Bombentreffer im November 1944 wurde seine Decke beschädigt; die Druckwelle tötete 68 Menschen, die im Inneren Schutz gesucht hatten. Eine Gedenktafel an der Außenwand erinnert heute an diese Opfer. Nach dem Krieg erhielt der Schützenhofbunker eine neue Nutzung: In den vergangenen Jahren wurde der massive Bau privat umgebaut und enthält jetzt rund 38 Mietwohnungen auf etwa 1.600 Quadratmetern Fläche. Von außen ist die wuchtige Betonstruktur noch deutlich erkennbar, doch moderne Fenster und ein aufgesetztes Dachgeschoss zeigen die Wohnnutzung an. Dieser Umbau demonstriert eindrucksvoll, wie ein ehemaliger Luftschutzbunker in Münster erfolgreich in Wohnraum umgewandelt wurde – ohne seine geschichtliche Substanz ganz zu verlieren. Die Öffentlichkeit hat allerdings normalerweise keinen Zutritt, da es sich um Privatbesitz handelt. Ebenfalls noch vorhanden ist der Hochbunker am Hermannstadtweg (Geistviertel). Dieses 1941/42 errichtete Bauwerk mit ca. 2 Meter dicken Wänden umfasste einst 106 Räume. Anders als viele andere Bunker wurde er nicht abgerissen, sondern bereits seit Anfang der 1950er zivil genutzt. Heute befindet sich der Bunker Hermannstadtweg im Eigentum der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) und beherbergt diverse Künstlerateliers, Proberäume und Werkstätten. Unter anderem hat der Künstler Andreas Rosenthal dort seit rund 40 Jahren sein Atelier eingerichtet. Äußerlich ist der unverputzte Betonbau noch als solcher erkennbar, da das geplante Satteldach nie komplett fertiggestellt wurde. Trotzdem fügt sich der ehemalige Bunker inzwischen unauffällig ins Viertel ein, da er von Gewerbe und Kreativnutzung belebt wird. Ein ungewöhnliches Nachkriegs-Schicksal hatte ein Hochbunker im Stadtteil St. Mauritz. Dieser Bunker wurde nach 1945 in ein Schulgebäude umgewandelt und lange Zeit umgangssprachlich als „Bunkerschule“ bezeichnet. Ab 1949 diente er zunächst provisorisch als Volksschule, woraus später die Margaretenschule hervorging. Das massive Gebäude wurde teils entfestigt (entmilitarisiert) und mit Fenstern versehen, sodass es schließlich das Aussehen einer „etwas wehrhaften Unterrichtsstätte“ bekam. Bis heute wird es als Schulhaus genutzt und steht – ebenso wie der Lazarett- und der Schützenhofbunker – unter Denkmalschutz. Dieses Beispiel zeigt, wie flexibel die Stadt Münster nach dem Krieg mit den Bauten umging: Aus einem Ort des Schutzes vor Bomben wurde ein Ort des Lernens für Kinder. Nicht alle Bunker haben indes überdauert. Einige der ehemals zehn Anlagen wurden im Laufe der Jahrzehnte abgerissen oder stehen leer. Ein Hochbunker an der Emsstraße (Ecke Elbestraße, im Mauritzviertel), bekannt als „Emsbunker“, blieb viele Jahre ungenutzt und diente zeitweise als Lagerraum. Kürzlich wurde er von einem Investor gekauft, komplett zurückgebaut und abgerissen, um Platz für Neubauwohnungen zu schaffen. An seiner Stelle entstehen bis 2027 moderne Wohngebäude. Dieses Schicksal zeigt, dass die Zukunft mancher Bunker auch der städtebaulichen Entwicklung weichen muss, wenn keine schützende Denkmaleinstufung vorliegt. Unterirdische Bunker und Luftschutzkeller Neben den auffälligen Hochbunkern gab es in Münster auch unterirdische Luftschutzanlagen. Die bedeutendste darunter befindet sich unter dem Hauptbahnhof Münster. In den Jahren 1941/42 ließ die Deutsche Reichsbahn direkt unter dem Bahnhof einen großen Tiefbunker bauen, der rund 2.000 Menschen Schutz bieten sollte. Diese Anlage bestand aus ausgedehnten unterirdischen Räumen und starken Stahlbetonwänden. Trotz heftiger Bombardements auf die Bahnanlagen – allein 102 Luftangriffe der Alliierten galten dem Münsteraner Bahnhof und Güterbahnhof – überstand der Bahnhofsbunker den Krieg. Er wurde im Frühjahr 1945 von alliierten Truppen erobert, ohne dass es dabei zu Personenschäden kam. Bemerkenswerterweise ist dieser Bunker unter dem Hauptbahnhof auch heute noch erhalten. Während des Kalten Krieges wurde er sogar weiter ausgebaut und modernisiert, um im Falle eines Atomkriegs als Hilfskrankenhaus und Zivilschutzraum zu dienen. Hinter