Tönnies verzichtet: Münsteraner Unternehmen Westfleisch rückt bei Vion nach vorn

Westfleisch aus Münster will die deutschen Schlachthöfe des niederländischen Konkurrenten Vion übernehmen. Warum der Deal gute Chancen hat
Foto: Stahlkocher / Wikimedia Commons (CC BY‑SA 3.0) – beschnitten

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Münster. Die Auseinandersetzung um die Zukunft mehrerer süddeutscher Rinderschlachthöfe hat eine unerwartete Wendung genommen. Nach dem kartellrechtlich gescheiterten Übernahmeversuch durch die Premium Food Group, die zum Tönnies-Konzern gehört, öffnet sich nun eine neue Option. Westfleisch aus Münster könnte bei Vion einsteigen. Die drei Rindfleischstandorte in Buchloe, Crailsheim und Waldkraiburg sind für die Landwirtschaft in Bayern und Baden-Württemberg von zentraler Bedeutung. Viele Betriebe warten seit Monaten auf Klarheit, wie die Schlachtkapazitäten in der Region künftig gesichert werden sollen.

Hintergrund: Vion ordnet seine deutschen Standorte neu

Der niederländische Konzern Vion hat bereits vor einiger Zeit entschieden, sich von mehreren deutschen Betrieben zu trennen. Die süddeutschen Rinderschlachthöfe gelten als wichtige Bestandteile der regionalen Wertschöpfungskette. Besonders Waldkraiburg wird häufig als einer der größten Rinderschlachthöfe Europas beschrieben. Für die Landwirtschaft in Bayern und Baden-Württemberg stehen deshalb nicht nur wirtschaftliche Aspekte im Fokus, sondern auch Fragen rund um Tiertransporte, Versorgungssicherheit und die Zukunft der Rindermast in der Region.

Warum das Bundeskartellamt die Tönnies-Übernahme untersagte

Ursprünglich lag eine Übernahmevereinbarung zwischen Vion und der Premium Food Group vor. Das Bundeskartellamt stoppte diesen Schritt jedoch im Juni dieses Jahres. Die Wettbewerbsbehörde kam zu dem Schluss, dass die Marktkonzentration in mehreren Einzugsgebieten zu stark zunehmen würde. Tönnies verfügt bereits über ein ausgeprägtes Netz im Schweinebereich und betreibt eigene Rinderstandorte, unter anderem in Kempten. Wäre der Zusammenschluss erfolgt, hätten Landwirte in Teilen Süddeutschlands deutlich weniger Abnehmer zur Verfügung gehabt. Auch kleine und mittelständische Schlachtbetriebe wären weiter unter Druck geraten.

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Tönnies signalisiert Rückzug und fordert Zusage von Westfleisch

Trotz rechtlicher Möglichkeiten, den Fall über ein Gericht oder eine Ministererlaubnis weiterzuverfolgen, kündigt Clemens Tönnies nun eine grundsätzliche Kehrtwende an. Bei einer Veranstaltung des Bayerischen Bauernverbands in Herrsching erklärte er, man sei bereit, den bestehenden Vertrag mit Vion unverzüglich aufzuheben. Die Bedingung lautet, dass Westfleisch verbindlich zusagt, die drei Standorte zu übernehmen. Vor Ort zeigte sich Westfleisch-Vorstand Wilhelm Uffelmann offen, betonte jedoch, dass man die wirtschaftlichen Details der Vion-Betriebe erst vollständig prüfen müsse.

Westfleisch könnte zur zentralen Kraft im Süden werden

Westfleisch hatte bereits im Sommer Interesse an den Vion-Standorten geäußert. Als genossenschaftlich organisierter Konzern sieht sich das Unternehmen traditionell eng an die Bedürfnisse der landwirtschaftlichen Betriebe gebunden. Branchenexperten verweisen darauf, dass Westfleisch kartellrechtlich bessere Startbedingungen als Tönnies hätte. Ein Einstieg des Münsteraner Unternehmens würde die Rindfleischverarbeitung in Süddeutschland neu ordnen und könnte langfristig zu einer stabileren Struktur führen. Ob am Ende eine vollständige Übernahme möglich ist, hängt von weiteren Prüfungen und Verhandlungen mit Vion ab.

Vion prüft Optionen und hält Suche nach Lösungen offen

Vion erklärte, man werde alle ernsthaften und tragfähigen Vorschläge sorgfältig prüfen. Der Konzern sucht seit Monaten nach einer Lösung, die eine verlässliche Fortführung der süddeutschen Standorte gewährleistet. Zum Paket gehören nicht nur die Schlachthöfe, sondern auch Zerlege- und Häuteverarbeitungsbetriebe. Währenddessen konzentriert sich die Premium Food Group auf die Stärkung ihres Standorts in Kempten, um weiterhin im süddeutschen Raum präsent zu bleiben. Die endgültige Entscheidung darüber, wie es mit den drei Rinderschlachthöfen weitergeht, steht jedoch noch aus.

Bedeutung für die Landwirtschaft in Süddeutschland

Für viele landwirtschaftliche Betriebe in Bayern und Baden-Württemberg ist die Zukunft der drei Vion-Standorte von erheblicher Bedeutung. Die Branche befindet sich insgesamt in einem tiefgreifenden Wandel. Sinkende Schlachtzahlen, wirtschaftlicher Druck und gesellschaftliche Erwartungen an Tierwohl und regionale Verarbeitung spielen eine immer größere Rolle. Eine schnelle Klärung könnte den Betrieben Planungssicherheit geben. Der Vorstoß von Tönnies und das Signal von Westfleisch lassen darauf hoffen, dass die monatelange Unsicherheit bald ein Ende findet.

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