Altkleidercontainer in Münster geraten durch Müll und Marktkrise unter Druck

Müll, Kosten und EU-Vorgaben setzen Münsters Altkleidercontainer unter Druck. Betreiber warnen vor dem Aus.
Symbolbild Reise Reise, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

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Münster. Die Lage auf dem Altkleidermarkt hat sich dramatisch verschärft – und das spürt man inzwischen auch in Münster. Immer häufiger landen in den städtischen Altkleidercontainern keine tragbaren Textilien mehr, sondern Hausmüll. Die Folge: steigende Entsorgungskosten, sinkende Einnahmen und wachsende Unsicherheit unter den Betreibern.

Mehrere Textilverwerter haben sich daher mit einem Hilferuf an die Stadt Münster gewandt. Sie fordern, angesichts der schwierigen Marktlage auf die jährlichen Gebühren zu verzichten, die für jeden aufgestellten Container fällig werden. Diese sogenannte Sondernutzungsgebühr liegt bei rund 120 Euro pro Behälter und Jahr. Bei den etwa 170 aufgestellten Containern ergibt das geschätzte städtische Einnahmen von rund 20.000 Euro.

Die Firmen verweisen darauf, dass etwa ein Fünftel des Inhalts inzwischen aus illegal entsorgtem Müll besteht. Für dessen Entsorgung fallen nach Branchenangaben zwischen 150 und 250 Euro pro Tonne an – bei gleichzeitig sinkenden Erlösen aus der Wiederverwertung. Absatzmärkte in Osteuropa und im Nahen Osten sind durch Konflikte nahezu zusammengebrochen, während in Afrika Billigimporte aus Asien zunehmend die Nachfrage nach Gebrauchtkleidung verdrängen.

 

Markt in der Schieflage: Münster steht vor schwieriger Entscheidung

Der Vertrag zwischen der Stadt Münster und mehreren Sammelunternehmen wurde erst im Frühjahr 2025 geschlossen und läuft fünf Jahre. Karitative Träger gingen bei der Ausschreibung leer aus, obwohl sie über Jahrzehnte soziale Projekte aus den Erlösen finanziert hatten.

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Nun geraten aber auch die privaten Anbieter unter Druck. Nach Brancheninformationen mussten bereits kleinere Betriebe in NRW Insolvenz anmelden, weil die Kombination aus fallenden Preisen, höheren Transportkosten und zunehmender Vermüllung die Wirtschaftlichkeit zerstört.

In Münster gibt es rund 130 Standorte mit insgesamt knapp 170 Containern. Fachleute halten diese Zahl für zu gering: Nach branchenüblichen Richtwerten sollte mindestens ein Container pro 1.000 Einwohner vorhanden sein. Bei derzeit über 320.000 Einwohnern liegt Münster damit deutlich unter dem empfohlenen Wert.

Zudem sind die Betreiber verpflichtet, die Flächen um die Container regelmäßig zu reinigen – ein Aufwand, der mit der zunehmenden Vermüllung weiter steigt. Sollte die Stadt Münster die Forderung nach einem Gebührenerlass ablehnen, könnten einzelne Firmen ihre Standorte aufgeben. Damit droht eine Lücke in der textilen Kreislaufwirtschaft.

Neue EU-Vorgaben und „Fast Fashion“ verschärfen die Lage

Seit Januar 2025 gilt in der gesamten Europäischen Union die Pflicht zur Getrenntsammlung von Textilien. Ziel ist, die Wiederverwertung zu verbessern und den Export unsortierter Ware zu begrenzen. Eine im Oktober 2025 in Kraft getretene Überarbeitung der Abfallrahmenrichtlinie legt zudem fest, dass getrennt erfasste Textilien als Abfall gelten und zunächst in zertifizierten Anlagen sortiert werden müssen.

Für die Praxis bedeutet das zusätzliche Bürokratie und Kosten. Gleichzeitig dürfen Bürgerinnen und Bürger beschädigte Kleidung weiterhin im Restmüll entsorgen, solange keine speziellen Sammelcontainer für zerschlissene Textilien bereitstehen – auch in Münster ist das bislang der Fall. Diese Übergangsregel sorgt für Verwirrung und trägt dazu bei, dass viele Menschen unsicher sind, was wo hingehört.

Ein weiteres Problem liegt in der Materialqualität: Der Anteil synthetischer Fasern in moderner Kleidung wächst stetig, wodurch Recyclingprozesse erschwert werden. Die sogenannte „Fast Fashion“ führt dazu, dass immer mehr minderwertige Kleidungsstücke nach kurzer Zeit entsorgt werden. Laut Umweltbundesamt fallen in Deutschland jährlich über 1,5 Millionen Tonnen Textilien an, von denen etwa zwei Drittel getrennt erfasst werden.

Recycling im Umbruch: Auch Münster muss sich neu aufstellen

Die Stadt Münster steht damit exemplarisch für eine bundesweite Entwicklung: Während der Sammelbedarf steigt, brechen Erlöse und Exportmärkte weg. Die Stadtwerke-Tochter AWM weist in ihren Informationen darauf hin, dass nur saubere, gebündelte Kleidung in die Container gehört, während stark verschmutzte Textilien über den Restabfall entsorgt werden sollen.

Nach mehreren Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts NRW dürfen Kommunen gewerbliche Sammler nicht grundsätzlich ausschließen, sofern sie eine ordnungsgemäße Entsorgung gewährleisten. Münster musste seine Vergabepraxis 2019 entsprechend anpassen.

Branchenverbände wie der bvse warnen seit Monaten vor einem drohenden Zusammenbruch der Textilsammlung in Deutschland. Seit 2024 befinden sich die Preise für gebrauchte Textilien auf einem historischen Tiefstand. Um gegenzusteuern, investieren einige Unternehmen in neue Sortier- und Recyclinganlagen, um Materialien effizienter wiederzuverwerten.

Ob Münster auf die Forderungen der Containerbetreiber eingeht, ist derzeit offen. Klar ist jedoch: Ohne wirtschaftlich tragfähige Rahmenbedingungen droht der Stadt nicht nur ein Verlust an Sammelkapazität, sondern auch ein Rückschritt bei Recycling und Kreislaufwirtschaft.

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