meterdicken Stahltüren verbergen sich dort Schleusen und Schutzräume, die jedoch der Öffentlichkeit normalerweise nicht zugänglich sind. Der Tiefbunker schlummert im Verborgenen unter dem Bahnhofsvorplatz – ein kaum sichtbares Relikt des Zweiten Weltkriegs mitten in der Stadt. Neben diesem großen Bahnhofsbunker gab es in Münster weitere unterirdische Schutzorte. Viele Wohnhäuser waren mit Luftschutzkellern ausgestattet, in die sich Bewohner bei Alarm zurückzogen. Bis heute finden sich an einigen älteren Häuserfassaden noch eingemeißelte oder gemalte Luftschutzkeller-Pfeile, die den Weg zu diesen Kellern wiesen. Solche Pfeile – kleine Dreiecke oder Pfeilsymbole mit der Aufschrift "LS-Raum" oder ähnliches – sind verbliebene Spuren der Luftschutzmaßnahmen im Stadtbild. Auch die Tunnelanlagen der städtischen Befestigungen (etwa am Zwinger oder in ehemaligen Kasernen) wurden zeitweise als Bombenschutzräume genutzt, soweit es möglich war. Ein Beispiel für kleinere spezielle Bauten der Reichsbahn sind sogenannte Rundbunker: Am Rande des Güterbahnhofs in Münster standen mehrere runde Betonbunker, die dem Schutz von Bahnpersonal dienten. Einige Überreste solcher Rundbunker sind ebenfalls erhalten geblieben, gut getarnt im Bewuchs oder integriert in heutige Nutzungen. Vom Kriegsrelikt zum Denkmal: Heutiger Umgang und Gedenken Ein großer Teil der Bunker in Münster ist heute entweder einer neuen Nutzung zugeführt oder als Mahnmal erhalten. Drei ehemalige Luftschutzbunker – der Lazarettbunker, der Schützenhofbunker und die Bunkerschule St. Mauritz – stehen auf der städtischen Denkmalliste und werden als historische Bauwerke anerkannt. Dies bedeutet, dass ihr Erhalt im öffentlichen Interesse liegt. Die Stadt Münster bemüht sich, diese Relikte des Zweiten Weltkriegs in das kollektive Gedächtnis zu rücken. So wurden etwa im Rahmen des bundesweiten Tags des offenen Denkmals am 10. September 2023 erstmals seit langer Zeit Bunker der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. An diesem Tag konnten interessierte Bürger den Hochbunker an der Lazarettstraße und den Schützenhofbunker von innen besichtigen – ein Angebot, das regen Zuspruch fand. Solche Veranstaltungen sollen bewusst machen, welche bedrückende Zeitgeschichte in den massiven Mauern steckt. Auch durch Gedenktafeln wird an die Geschichte der Bunker erinnert. Der Schützenhofbunker trägt, wie erwähnt, eine Tafel für die 68 Opfer des Bombentreffers von 1944. Am Lazarettbunker wiederum informieren Hinweisschilder über die außergewöhnliche Architektur und die Tarnung als Burg. Initiativen von Heimatvereinen und Geschichtsinteressierten bieten außerdem gelegentlich Führungen zu den Bunkerstandorten an, um die Erinnerung wachzuhalten. In Publikationen und Online-Archiven werden Fotos und Zeitzeugenberichte zu den Münsteraner Bunkern gesammelt, damit dieses Kapitel der Stadtgeschichte nicht in Vergessenheit gerät. Schließlich stellt sich die Frage nach der Zukunft dieser Bauten. Einige, wie der Emsbunker, weichen der Stadtentwicklung und verschwinden zugunsten neuer Gebäude. Andere wie der Bunker Hermannstadtweg haben sich längst in den Alltag integriert und erfüllen eine neue Funktion. Wieder andere stehen zwar leer, sind aber als Mahnmale erhalten. So sind die Bunker in Münster heute vielgestaltig: Sie dienen als Wohnungen, Lager, Ateliers oder Schulgebäude, oder sie ruhen still und erinnern an die Schrecken des Krieges. Fazit: Die Bunker in Münster aus dem Zweiten Weltkrieg erzählen von Angst, Schutzsuche und Überlebenskampf während der Luftangriffe. Oberirdisch wie unterirdisch waren sie für Tausende Münsteraner lebensrettend. Heute sind sie stumme Zeugen der Geschichte – teils vergessen im Stadtbild, teils bewusst konserviert. Indem man diese Betonrelikte bewahrt und ihrem Schicksal gedenkt, hält Münster die Erinnerung an die dunklen Zeiten des Bombenkriegs lebendig und mahnt zugleich zum Frieden. Quellen: Stadtarchiv Münster, Zeitungsberichte und Denkmaldatenbanken über Münsteraner Bunker, sowie lokale Initiativen und historische Dokumentationen.

