
Münster. Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum in Nordrhein-Westfalen hat längst nicht mehr nur einkommensschwache Haushalte erreicht. Auch Beschäftigte im sozialen Bereich – etwa Erzieherinnen, Pflegekräfte oder Heilerziehungspfleger – geraten zunehmend in Wohnungsnot. Die Caritas in NRW warnt, dass der Wohnraummangel mittlerweile die soziale Infrastruktur und den gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährdet.
Laut einer gemeinsamen Erklärung der fünf Diözesan-Caritasverbände Aachen, Essen, Köln, Münster und Paderborn betrifft der Wohnraummangel inzwischen auch Menschen mit mittlerem Einkommen. Selbst Fachkräfte mit einem Bruttojahresgehalt zwischen 40.000 und 48.000 Euro haben oft Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein – finden aber keine Wohnung.
Caritas-Sprecher Dominique Hopfenzitz, Diözesan-Caritasdirektor im Bistum Münster, warnt: „Wenn Erzieherinnen und Pflegekräfte keine Wohnung mehr finden, bricht das soziale Netz in unseren Städten nach und nach weg.“ Viele Beschäftigte müssten mittlerweile weite Pendelstrecken in Kauf nehmen oder die Region ganz verlassen.
Die Caritas dokumentiert mehrere Fälle, die das Problem verdeutlichen:
– Eine Erzieherin in Köln verdient rund 42.000 Euro brutto im Jahr, erhält einen WBS, findet aber keine Wohnung.
– Eine alleinerziehende Pflegekraft in Münster mit 45.000 Euro Jahreseinkommen ist in der gleichen Lage.
– Eine Dortmunder Familie mit zwei Kindern und unter 43.000 Euro Nettoeinkommen hat trotz WBS keine Chance auf dem Markt.
Die Zahlen sprechen für sich: Laut Caritas NRW gibt es derzeit rund 122.000 wohnungslose und 10.000 obdachlose Menschen in NRW. Gleichzeitig verliert der Bestand an Sozialwohnungen an Boden – rund 40 Prozent aller geförderten Mietwohnungen fallen bis 2030 aus der Preisbindung.
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Die Mietpreise steigen weiter: In Köln liegt der Durchschnitt bei 14,15 Euro pro Quadratmeter, in Münster bei 13,81 Euro (Stand 2025). In den vergangenen zehn Jahren sind die Mieten landesweit um etwa 50 Prozent gestiegen. Neubauten können die Lücke bislang nicht schließen, da Verfahren langwierig und Grundstücke teuer sind.
Um den Wohnraummangel in NRW zu bekämpfen, fordert die Caritas ein ganzes Bündel an Maßnahmen:
Mehr sozial geförderte Mietwohnungen und vergünstigtes Eigentum im Ersterwerb
Schnellere Genehmigungsverfahren durch den „Bau-Turbo“ der Bundesregierung
Bezahlbarer Klimaschutz, der den Wohnungsbau nicht verteuert
Faire Grundstückspreise für Familien
Stärkung gemeinwohlorientierter Wohnungsbaugesellschaften
Die Caritas warnt davor, dass fehlender Wohnraum nicht nur wirtschaftliche, sondern auch gesellschaftliche Folgen hat. Wenn Menschen mit wichtigen sozialen Berufen aus Städten wie Münster, Köln oder Dortmund verdrängt werden, drohen Kitas, Pflegeheime und Behinderteneinrichtungen in Personalnot zu geraten.