
Münster. Vor dem Landgericht Münster hat der Prozess gegen einen 1999 geborenen Mann aus Nordhorn begonnen. Die Staatsanwaltschaft legt ihm zur Last, an einer Serie von Telefonbetrugsdelikten beteiligt gewesen zu sein, bei denen sich Täter am Telefon als Polizeibeamte ausgaben. Zwischen Ende Januar und Ende März 2022 sollen mehrere Opfer dazu gebracht worden sein, Bargeld, Schmuck und Bankkarten an vereinbarten Orten zu deponieren. Der Schaden beläuft sich auf rund 63.000 Euro aus mindestens acht Fällen.
Die Täter nutzten eine bundesweit verbreitete Methode: Sie täuschten Einbrüche in der Nachbarschaft vor und behaupteten, die Wertsachen der Angerufenen seien akut gefährdet. Unter diesem Druck legten die Opfer ihre Wertgegenstände an zuvor bestimmten Orten ab – darunter in Rheine und Bad Bentheim. Die Gegenstände wurden teils in Umschlägen, teils in Tüten oder anderen Behältnissen hinterlegt. Zu den erbeuteten Dingen gehörten Bargeld, EC-Karten sowie Schmuck, darunter auch persönliche Erinnerungsstücke.
Nach Einschätzung der Ermittler könnte der Angeklagte mehr gewesen sein als ein einfacher Helfer. Er soll dafür verantwortlich gewesen sein, dass Komplizen die Ablageorte gezielt ansteuern konnten. Damit könnte er eine verbindende Funktion in dem Netzwerk gehabt haben, das die Betrugsserie organisiert haben soll.
Der Mann macht bislang keine Angaben zu den Vorwürfen. Im Gerichtssaal äußerte er lediglich biografische Details: frühe strafrechtliche Auffälligkeiten, der Beginn einer Friseurausbildung sowie die Abschiebung in den Libanon im Jahr 2020. Dort habe er nach eigener Aussage unter schwierigen Bedingungen gelebt, bevor er 2024 über Jordanien nach Georgien reiste. Bei seiner Ankunft am 8. Oktober wurde er aufgrund eines internationalen Haftbefehls festgenommen und im Juli 2025 nach Deutschland ausgeliefert.
Die Serie flog auf, nachdem eine Bankmitarbeiterin misstrauisch geworden war. Eine Kundin wollte 26.000 Euro abheben – eine Summe, die häufig im Zusammenhang mit Telefonbetrug auftaucht. Kurz darauf stellte die Polizei zwei mutmaßlichen „Keilern“ eine Falle. Bei dem Einsatz am 29. März 2022 nahm ein SEK die beiden Männer fest, die inzwischen in einem separaten Verfahren angeklagt wurden.
Wie die Ermittlungen von diesen Komplizen zum nun vor Gericht stehenden Angeklagten führten, soll an den kommenden Verhandlungstagen Thema sein.
Die im Prozess verhandelte Methode gehört zu den am weitesten verbreiteten Betrugsformen in Deutschland. Tätergruppen arbeiten oft international zusammen, steuern Anrufe aus dem Ausland und setzen im Inland Abholer ein. In Nordrhein-Westfalen treten solche Fälle besonders häufig auf, was auch mit dem hohen Anteil älterer Menschen zusammenhängt.
Behörden warnen seit Jahren vor Schäden in erheblicher Höhe und arbeiten verstärkt mit internationalen Partnern zusammen. Auslieferungen aus Ländern wie Georgien sind bei solchen Netzwerken nicht ungewöhnlich.