Teilen: Bunker in Münster aus dem Zweiten Weltkrieg sind bis heute sichtbare Zeugnisse des Luftkriegs. Während des Zweiten Weltkriegs wurden in Münster zahlreiche Luftschutz-Bunker – sowohl oberirdische Hochbunker als auch unterirdische Anlagen – errichtet, um der Zivilbevölkerung Schutz vor Bombenangriffen zu bieten. Diese massiv aus Beton gebauten Schutzräume prägten einst das Stadtbild und einige von […]

Regierungsbezirk Münster – Geografie, Geschichte, Wirtschaft und mehr

Das Schloss Münster ist das Herzstück der Stadt.

Teilen: Der Regierungsbezirk Münster ist einer der fünf Regierungsbezirke des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen und liegt im nördlichen Teil des Landes. Er erstreckt sich über eine Fläche von rund 6.918 Quadratkilometern und hat etwa 2,65 Millionen Einwohner (Stand 2023). Die Region umfasst das Münsterland sowie Teile des nördlichen Ruhrgebiets und vereint damit ländliche Gebiete mit städtischen Ballungsräumen. Verwaltungssitz und […]

Münster Hafen: Vom Industriehafen zum lebendigen Stadtquartier

Kennst du den Stadthafen I in Münster? Auch als Hafen Münster bekannt, handelt es sich dabei um einen Binnenhafen, der sich in der westfälischen Stadt Münster befindet. Die Eröffnung fand bereits im Jahr 1899 statt und der Hafen zweigt als Stichhafen vom Dortmund-Ems-Kanal ab. Ursprünglich wurde er als städtischer Eigenbetrieb geführt, doch seit 1953 sind die Stadtwerke Münster für den Betrieb zuständig. Am Hafen Münster wurde nun euch kostenloses Wlan eingeführt.

Teilen: Der Münster Hafen, auch bekannt als Stadthafen Münster (oft einfach „Hafen Münster“ genannt), hat in über einem Jahrhundert einen bemerkenswerten Wandel erlebt. Einst ein geschäftiger Industrie- und Handelshafen, präsentiert er sich heute als lebendiges Stadtquartier am Wasser. Wo früher Frachtschiffe Getreide und Kohle löschten, flanieren heute Besucher entlang des Kreativkais, genießen die Aussicht auf […]

Kiepenkerl: Vom Wanderhändler zum Wahrzeichen Münsters

Der Kiepenkerl in Münster.

