Vorwürfe gegen jungen Mann aus Münster: Prozess um Misshandlungen im Jugendgefängnis Herford

Das OVG in Münster hat den Eilantrag von AfD und Junge Alternative verworfen. Grund ist die Auflösung der Jugendorganisation. Carsten Günther wird Präsident des OVG Münster – nach drei Jahren Vakanz und juristischem Streit gibt es nun eine Entscheidung. Ein Pfarrer in Ahaus wurde wegen Kinderpornografie verurteilt und dauerhaft aus dem Dienst entlassen. Die Kirche zieht Konsequenzen. Vor dem Landgericht Münster läuft ein Prozess wegen Zwangsprostitution. Angeklagt sind zwei Brüder, ihre Eltern und eine Komplizin.
Foto: Daniel Bone

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Bielefeld. Vor dem Landgericht Bielefeld steht ein junger Mann aus Münster gemeinsam mit einem Mitangeklagten aus Lage (Kreis Lippe) wegen schwerer Übergriffe in der Jugendhaftanstalt Herford. Die Vorfälle sollen sich im Dezember 2023 ereignet haben und betreffen mehrere Angriffe auf einen damals 23-jährigen Mithäftling. Beide Angeklagte verbüßen bereits Jugendstrafen. Die Jugendkammer klärt nun, welche zusätzlichen Strafen angemessen sind und wie die Abläufe im Detail zu bewerten sind. Für Münster ist der Fall besonders relevant, da einer der Beschuldigten aus der Stadt stammt.

Erste Misshandlungen während des Umschlusses

Nach den vorliegenden Informationen sollen die Übergriffe am 3. Dezember 2023 begonnen haben. Während des Umschlusses befanden sich der Münsteraner Angeklagte, sein Mitangeklagter aus Lage und der spätere Geschädigte gemeinsam in einer Zelle der Jugendanstalt. Beim Kartenspiel sollen die beiden Beschuldigten gezinkte Karten verwendet haben. Je nach gezogener Karte habe der 23-Jährige Schläge erhalten. Diese sollen entweder mit der flachen Hand oder mit einer Brotdose ausgeführt worden sein. Die Misshandlungen sollen rund eine Stunde gedauert haben. Der Geschädigte saß zu diesem Zeitpunkt wegen eines Raubüberfalls in Untersuchungshaft. In der Zelle soll bereits zuvor ein deutliches Machtgefälle zugunsten der beiden Angeklagten bestanden haben.

Zweiter Übergriff und zunehmende Einschüchterung

Am 6. Dezember soll es laut Ermittlungsstand zu weiteren Angriffen gekommen sein. Bereits beim Freigang soll der 23-Jährige bedroht worden sein, bevor er erneut in die Zelle des älteren Angeklagten geführt wurde. Dort soll es wieder zu Schlägen gekommen sein. Begleitende Bemerkungen sollen verdeutlicht haben, dass sich der Mithäftling in einer ausgeprägten Abhängigkeitssituation befand. Der Münsteraner Beschuldigte soll auch an diesem Tag aktiv an den Übergriffen beteiligt gewesen sein. Einer der Angeklagten verbüßt derzeit eine sechsjährige Jugendstrafe in der JVA Heinsberg. Für den 23-Jährigen wurde spätestens nach diesem Vorfall klar, dass er mit weiteren Angriffen rechnen musste.

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Eskalation am 9. Dezember

Der schwerste Vorfall soll sich am 9. Dezember ereignet haben. Die beiden Angeklagten sollen die Zelle des 23-Jährigen betreten und ihn erneut geschlagen und getreten haben. Die Angriffe sollen sich gezielt gegen Bauch und Rippen gerichtet haben. Dazu sollen Drohungen ausgesprochen worden sein, die sowohl den Mann selbst als auch seine Angehörigen und sein häusliches Umfeld betroffen hätten. Laut den Akten soll der Mann außerdem gezwungen worden sein, Tabak und andere Gegenstände für die beiden Beschuldigten auf seine Einkaufsliste zu setzen. Als er über den Lichtruf Hilfe holen wollte, soll er erneut ins Gesicht geschlagen worden sein.

Im weiteren Verlauf soll der 23-Jährige an sein Bett gefesselt und teilweise entkleidet worden sein. Es wird von Schlägen mit einem Gürtel und von Drohgebärden mit einer Gabel berichtet. Außerdem sollen die beiden Angeklagten versucht haben, eine Shampoo-Flasche anal einzuführen. Dieser Versuch soll nur daran gescheitert sein, dass sich der Mann im entscheidenden Moment fallen ließ. Die Übergriffe endeten erst, als die Umschlusszeit ablief. Zwei Tage später wandte sich der Gefangene an eine Betreuerin und machte die Vorfälle öffentlich.

Hintergrund: JVA Herford und Jugendstrafvollzug in NRW

Die Jugendhaftanstalt Herford ist eine von vier geschlossenen Jugendstrafanstalten in Nordrhein-Westfalen. Mit rund 350 Haftplätzen nimmt sie Jugendliche und Heranwachsende aus mehreren Landgerichtsbezirken auf, darunter Bielefeld, Detmold und Münster. Untergebracht werden dort sowohl Untersuchungsgefangene als auch junge Menschen, die eine Jugendstrafe verbüßen. Der Jugendstrafvollzug verfolgt einen erzieherischen Auftrag: Schul- und Berufsabschlüsse sowie sozialpädagogische Betreuung sollen helfen, einen straffreien Lebensweg zu ermöglichen. Gewaltvorfälle zwischen Insassen stehen daher immer wieder im Fokus der Öffentlichkeit, da sie die Frage nach ausreichenden Schutzmechanismen aufwerfen.

Psychische Folgen und Schutz gefährdeter Häftlinge

Studien zum Strafvollzug zeigen, dass Übergriffe unter Gefangenen oft langfristige psychische Belastungen nach sich ziehen. Betroffene berichten häufig von anhaltender Angst, Schlafstörungen und depressiven Symptomen. Im vorliegenden Fall wird der 23-Jährige nach Angaben seiner Anwältin in der JVA Hameln psychiatrisch betreut. Der Prozess vor der Jugendkammer soll klären, welche Folgen die Übergriffe konkret hatten und wie sie strafrechtlich einzuordnen sind. Gleichzeitig spielt eine Rolle, inwieweit die Haftanstalt die Sicherheit des Mannes gewährleisten konnte.

Prozessverlauf vor der Jugendkammer

Die beiden Angeklagten haben die Vorwürfe im Wesentlichen eingeräumt. Zunächst sollte der 23-Jährige aufgrund der Geständnisse nicht erneut vor Gericht aussagen. Das änderte sich, nachdem die Jugendkammer eine mögliche zusätzliche Haftstrafe von mehreren Monaten in Aussicht gestellt hatte. Im Gericht wurde darüber diskutiert, welche Wirkung eine weitere Jugendstrafe bei bereits bestehenden Haftzeiten überhaupt noch entfalten kann. Die Nebenklage sieht in den Taten ein erhebliches Gewicht und weist darauf hin, dass der Mann bis heute stark belastet sei. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit sagte der 23-Jährige schließlich vor der Jugendkammer aus.

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