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Schulden – Fluch oder Segen für Staat und Gesellschaft?

Staatliche Schulden entstehen, wenn Regierungen mehr Geld ausgeben, als sie durch Einnahmen wie Steuern und Gebühren einnehmen, und sich daher Kapital leihen müssen, um ihre Ausgaben zu finanzieren. Diese Schulden können langfristige wirtschaftliche Auswirkungen haben, da hohe Zinszahlungen und der Schuldendienst die Fähigkeit eines Landes zur Finanzierung wichtiger öffentlicher Programme beeinträchtigen können.
Foto: Unsplash, Christian Lue

In Deutschland herrscht eine ausgeprägte Schulden-Skepsis. Private Verschuldung gilt schnell als Zeichen mangelnder Disziplin und wird moralisch verurteilt. Noch kritischer sieht man Staatsschulden. Hier schwingt oft der Vorwurf der Verantwortungslosigkeit gegenüber künftigen Generationen mit.

Doch Schulden des Staats sind nicht per se etwas Schlechtes. Eine differenzierte Betrachtung offenbart: Staatliche Kredite können – klug eingesetzt – Wachstum und Wohlstand einer Gesellschaft maßgeblich fördern. Entscheidend sind Umfang und Verwendungszweck der Gelder.

Warum sollte der Staat überhaupt Schulden machen?

Es gibt gute volkswirtschaftliche Gründe, warum sich ein Staat verschuldet. Schulden ermöglichen es, wichtige und zukunftsweisende Investitionen schon heute zu tätigen, die sich oft erst langfristig auszahlen. Konkrete Beispiele hierfür sind der Breitbandausbau, umfangreiche Investitionen in Bildung und Forschung oder auch der soziale Wohnungsbau. Des Weiteren kann der Staat durch gezielte Schuldenaufnahme in wirtschaftlichen Schwächephasen die Nachfrage ankurbeln und so die Konjunktur stabilisieren. Darüber hinaus ist zu beachten, dass heutige Generationen von der Infrastruktur profitieren, die bereits frühere Generationen geschaffen haben. Über Schulden wird diese „Rechnung“ gewissermaßen beglichen. Außerdem ist nur der Staat in der Lage, risikofreie Anlagen bereitzustellen, was bedeutsam für die Altersvorsorge und die Stabilität der Finanzmärkte ist. All dies verdeutlicht, dass durchaus gute ökonomische Gründe für Staatsschulden sprechen. Entscheidend ist stets, dass die positiven Effekte die Kosten der Schulden langfristig überwiegen.

Warum hat Deutschland solche Schuldenängste?

Deutschlands ausgeprägte Skepsis gegenüber Staatsschulden ist historisch gewachsen. Nach den Weltkriegen war Deutschland extrem hoch verschuldet und teilweise zahlungsunfähig, so dass internationale Schuldenerlasse unabdingbar waren. Zudem prägen bis heute moralische Vorstellungen aus der Hausväterliteratur viele Deutsche. Demnach gelten private Schulden schnell als Zeichen mangelnder Disziplin. Da sich der moderne Steuerstaat über seine Bürger finanziert, werden Staatsschulden daher rasch als potenzielle Belastung gesehen. Diese Faktoren haben gemeinsam zu einem generellen Misstrauen gegenüber Staatsschulden in Deutschland geführt. Jedoch ist die Analogie zwischen Staat und privatem Haushalt höchst irreführend und verkürzt.

Wann sind Staatsschulden problematisch?

Selbstverständlich können auch Staatsschulden aus dem Ruder laufen und gravierende Probleme verursachen. Dies ist insbesondere der Fall bei einer überhöhten Neuverschuldung, wenn die Schuldenlast schlichtweg so groß wird, dass eine Tilgung kaum mehr realistisch erscheint. Ebenfalls kritisch ist es, wenn Kredite ausschließlich zur Finanzierung laufender Ausgaben genutzt werden, anstatt investiv eingesetzt zu werden. Darüber hinaus besteht bei einer Außenverschuldung im Gegensatz zu Binnenschulden die Gefahr, dass umfangreiche Zinszahlungen dauerhaft ins Ausland abfließen. Auch eine umfassende Verbriefung der Staatsschulden kann in Krisenzeiten Probleme bereiten, da dies Schuldenschnitte erschwert. Insgesamt zeigt sich, dass stets der konkrete Umgang mit den Schulden entscheidend ist. Es bedarf eines umsichtigen und verantwortungsvollen Schuldenmanagements.

Schlüssel für verantwortungsvolle Staatsverschuldung

Damit Staatsschulden überwiegend Vor- statt Nachteile bringen, sind zwei Aspekte unverzichtbar. Zum einen sollte sich der Staat idealerweise bei den eigenen Bürgern verschulden und keine Kredite im Ausland aufnehmen. Zum anderen muss die Schuldenlast stets in einem tragbaren Verhältnis zu den staatlichen Einnahmen und dem Steueraufkommen bleiben, um Überschuldung zu vermeiden. Erfüllt ein Land diese Kriterien, zeigt die Erfahrung, dass sogar eine Staatspleite kein volkswirtschaftliches Desaster bedeuten muss. Durch umsichtige Krisenbewältigung und geordnete Schuldenrestrukturierung kann ein Staat oft rasch wieder voll handlungsfähig werden.

Potenzial für Wohlstandsgewinne nutzen

Die weit verbreitete Angst vor Staatsschulden in Deutschland ist überdimensioniert. Es gibt gute und schlechte, produktive und unproduktive Schulden. Ein Staat, der die richtige Balance findet und Kredite weitsichtig für wichtige Zukunftsinvestitionen einsetzt, schafft die Grundlagen für nachhaltigen gesellschaftlichen Fortschritt und Wohlstand. Schulden apriori zu verteufeln ist daher zu kurzfristig gedacht. Ein moderner Staat kommt ohne maßvolle Verschuldung nicht aus. Diese birgt insgesamt mehr Chancen als Risiken, wenn sie verantwortungsbewusst gemanagt wird. Anstatt moralischer Vorwürfe bedarf es pragmatischer Lösungen, um dieses Potenzial für Wohlstandsgewinne klug zu nutzen. Davon könnte auch Deutschland enorm profitieren.