Teilen: In Münster kennt jeder den Kiepenkerl – die bronzene Figur eines wandernden Händlers in der Altstadt ist beliebter Treffpunkt und Fotomotiv. Doch hinter dem Wahrzeichen steckt mehr als nur ein Denkmal: Die Geschichte des Kiepenkerls reicht tief in die Tradition Westfalens zurück. Einst zogen Kiepenkerle als Händler mit großem Rückenkorb durch Münster und das […]

Amelsbüren: Dorfcharakter und Wachstum im Süden Münsters

Amelsbüren – Münsters südlichster Stadtteil verbindet ländliche Idylle mit urbaner Nähe. Entdecke Geschichte, Natur, Infrastruktur, Vereine, Wohnen und Zukunftspläne.

Teilen: Amelsbüren ist ein Stadtteil von Münster in Westfalen und liegt etwa acht Kilometer südlich der Innenstadt. Trotz der Eingemeindung in die Großstadt hat sich Amelsbüren seinen dörflichen Charme bewahrt. Rund 7.000 Einwohner genießen hier einen Mix aus ländlicher Idylle und stadtnaher Lage. Gleichzeitig stehen neue Entwicklungen an – vom Neubaugebiet bis zur Verkehrsplanung –, […]

Roxel – Vom Dorfkern zum lebendigen Stadtteil Münsters

Maßnahme gegen Gehwegparken im Kreuzviertel: Münster verbessert Verkehrssicherheit. Ab 3. Februar gebührenpflichtige Verwarnungen für Gehwegparken.

Teilen: Roxel ist ein westlicher Stadtteil Münsters mit langer Geschichte und hoher Lebensqualität. Einst als eigenständiges Dorf gegründet, gehört Roxel seit 1975 zu Münster und hat sich seitdem stark entwickelt. Heute leben hier rund 9.400 Einwohner (Stand 2023) auf knapp 20 Quadratkilometern. Der Stadtteil Münster-Roxel verbindet dörflichen Charme mit städtischem Komfort. Wohnen in Roxel bedeutet, […]

Münster Domplatz – Geschichte, Marktleben und neue Perspektiven im Herzen der Altstadt Münster

Schwere Vorwürfe gegen einen verstorbenen Priester des Bistums Münster wurden bekannt. Grenzüberschreitendes Verhalten in seelsorglicher Begleitung wird untersucht. Wegen der Feiertagsverschiebung findet der Wochenmarkt in Münster bereits am Dienstag statt. Alle Termine und Änderungen im Überblick.

Teilen: Der Domplatz Münster zählt zu den zentralen Orten in Münsters Altstadt. Täglich überqueren Hunderte Menschen den weiten Platz vor dem St.-Paulus-Dom – oft, ohne zu ahnen, auf welch historischem Boden sie stehen. Dabei verbindet der Domplatz eindrucksvoll die reiche Geschichte Münsters mit dem pulsierenden Leben der Gegenwart. Hier trifft jahrhundertealte Tradition auf lebendige Stadtkultur: vom […]

Warum gibt es in Münster so viele Kirchen

Die heutige St. Lamberti-Kirche, die sich im Zentrum von Münster (Westfalen) erhebt, hat eine lange Geschichte. Ihre Errichtung dauerte von 1375 bis 1525. Der Baumberger Sandstein, der in den nahegelegenen Baumbergen vorkommt, diente als Baumaterial. Die Kirche, die nach dem Heiligen Lambert von Lüttich benannt ist, wurde ursprünglich als Markt- und Bürgerkirche konzipiert.

Teilen: In Münster läuten gefühlt an jeder Ecke Kirchenglocken. Die westfälische Stadt wird nicht umsonst als Stadt der Kirchen bezeichnet. Warum gibt es in Münster so viele Kirchen? Die Gründe liegen in ihrer über tausendjährigen Geschichte und ihrer besonderen Rolle als Bischofsstadt. Schon der Name der Stadt leitet sich von “monasterium” (lateinisch für Kloster) ab […]