Sterbehilfe: Medizinrechtler Thomas Gutmann kritisiert deutsche Gesetzeslage

Münster zeigt Spitzenstandard bei Pflegepersonal
Foto: Sabine van Erp

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Münster. Der Medizinrechtler und Rechtsphilosoph Prof. Dr. Thomas Gutmann von der Universität Münster übt deutliche Kritik an der aktuellen Gesetzeslage zur Sterbehilfe. In der neuen Folge des Podcasts Umdenken der Universität Münster erklärt er, dass die rechtlichen Regelungen zur sogenannten Suizidassistenz nach wie vor stark von christlichen Traditionen geprägt seien. „Der Kampf gegen die Sterbehilfe ist ein Ausläufer der christlichen Dominanz im deutschen Recht“, so Gutmann.

Stillstand bei der Gesetzgebung zur Sterbehilfe

Das Bundesverfassungsgericht hatte bereits im Jahr 2020 das Recht auf selbstbestimmtes Sterben bestätigt und den Bundestag aufgefordert, eine gesetzliche Regelung zur Suizidassistenz zu schaffen. Doch bis heute ist es nicht gelungen, eine Mehrheit im Parlament für einen neuen Gesetzesentwurf zu finden. 2023 scheiterten gleich zwei Vorschläge an der erforderlichen Zustimmung. Gutmann spricht deshalb von einem „Fluch auf dem Bundestag“ und fordert endlich ein rechtssicheres Verfahren.

Nach seiner Vorstellung sollte es Ärztinnen und Ärzten ermöglicht werden, in einem klar geregelten Rahmen mit den Betroffenen zu sprechen und deren Freiwilligkeit sorgfältig zu prüfen. Zugleich betont er, dass medizinisches Personal nicht zur Sterbehilfe verpflichtet werden dürfe.

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Fortschritte in der Palliativmedizin

Während Gutmann die gesetzliche Situation bei der Suizidassistenz scharf kritisiert, hebt er die positive Entwicklung der Palliativmedizin hervor. Diese habe sich in den vergangenen Jahren stark weiterentwickelt und ermögliche inzwischen eine deutlich bessere Linderung von Leiden bei Patientinnen und Patienten. „Wir bekommen mittlerweile das Leiden vieler Menschen in den Griff, und palliative Angebote stehen immer mehr zur Verfügung“, erklärt der Jurist.

Kritik am Abtreibungsrecht in Deutschland

Auch beim Thema Schwangerschaftsabbruch äußert Gutmann Kritik. Nach wie vor sei ein Abbruch nach §218 Strafgesetzbuch grundsätzlich rechtswidrig. Dies sei Ausdruck eines „Embryonen-Fetischismus“, der auf veralteten medizinischen und technischen Standards basiere. Zudem würden die Grundrechte der Frau nicht ausreichend berücksichtigt, da oft allein der „heilige Embryo“ im Vordergrund stehe.

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