
Münster. Im Bistum Münster stehen die katholischen Kindertageseinrichtungen vor einer der größten Strukturreformen der vergangenen Jahrzehnte. Insgesamt 664 Kitas – nahezu alle im NRW-Teil des Bistums – sollen nicht mehr wie bisher von den einzelnen Pfarreien getragen werden.
Ab August 2027 sollen die Einrichtungen in drei gemeinnützige Gesellschaften übergehen. Für Münster ist eine eigene gGmbH vorgesehen, die zusätzlich die Kreise Steinfurt und Warendorf umfasst. Zwei weitere Gesellschaften decken Niederrhein sowie die Kreise Borken, Coesfeld und Recklinghausen ab. Ziel ist eine Bündelung der Verantwortung: weg von hunderten ehrenamtlich geführten Pfarreien, hin zu professionellen Trägerorganisationen mit gemeinsamer Strategie.
Der Reformprozess ist vor allem eine Reaktion auf massive Veränderungen in der Kita-Landschaft. Das Bistum spricht seit Jahren von einer strukturellen Unterfinanzierung im NRW-Kinderbildungsgesetz KibiZ. Hinzu kommen sinkende Kinderzahlen, steigende Kosten und immer komplexere rechtliche Vorgaben – von Qualitätsstandards über Inklusion bis zum Arbeitsschutz. Viele Kirchenvorstände können diese Aufgaben ehrenamtlich kaum mehr stemmen. Ein weiteres Kernproblem: Der Fachkräftemangel, der sich in Münster und vielen Städten des Münsterlands besonders spürbar zeigt.
Während die katholischen Einrichtungen strukturell neu geordnet werden, verschärft sich gleichzeitig die Platzsituation in NRW. Laut aktueller IW-Studie fehlen landesweit 85.000 Plätze für unter Dreijährige – bundesweit das größte Defizit. Münster gehört zu den Städten, die trotz rückläufiger Geburtenzahlen eine sehr hohe Nachfrage haben. Gründe sind unter anderem steigende Zuzüge und der Druck auf den Wohnungsmarkt, der Familien zunehmend ins Münsterland und in umliegende Gemeinden drängt. Für viele Eltern bedeutet das: Rechtsanspruch ja – tatsächlicher Platz oft nein.
Mit der neuen Struktur will das Bistum die katholischen Kitas langfristig stabilisieren. Die drei gGmbHs sollen einheitliche Standards, verlässliche Qualitätsprozesse und professionelle Personalentwicklung ermöglichen. Gleichzeitig bleibt die pastorale Verantwortung bei den Pfarreien: Die Einrichtungen sollen weiterhin als Teil des kirchlichen Lebens vor Ort wahrgenommen werden, das Modell der Kita-Verbünde bleibt bestehen.
Rechtlich werden die gGmbHs eigenständige kirchliche Gesellschaften. Das Bistum hält 51 Prozent der Anteile, die beteiligten Kirchengemeinden zusammen 49 Prozent. Mitarbeitende wechseln im Rahmen eines Betriebsübergangs in die neue Struktur, bestehende Rechte sollen vollständig erhalten bleiben. Jede Pfarrei muss der Beteiligung jedoch zustimmen – ohne ein positives Votum könnte sie langfristig finanzielle und organisatorische Unterstützung verlieren.
Die kommenden Jahre sind geprägt von internen Beratungen. Ab Mai 2026 sollen die Gremien in den Pfarreien abstimmen, Anfang 2027 ist die formale Gründung der gGmbHs geplant. Der eigentliche Übergang der Kitas soll im August 2027 erfolgen. Parallel dazu fanden 2025 bereits mehrere Informationsveranstaltungen statt, bei denen Verantwortliche aus Münster und dem Münsterland Fragen zu Haftung, Personal, pastoraler Einbindung und finanziellen Auswirkungen diskutierten.
Die Dimension des Projekts zeigt ein Blick auf die Zahlen: Rund 10.000 pädagogische Fachkräfte und weitere 800 Mitarbeitende in hauswirtschaftlichen Bereichen arbeiten in den katholischen Kitas des Bistums. Für das kommende Haushaltsjahr sind 39,5 Millionen Euro vorgesehen. Das Bistum übernimmt dabei den größten Teil des gesetzlich vorgeschriebenen Trägeranteils aus Kirchensteuermitteln – ein weiterer Grund für die Bündelung der Verantwortung in größeren Einheiten.