
Münster. Armut, fehlende Bildungschancen und ungleiche Startbedingungen betreffen auch Münster – eine Stadt, die oft als wohlhabend und lebenswert gilt. Doch fast 15 Prozent der Kinder und Jugendlichen leben hier im SGB-II-Bezug. Gleichzeitig wächst die Sorge, dass Menschen in bestimmten Stadtteilen abgehängt werden, weil ihnen Zugänge zu Bildung, Kultur und Unterstützung fehlen. Vor der Stichwahl am 28. September rückt damit eine Frage in den Mittelpunkt: Wie wollen die beiden Kandidaten Tilman Fuchs (Grüne) und Dr. Georg Lunemann (CDU) soziale Ungleichheit in Münster bekämpfen – und welche Strategien verfolgen sie für mehr Chancengerechtigkeit?
Tilman Fuchs betont, dass soziale Ungleichheit nicht allein eine Frage von Einkommen sei, sondern auch von Zugang und Teilhabe. „Unabhängig von finanzieller Situation und Bildung, Migrationsbiografie, Alter, sexueller Identität oder gesundheitlichen Einschränkungen müssen alle Zugänge zu sozialen, kulturellen und politischen Angeboten haben“, sagt er. Seine Politik setze daher auf Barrierenabbau und Teilhabe, um Isolation und Vereinsamung zu verhindern.
Ein zentrales Element sieht er in der sozialen Infrastruktur der Stadt. „Die Trägervielfalt in Münster ist ein zentraler Baustein, den wir erhalten und ausbauen werden.“ Besonders kleine Träger sollen stärker unterstützt werden, um eine stabile, vielfältige Landschaft zu sichern. Zudem setzt Fuchs auf mehr Vernetzung: Träger und Initiativen sollen themenbezogen enger zusammenarbeiten, damit Hilfe dort ankommt, wo sie gebraucht wird. Wichtig sei dabei auch der Quartiersansatz. In den Stadtteilen will er soziale Treffpunkte stärken und mit gezielten Maßnahmen, etwa mehr Schulsozialarbeit in belasteten Quartieren, Kinder und Familien besser unterstützen.
Für Familien kündigt er eine Reform an: „In Münster soll niemand aus Scham, Unwissenheit oder aufgrund bürokratischer oder sprachlicher Barrieren auf dringend benötigte Hilfe verzichten müssen.“ Mit einer kommunalen Familienfördergarantie sollen Leistungen automatisch und unbürokratisch zugutekommen – ohne komplizierte Antragsverfahren oder langes Suchen. Damit will er sicherstellen, dass Unterstützung alle erreicht, die sie brauchen.
Dr. Georg Lunemann betrachtet soziale Ungleichheit vor allem durch die Brille der Kinder- und Jugendarmut. „Fast 15 Prozent der unter 18-Jährigen in Münster leben im SGB-II-Bezug. Das sind keine abstrakten Zahlen, das sind Kinder, die schon bei der Einschulung schlechtere Startbedingungen haben als ihre Mitschüler“, erklärt er. Seine Strategie basiert daher auf Prävention. „Frühzeitige und gezielte Förderung ist der Schlüssel.“
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Dazu zählt für ihn die gesundheitliche Entwicklung schon im Kleinkindalter. „Bewegung, gesunde Ernährung und auch mentale Gesundheit müssen eine stärkere Rolle spielen, am besten in Kita, Schule und im sozialen Umfeld.“ Eltern will er mit niedrigschwelligen Angeboten unterstützen, damit sie die Gesundheit ihrer Kinder im Alltag besser fördern können.
Ein weiterer Schwerpunkt liegt für Lunemann in der frühkindlichen Bildung. „Kinder aus benachteiligten Familien müssen früh in die Kita kommen, dafür brauchen wir gute Konzepte für einen früheren Kitaeinstieg“, sagt er. Verlässliche Strukturen seien entscheidend, damit alle Kinder regelmäßig betreut werden – unabhängig von Wohnort oder Einkommen.
Darüber hinaus setzt er auf eine „starke Präventionskette“: Jugendhilfe, Gesundheitswesen, Schulen und soziale Einrichtungen sollen enger verzahnt arbeiten. „Ein ‚Haus des Kinderschutzes‘ kann ein Baustein sein, genauso wie die Weiterentwicklung von Familienzentren.“ Sein Ziel fasst er klar zusammen: „Alle Kinder in Münster sollen faire Chancen haben, egal, wo sie herkommen.“
Beide Ansätze haben unterschiedliche Schwerpunkte – der eine stärker bei Infrastruktur und Teilhabe, der andere bei Prävention und Kinderschutz. Doch das Ziel ist ähnlich: die soziale Ungleichheit in Münster zu verringern und allen Menschen die Möglichkeit zu geben, ihr Leben selbstbestimmt zu gestalten. Die Wählerinnen und Wähler entscheiden am 28. September, welcher Weg für Münster in den kommenden Jahren eingeschlagen wird.