
Münster. Der Caritasverband für die Diözese Münster arbeitet mit „Pillenlos statt willenlos“ daran, den Einsatz von Psychopharmaka in Altenpflegeeinrichtungen zu verringern. Nach Verbandsangaben wurde die Initiative bereits zuvor angestoßen und wird nun in weiteren Einrichtungen umgesetzt. Ziel ist es, die Selbstbestimmung der Bewohnerinnen und Bewohner zu stärken und zugleich die Versorgung sicherer und transparenter zu machen. Der Verband betont, dass es nicht um ein generelles Nein zu Medikamenten geht, sondern um eine sorgfältige Abwägung und um Alternativen, wenn diese fachlich sinnvoll sind.
Laut Caritas entstand „Pillenlos statt willenlos“ aus der Beobachtung, dass Psychopharmaka in Pflegeheimen teils zu häufig oder zu lange eingesetzt werden. Die Initiative wurde im vergangenen Jahr initiiert und Schritt für Schritt erprobt. Aktuell befindet sie sich in der Ausweitung: erste Häuser arbeiten bereits mit den neuen Abläufen, weitere Einrichtungen im Münsterland sollen folgen. Der Verband beschreibt das Vorgehen als lernenden Prozess. Erfahrungen aus den beteiligten Heimen werden ausgewertet und für die nächste Umsetzungsstufe aufbereitet. Damit reagiert die Caritas auch auf Debatten in der Pflegepraxis, die seit Jahren eine stärkere Orientierung an nichtmedikamentösen Maßnahmen fordern. Für die Region bedeutet das Projekt eine Qualitätsinitiative, die Pflegekräfte in ihrem Alltag unterstützt und Angehörigen mehr Transparenz gibt. Die Caritas hebt hervor, dass alle Maßnahmen eng mit Ärztinnen und Ärzten sowie Apotheken abgestimmt werden. So soll sichergestellt werden, dass medizinisch notwendige Therapien fortgeführt werden, während unnötige oder risikoreiche Verordnungen vermieden werden. Aus Sicht der Caritas ist das ein Baustein, um Pflege verlässlicher und menschlicher zu gestalten.
Kern des Projekts ist eine verbindliche Zusammenarbeit aller Berufsgruppen. Pflege, ärztliche Praxen, Apotheken und soziale Dienste stimmen sich regelmäßig in Fallbesprechungen ab. In den Einrichtungen werden Ansprechpersonen für die Medikamentensteuerung benannt, die Abläufe koordinieren und Schulungen begleiten. Geplant sind strukturierte Medikationsanalysen in Kooperation mit Apotheken, um Wirkstoffe, Dosierungen und Wechselwirkungen systematisch zu prüfen. Parallel werden Teams darin geschult, Auslöser von Unruhe oder herausforderndem Verhalten besser zu erkennen. Statt schneller Beruhigung durch Tabletten rücken Maßnahmen wie Aktivierung, Bewegung, eine passende Tagesstruktur, Milieugestaltung und eine konsequente Schmerzerfassung in den Vordergrund. Der Verband verweist darauf, dass viele Verhaltensauffälligkeiten auf Schmerzen, Desorientierung oder Unterforderung zurückgehen. Wenn Ursachen früh erkannt werden, sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass Beruhigungsmittel notwendig werden. Die Caritas berichtet aus ersten Praxiserfahrungen, dass klare Zuständigkeiten, feste Gesprächsroutinen und ein transparenter Umgang mit der Medikation das Sicherheitsgefühl im Team erhöhen. Angehörige erhalten nachvollziehbare Informationen, warum Medikamente gegeben, reduziert oder durch andere Maßnahmen ersetzt werden. Das schafft Vertrauen und entlastet die Pflegekräfte im Alltag.