
Südlohn/Münster. Ein spektakulärer Drogenfund im westlichen Münsterland beschäftigt seit heute das Landgericht Münster in der Außenstelle Bocholt. In der Außenstelle Bocholt hat am Montag der Prozess gegen zwei Männer begonnen, denen die Herstellung riesiger Mengen Amphetamin vorgeworfen wird. Die beiden Angeklagten – ein 48-jähriger Niederländer aus Duisburg und ein 44-jähriger türkischer Staatsbürger – sollen in einer Lagerhalle in Südlohn ein professionelles Drogenlabor betrieben haben. Laut Ermittlern handelt es sich um einen der größten Funde von Amphetamin-Öl in Nordrhein-Westfalen. Beide Männer schweigen bislang zu den schweren Vorwürfen.
Am Nachmittag des 14. November 2024 alarmierten Zeugen die Feuerwehr: Aus einer Halle an der Ladestraße in Südlohn drang dichter Rauch. Vor Ort entdeckten die Einsatzkräfte nicht nur stark dampfende Substanzen, sondern auch eine Vielzahl von Chemikalien und Laborapparaturen. Die Polizei sperrte das Gelände sofort ab. Kurze Zeit später übernahm das zuständige Fachkommissariat in Münster die Ermittlungen.
Ein Sprecher der Polizei Münster betonte bereits damals die außergewöhnliche Gefahrenlage vor Ort. Denn die Mischung aus toxischen Stoffen, brennbaren Flüssigkeiten und improvisierter Technik hätte jederzeit explodieren können. Spezialkräfte bargen unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen große Mengen Amphetamin-Öl – im drei- bis vierstelligen Kilobereich – sowie zahlreiche Vor- und Abfallstoffe.
Die heiße Spur führte die Fahnder aus Münster schließlich in den Raum Duisburg. Am 21. Januar 2025 schlugen Ermittler zeitgleich an drei Orten zu. Dabei wurden die beiden Tatverdächtigen festgenommen und mehrere Objekte durchsucht. Ziel war es, mögliche Beweismittel und Hinweise auf weitere Bandenmitglieder zu sichern. Obwohl einer der Männer in Meerbusch verhaftet wurde, stand auch seine Verbindung zu Duisburg im Fokus der Ermittler.
Fachleute gehen davon aus, dass aus dem sichergestellten Amphetamin-Öl mehrere Millionen Tabletten „Speed“ hätten produziert werden können. Der Verkaufswert dürfte im deutlich siebenstelligen Bereich liegen. Die eingesetzte Technik deutet auf ein hochprofessionelles Vorgehen hin. Die Staatsanwaltschaft spricht deshalb von bandenmäßigem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Sollte es zu einer Verurteilung kommen, drohen den beiden Angeklagten jeweils bis zu 15 Jahre Freiheitsstrafe.
Der Prozess wird bis mindestens Ende August dauern und umfasst zunächst fünf Verhandlungstage. Die Richterinnen und Richter wollen unter anderem klären, wer das produzierte Amphetamin-Öl abnahm, welche Geldströme dabei geflossen sind und ob weitere Beteiligte zur Bande gehören. Bisher schweigen beide Männer konsequent – weder zu ihrer Rolle noch zu möglichen Hintermännern wurden Aussagen gemacht.
Auch das mögliche Vertriebsnetz ist noch ein Rätsel. Die Ermittler konnten bislang nicht ermitteln, wohin die Substanzen geliefert wurden oder über welche Wege sie in Umlauf kamen. Experten gehen jedoch davon aus, dass ein ausgeklügeltes Netzwerk hinter dem Fall steckt – möglicherweise mit internationalen Verbindungen.
Dass die Wahl auf Südlohn fiel, ist laut Polizei kein Zufall. Immer häufiger verlagern Täter sogenannte „Öl-Labs“ aus den Niederlanden nach Deutschland – insbesondere in ländliche Regionen wie das Münsterland. Hier sind Hallen leichter zu mieten, die Nachbarschaft ist weniger aufmerksam und die Kontrollen lockerer. Für die Entsorgung der chemischen Altlasten aus dem Labor könnten auf die Gemeinde Südlohn zudem Kosten in sechsstelliger Höhe zukommen. Ähnliche Fälle zeigen, wie teuer die Beseitigung von giftigem Sondermüll ist – insbesondere wenn Böden und Grundwasser betroffen sind.