
Münster. Immer häufiger melden Bürgerinnen und Bürger Drohnen am Himmel, die über Städte, Industrieanlagen und militärische Bereiche fliegen. Nach Angaben des nordrhein-westfälischen Innenministeriums sind allein in diesem Jahr 195 Drohnenflüge dokumentiert worden – ein erheblicher Teil davon über besonders sensibler Infrastruktur. Auch im Münsterland ist das Phänomen angekommen: Bis Anfang September registrierten die Behörden mehrere Sichtungen in den Kreisen Warendorf, Borken, Steinfurt, Coesfeld und in der Stadt Münster.
Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hat die Zahl der Drohnenmeldungen in Nordrhein-Westfalen stark zugenommen. Nach Angaben des Innenministeriums wurden in diesem Jahr 82 der bestätigten Drohnenflüge über sogenannten kritischen Anlagen festgestellt, also über Einrichtungen wie Flughäfen, Energieversorgern oder militärischen Liegenschaften.
Während der Flughafenverband ADV deutschlandweit eine wachsende Zahl an Störfällen dokumentiert, konzentriert sich die Aufmerksamkeit vieler Länder auf die Frage, wie Sicherheitsbehörden auf solche Zwischenfälle reagieren können. Auch am Flughafen Münster/Osnabrück (FMO) bereiten sich Polizei und Betreiber auf mögliche Störungen vor, bislang jedoch ohne konkrete Vorfälle. Nach eigenen Angaben bestehen klare Meldeketten zwischen Flughafen, Flugsicherung und Polizei.
Im Münsterland selbst wurden bis Anfang September sieben Sichtungen im Kreis Warendorf, drei im Kreis Borken, zwei im Kreis Steinfurt, eine im Kreis Coesfeld und zwei in Münster registriert. Das Innenministerium spricht von einer besorgniserregenden Entwicklung, betont aber, dass bislang nur wenige Fälle mit konkreten Sicherheitsrisiken verbunden waren.
Für Privatpersonen gelten beim Drohnenflug klare Regeln. Nach europäischer Verordnung dürfen Drohnen nur bis zu einer Höhe von 120 Metern und nicht über Menschenansammlungen oder Sperrgebieten fliegen. Flughäfen, Kasernen, Kraftwerke oder Behörden zählen zu sogenannten Geozonen, die aus Sicherheitsgründen tabu sind. Wer dort eine Drohne steuert, verstößt gegen das Luftverkehrsrecht.
Trotz dieser Vorschriften ist die Zuständigkeit im Ernstfall kompliziert. Während die Landespolizei für Verstöße im zivilen Bereich zuständig ist, darf die Bundeswehr nur in Ausnahmefällen – etwa zur Abwehr militärischer Bedrohungen – im Inland tätig werden. Der rechtliche Rahmen für Drohnenabwehrmaßnahmen, etwa den Einsatz von Störsendern oder speziellen Abfangsystemen, wird derzeit auf Bundesebene diskutiert.
Die Polizei in Nordrhein-Westfalen setzt bisher auf Beobachtung und Gefahrenbewertung. Ein gezielter Abschuss von Drohnen, etwa mit Schusswaffen, ist nicht vorgesehen. Laut Innenministerium wäre ein solches Vorgehen technisch schwierig und zu riskant, da Trümmerteile oder Nutzlasten zu Boden fallen könnten.
Wie sich Bund, Länder und Sicherheitsbehörden künftig bei der Drohnenabwehr abstimmen, soll die Innenministerkonferenz Anfang Dezember in Bremen klären. NRW-Innenminister Herbert Reul spricht von einem „Dickicht an Zuständigkeiten“, das dringend entwirrt werden müsse. Die Konferenz soll unter anderem festlegen, welche Aufgaben künftig bei der Polizei, der Bundespolizei und eventuell bei der Bundeswehr liegen sollen.
Auf Bundesebene fordern Politiker schärfere Befugnisse für Sicherheitskräfte. Nach mehreren Vorfällen an großen Flughäfen wie in München – wo der Flugverkehr zuletzt wegen Drohnen mehrfach unterbrochen werden musste – wird über technische Lösungen und neue Eingriffsbefugnisse debattiert. Fachleute warnen jedoch vor überhasteten Maßnahmen, da herabfallende Drohnen erhebliche Risiken für Menschen am Boden darstellen könnten.
Im Münsterland bleibt die Lage bislang ruhig, dennoch wächst die Aufmerksamkeit. Behörden und Flughäfen bereiten sich auf Szenarien vor, bei denen Drohnen gezielt zur Störung eingesetzt werden. Klar ist: Die unbemannte Luftfahrt wird zunehmend zu einer sicherheitspolitischen Herausforderung – auch abseits großer Städte und Flughäfen.